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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr.

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Die kehren des kulturpolitischen Kampfes gegen Deutschland

läßt, erwarten, daß sie auf dem Posten ist. Mein Dezemberaufsatz in den
"Grenzboten" hat am 1. Mürz d. I. in der "Kölnischen Volkszeitung" (Ur. 167
"Bundesgenossenschaft mit der Kirche in Belgien") eine sehr freundliche Würdigung
gefunden, und am 18. Februar hat die Berliner "Germania" einen früheren
Artikel von mir, der ähnliche Gedanken verfocht, nicht minder beifällig be¬
sprochen. Aus dieser Zustimmung der führenden Zentrumspresse darf ich wohl
mit Recht schließen, daß die deutschen Katholiken bereit wären, im Sinne
meiner Gedanken zur inneren politischen Aussöhnung Flanderns mit Deutsch¬
land das ihre zu tun. Das deutsche Zentrum, nicht minder aber alle anderen
national bewußten politischen Parteien, haben die Pflicht, dafür zu sorgen, daß
Flandern nicht nur militärisch in unserer Gewalt bleibt, sondern daß auch dem
deutschen Gedanken eine breite Gasse in die Gesinnungen des stammverwandten
Flamenvolkes eröffnet wird!




Die Lehren des kulturpolitischen Aampfes gegen
Deutschland
Regierungsrat Gelo Goldschmidt, von

er Weltkrieg hat uns wie unseren Feinden die überraschende
Stärke des Staatsgedankens geoffenbart. Niemand ahnte, weder
bei uns noch bei jenen, wie tief das Staatsbewußtsein die Völker
durchdrungen hat, bis zu welchem Grade deren organische Ver¬
bindung zum Staate bereits vorgeschritten war. Künftige Ge¬
schichtsschreiber werden in der Kraft des Staatswillens, der alle Einzelwillen
der Nation im Dienste der gemeinsamen Sache zu einen wußte, "das Wunder"
des Weltkrieges erkennen. Sie werden aber nicht vorübergehen können an der
anderen überraschenden, negativen Erscheinung, daß die sieghafte Kraft des
Staatsgedankens mit einen, scharfen Hieb alle ihm hinderlichen Fäden, Ketten
und Netze zerriß, die sich bis dahin von Volk zu Volk, von Land zu Land
spannten. Ein Riß ging durch die "Kulturgemeinschaft" der zivilisierten Völker.
Wo man sie am meisten betont hatte, in England, erhob sich beim ersten
Schuß ein mißtöniges Geschrei, das nur noch auf den unüberbrückbaren,
zwischen unserer und der Kultur unserer Feinde, zwischen unseren und ihren
Auffassungen von "Freiheit, Recht und Sitte" gähnenden Abgrund schaudernd


Die kehren des kulturpolitischen Kampfes gegen Deutschland

läßt, erwarten, daß sie auf dem Posten ist. Mein Dezemberaufsatz in den
„Grenzboten" hat am 1. Mürz d. I. in der „Kölnischen Volkszeitung" (Ur. 167
„Bundesgenossenschaft mit der Kirche in Belgien") eine sehr freundliche Würdigung
gefunden, und am 18. Februar hat die Berliner „Germania" einen früheren
Artikel von mir, der ähnliche Gedanken verfocht, nicht minder beifällig be¬
sprochen. Aus dieser Zustimmung der führenden Zentrumspresse darf ich wohl
mit Recht schließen, daß die deutschen Katholiken bereit wären, im Sinne
meiner Gedanken zur inneren politischen Aussöhnung Flanderns mit Deutsch¬
land das ihre zu tun. Das deutsche Zentrum, nicht minder aber alle anderen
national bewußten politischen Parteien, haben die Pflicht, dafür zu sorgen, daß
Flandern nicht nur militärisch in unserer Gewalt bleibt, sondern daß auch dem
deutschen Gedanken eine breite Gasse in die Gesinnungen des stammverwandten
Flamenvolkes eröffnet wird!




Die Lehren des kulturpolitischen Aampfes gegen
Deutschland
Regierungsrat Gelo Goldschmidt, von

er Weltkrieg hat uns wie unseren Feinden die überraschende
Stärke des Staatsgedankens geoffenbart. Niemand ahnte, weder
bei uns noch bei jenen, wie tief das Staatsbewußtsein die Völker
durchdrungen hat, bis zu welchem Grade deren organische Ver¬
bindung zum Staate bereits vorgeschritten war. Künftige Ge¬
schichtsschreiber werden in der Kraft des Staatswillens, der alle Einzelwillen
der Nation im Dienste der gemeinsamen Sache zu einen wußte, „das Wunder"
des Weltkrieges erkennen. Sie werden aber nicht vorübergehen können an der
anderen überraschenden, negativen Erscheinung, daß die sieghafte Kraft des
Staatsgedankens mit einen, scharfen Hieb alle ihm hinderlichen Fäden, Ketten
und Netze zerriß, die sich bis dahin von Volk zu Volk, von Land zu Land
spannten. Ein Riß ging durch die „Kulturgemeinschaft" der zivilisierten Völker.
Wo man sie am meisten betont hatte, in England, erhob sich beim ersten
Schuß ein mißtöniges Geschrei, das nur noch auf den unüberbrückbaren,
zwischen unserer und der Kultur unserer Feinde, zwischen unseren und ihren
Auffassungen von „Freiheit, Recht und Sitte" gähnenden Abgrund schaudernd


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[0052] Die kehren des kulturpolitischen Kampfes gegen Deutschland läßt, erwarten, daß sie auf dem Posten ist. Mein Dezemberaufsatz in den „Grenzboten" hat am 1. Mürz d. I. in der „Kölnischen Volkszeitung" (Ur. 167 „Bundesgenossenschaft mit der Kirche in Belgien") eine sehr freundliche Würdigung gefunden, und am 18. Februar hat die Berliner „Germania" einen früheren Artikel von mir, der ähnliche Gedanken verfocht, nicht minder beifällig be¬ sprochen. Aus dieser Zustimmung der führenden Zentrumspresse darf ich wohl mit Recht schließen, daß die deutschen Katholiken bereit wären, im Sinne meiner Gedanken zur inneren politischen Aussöhnung Flanderns mit Deutsch¬ land das ihre zu tun. Das deutsche Zentrum, nicht minder aber alle anderen national bewußten politischen Parteien, haben die Pflicht, dafür zu sorgen, daß Flandern nicht nur militärisch in unserer Gewalt bleibt, sondern daß auch dem deutschen Gedanken eine breite Gasse in die Gesinnungen des stammverwandten Flamenvolkes eröffnet wird! Die Lehren des kulturpolitischen Aampfes gegen Deutschland Regierungsrat Gelo Goldschmidt, von er Weltkrieg hat uns wie unseren Feinden die überraschende Stärke des Staatsgedankens geoffenbart. Niemand ahnte, weder bei uns noch bei jenen, wie tief das Staatsbewußtsein die Völker durchdrungen hat, bis zu welchem Grade deren organische Ver¬ bindung zum Staate bereits vorgeschritten war. Künftige Ge¬ schichtsschreiber werden in der Kraft des Staatswillens, der alle Einzelwillen der Nation im Dienste der gemeinsamen Sache zu einen wußte, „das Wunder" des Weltkrieges erkennen. Sie werden aber nicht vorübergehen können an der anderen überraschenden, negativen Erscheinung, daß die sieghafte Kraft des Staatsgedankens mit einen, scharfen Hieb alle ihm hinderlichen Fäden, Ketten und Netze zerriß, die sich bis dahin von Volk zu Volk, von Land zu Land spannten. Ein Riß ging durch die „Kulturgemeinschaft" der zivilisierten Völker. Wo man sie am meisten betont hatte, in England, erhob sich beim ersten Schuß ein mißtöniges Geschrei, das nur noch auf den unüberbrückbaren, zwischen unserer und der Kultur unserer Feinde, zwischen unseren und ihren Auffassungen von „Freiheit, Recht und Sitte" gähnenden Abgrund schaudernd

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331841/52>, abgerufen am 08.05.2024.