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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr.

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Wem so die Hemmungen und Täuschungen eines bloß "atomistischen
Sehens der geistigen Welt" gewichen sind, dem öffnet sich auf dieser Stufe der
Blick in ein weiteres Land. Scheler deutet an, wie das Erlebnis der Nation
ein Analogon in einer höheren Welt besitzt. Eben jenes universalistische Schauen
der Dinge weist in die Richtung, die zur "Idee eines Gottesreichs" führt.
"Mag auch bei vielen der Geist stehen bleiben an der neugegebenen Realität
der Nation und nicht darüber hinausgehen ... ein Weg ist geöffnet, eine Quelle
ist aufgetan, die, so man ihnen folgt, an die Grenze leiten, wo die Religion
und ihre Welt beginnt." Dostojewski nennt einmal schön und tief das Vol!
einen "Weg zu Gott". Und wir fühlen, es liegt eine Wahrheit in dem Spott
des französischen Philosophen über die "supröms reali^lion an äivm". die
der Deutsche in seinem "Staate" verehre. Jener "Leviathan" des Thomas
Hobbes, mit dessen schrankenlosen Absolutismus sie höhnend unser Staatswesen
vergleichen, war nach der Lehre des englischen Philosophen doch auch ein "sterb¬
licher Gott, dem wir nächst dem unsterblichen allen Frieden und Schutz ver¬
danken." sMortalis äeu8, cui pacem et protectionem sub äeo immorwli
alsdenn8 omnem).




Neue Bücher

Politische Weltkunde. Ein Beitrag zur Volksbildung von Dr. Hans Osse. Mit
Vorwort von Dr. Paul Rohrbach. Leipzig 1917, Chr. Hera. Tauchnitz.

Zu den zahlreichen Schriften, die während des Krieges einer Schulreform
eindringlich das Wort reden, gesellt sich auch die vorliegende. Aber sie behandelt
weit mehr als eine rein schultechnische Frage, weil sie den Weg zu einer für uns
Deutsche so bitter notwendigen weltkundlichen Schulung bereiten hilft, die bisher so
sehr im argen lag, daß erst der über den ganzen Erdball schreitende Krieg den meisten
die Augen für weltpolitische Fragen und Gedankengänge öffnen mußte. Osse
fordert in seiner gehaltvollen Schrift, an ein Wort Rohrbachs anknüpfend, den
Ausbau des erdkundlichen Unterrichts zu einer "politischen Weltkunde", weil sie
dem heute stärker denn je erhobenen Begehren nach einer alle höheren Schulen
gemeinsam als Grundlage dienenden Universalbildung mit deutsch-nationalem
Charakter am besten gerecht werden kann. Die Länderkunde als "eine höhere
Einheit von Kultur- und Naturwissenschaft" vermag der Erziehung zu weltkund¬
lichen Gedankengängen am besten zu dienen; nur sie kann ein Land auf Grund
der Darstellung von Natur und Volk als politische Größe Werken. Der Würdigung
wirtschafte und anthropogeographischer Fragen sind zwei weitere Kapitel gewidmet.


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Wem so die Hemmungen und Täuschungen eines bloß „atomistischen
Sehens der geistigen Welt" gewichen sind, dem öffnet sich auf dieser Stufe der
Blick in ein weiteres Land. Scheler deutet an, wie das Erlebnis der Nation
ein Analogon in einer höheren Welt besitzt. Eben jenes universalistische Schauen
der Dinge weist in die Richtung, die zur „Idee eines Gottesreichs" führt.
„Mag auch bei vielen der Geist stehen bleiben an der neugegebenen Realität
der Nation und nicht darüber hinausgehen ... ein Weg ist geöffnet, eine Quelle
ist aufgetan, die, so man ihnen folgt, an die Grenze leiten, wo die Religion
und ihre Welt beginnt." Dostojewski nennt einmal schön und tief das Vol!
einen „Weg zu Gott". Und wir fühlen, es liegt eine Wahrheit in dem Spott
des französischen Philosophen über die „supröms reali^lion an äivm". die
der Deutsche in seinem „Staate" verehre. Jener „Leviathan" des Thomas
Hobbes, mit dessen schrankenlosen Absolutismus sie höhnend unser Staatswesen
vergleichen, war nach der Lehre des englischen Philosophen doch auch ein „sterb¬
licher Gott, dem wir nächst dem unsterblichen allen Frieden und Schutz ver¬
danken." sMortalis äeu8, cui pacem et protectionem sub äeo immorwli
alsdenn8 omnem).




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Politische Weltkunde. Ein Beitrag zur Volksbildung von Dr. Hans Osse. Mit
Vorwort von Dr. Paul Rohrbach. Leipzig 1917, Chr. Hera. Tauchnitz.

Zu den zahlreichen Schriften, die während des Krieges einer Schulreform
eindringlich das Wort reden, gesellt sich auch die vorliegende. Aber sie behandelt
weit mehr als eine rein schultechnische Frage, weil sie den Weg zu einer für uns
Deutsche so bitter notwendigen weltkundlichen Schulung bereiten hilft, die bisher so
sehr im argen lag, daß erst der über den ganzen Erdball schreitende Krieg den meisten
die Augen für weltpolitische Fragen und Gedankengänge öffnen mußte. Osse
fordert in seiner gehaltvollen Schrift, an ein Wort Rohrbachs anknüpfend, den
Ausbau des erdkundlichen Unterrichts zu einer „politischen Weltkunde", weil sie
dem heute stärker denn je erhobenen Begehren nach einer alle höheren Schulen
gemeinsam als Grundlage dienenden Universalbildung mit deutsch-nationalem
Charakter am besten gerecht werden kann. Die Länderkunde als „eine höhere
Einheit von Kultur- und Naturwissenschaft" vermag der Erziehung zu weltkund¬
lichen Gedankengängen am besten zu dienen; nur sie kann ein Land auf Grund
der Darstellung von Natur und Volk als politische Größe Werken. Der Würdigung
wirtschafte und anthropogeographischer Fragen sind zwei weitere Kapitel gewidmet.


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[0267] Neue Bucher Wem so die Hemmungen und Täuschungen eines bloß „atomistischen Sehens der geistigen Welt" gewichen sind, dem öffnet sich auf dieser Stufe der Blick in ein weiteres Land. Scheler deutet an, wie das Erlebnis der Nation ein Analogon in einer höheren Welt besitzt. Eben jenes universalistische Schauen der Dinge weist in die Richtung, die zur „Idee eines Gottesreichs" führt. „Mag auch bei vielen der Geist stehen bleiben an der neugegebenen Realität der Nation und nicht darüber hinausgehen ... ein Weg ist geöffnet, eine Quelle ist aufgetan, die, so man ihnen folgt, an die Grenze leiten, wo die Religion und ihre Welt beginnt." Dostojewski nennt einmal schön und tief das Vol! einen „Weg zu Gott". Und wir fühlen, es liegt eine Wahrheit in dem Spott des französischen Philosophen über die „supröms reali^lion an äivm". die der Deutsche in seinem „Staate" verehre. Jener „Leviathan" des Thomas Hobbes, mit dessen schrankenlosen Absolutismus sie höhnend unser Staatswesen vergleichen, war nach der Lehre des englischen Philosophen doch auch ein „sterb¬ licher Gott, dem wir nächst dem unsterblichen allen Frieden und Schutz ver¬ danken." sMortalis äeu8, cui pacem et protectionem sub äeo immorwli alsdenn8 omnem). Neue Bücher Politische Weltkunde. Ein Beitrag zur Volksbildung von Dr. Hans Osse. Mit Vorwort von Dr. Paul Rohrbach. Leipzig 1917, Chr. Hera. Tauchnitz. Zu den zahlreichen Schriften, die während des Krieges einer Schulreform eindringlich das Wort reden, gesellt sich auch die vorliegende. Aber sie behandelt weit mehr als eine rein schultechnische Frage, weil sie den Weg zu einer für uns Deutsche so bitter notwendigen weltkundlichen Schulung bereiten hilft, die bisher so sehr im argen lag, daß erst der über den ganzen Erdball schreitende Krieg den meisten die Augen für weltpolitische Fragen und Gedankengänge öffnen mußte. Osse fordert in seiner gehaltvollen Schrift, an ein Wort Rohrbachs anknüpfend, den Ausbau des erdkundlichen Unterrichts zu einer „politischen Weltkunde", weil sie dem heute stärker denn je erhobenen Begehren nach einer alle höheren Schulen gemeinsam als Grundlage dienenden Universalbildung mit deutsch-nationalem Charakter am besten gerecht werden kann. Die Länderkunde als „eine höhere Einheit von Kultur- und Naturwissenschaft" vermag der Erziehung zu weltkund¬ lichen Gedankengängen am besten zu dienen; nur sie kann ein Land auf Grund der Darstellung von Natur und Volk als politische Größe Werken. Der Würdigung wirtschafte und anthropogeographischer Fragen sind zwei weitere Kapitel gewidmet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332712/267>, abgerufen am 06.05.2024.