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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Ungarn und Bosnien

Ungarn und Bosnien
Professor Dr. Robert Sieger von

BN
Wi "i der Erörterung der südslawischen Frage wird zumeist, so auch
von mir in den Grenzboten, Heft 16 und 23, der von Ungarn er¬
hobenen "historischen" und "staatsrechtlichen" Ansprüche auf Bosnien
!und die Herzegowina nur insofern gedacht, als sie die Grundlage
für eine Erweiterung des kroatischen "Subdualismus" bilden sollen,
^.i Zwar waren im ersten Kriegswinter, als die Erörterung der "Kriegs¬
ziele" noch uneingeschränkt und sehr beliebt war, Gerüchte verbreitet, wonach der
leitende Staatsmann Ungarns die unmittelbare Angliederung des Gemeinsamen
Verwaltungsgebietes und wohl auch Dalmatiens an Ungarn anstrebe und Oster¬
reich dafür Serbien, Montenegro und Albanien überlasse. Aber sie verloren sich
aus begreiflichen Gründen immer mehr. Um die Zeit der Niederwerfung Serbiens
und Montenegros und nachher wußten dann wieder "politische Kreise" von
Teilungsplänen zu reden, wobei vielfach der Norden der südslawischen Gebiete
als ungarischer, ihr Süden mit oder ohne Albanien als österreichischer Anteil be¬
zeichnet wurde. In einer anonymen Schrift, die als Manuskript gedruckt wurde
und die aus Offizierskreisen der Südarmee stammen dürfte*) -- sie fand vielfach
Anklang, so scharf sie die Politiker des Hinterlandes auch verurteilten -- und in
der Agitation eines vielgenannten politischen Schriftstellers, der ihrer Entstehung
wohl sehr nahe stand, finden wir neben anderen, zum Teil recht seltsamen Neu¬
gestaltungsplänen auch diese Teilung, "so daß Ungarn das nördliche Dalmatien,
Bosnien und Nordserbien erhält, Osterreich aber Süddalmatien (von dem geschicht¬
lich nicht zum Königreich'Dalmatien gehörigen Gebiet von Ragusa an), die Herze¬
gowina, Südserbien. Montenegro und Albanien." Diese österreichischen Außen¬
besitzungen, die noch stärker vom Hauptlande abgetrennt wären, als heute Dal¬
matien, sollen als Königreich Jllyrien mit der Hauptstadt Durazzo ein Neben-
land Österreichs bilden, wie auch Galizien und das ruthenische Lodomerien.
Wenn dabei in bemerkenswerter Andeutung von den "Ansprüchen Ungarns, die
wohl in seiner Aufnahmsfähigkeit ihre Grenze finden", die Rede ist, so wurde
von dem Vertreter des Vorschlags österreichischen Politikern vorgehalten, daß
Ungarn noch viel mehr wünsche und daß Osterreich sich höchstens die südlichen
Gebiete sichern könne; dabei dachte er wohl auch daran, daß diese von den "histo¬
rischen" Ansprüchen Ungarns nicht oder doch weniger betroffen werden.

Daß solche Gerüchte und Gedankengänge weit weniger phantastisch waren,
als wir meist annahmen, lehrten uns dann die Zeitungsmeldungen in der zweiten
Juniwoche 1918. Ungarische Blätter traten für die unmittelbare Angliederung
Bosniens und der Herzegowina an Ungarn ein, die kroatische Frank- und Star-
cevic-Partei veröffentlichten Verwahrungen gegen die Zerreißung des kroatischen
Gebiets und im Agramer Landtag wurde interpelliert, man erfuhr von Meinungs¬
verschiedenheiten innerhalb der Landtngsmchrheit, von Beratungen der ungarischen
Regierung mit der gemeinsamen und der österreichischen, aber auch mit den Ver¬
tretern Kroatiens, dem Dalmatien, aber auch nur dieses, zugedacht sein soll. In
der österreichischen Presse wurde nur gelegentlich und vergeblich eine Stellung-
nahme der Regierung, der Abgeordneten und Parteien zu dem neuen Programm
verlangt; deutsche Blätter, wie das "Fremdenblatt" vom 13. und die "Reichspost"
vom 18. Juni, verwerteten die Notwendigkeit, daß Osterreich rechtzeitig zu Wort
komme, als Argument für die Einberufung des Parlaments. In der Sache selbst
denken die einen mehr an Gegenleistungen, die anderen an eine glatte Ablehnung
der ungarischen Forderungen, während die "Reichspost" sogar die Erklärung ver¬
langt, daß "Osterreich unter keinen Umständen die Losreißung irgendeines Ge-



*) Ich kenne sie in zwei Gestalten "Ein starkes Osterreich" (Dezember 1916) und
"Österreichs staatsrechtliche Neugestaltung" (Januar 1917), die auch inhaltlich verschieden
sind. Ich zitiere nach der späteren Form.
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Ungarn und Bosnien

Ungarn und Bosnien
Professor Dr. Robert Sieger von

BN
Wi »i der Erörterung der südslawischen Frage wird zumeist, so auch
von mir in den Grenzboten, Heft 16 und 23, der von Ungarn er¬
hobenen „historischen" und „staatsrechtlichen" Ansprüche auf Bosnien
!und die Herzegowina nur insofern gedacht, als sie die Grundlage
für eine Erweiterung des kroatischen „Subdualismus" bilden sollen,
^.i Zwar waren im ersten Kriegswinter, als die Erörterung der „Kriegs¬
ziele" noch uneingeschränkt und sehr beliebt war, Gerüchte verbreitet, wonach der
leitende Staatsmann Ungarns die unmittelbare Angliederung des Gemeinsamen
Verwaltungsgebietes und wohl auch Dalmatiens an Ungarn anstrebe und Oster¬
reich dafür Serbien, Montenegro und Albanien überlasse. Aber sie verloren sich
aus begreiflichen Gründen immer mehr. Um die Zeit der Niederwerfung Serbiens
und Montenegros und nachher wußten dann wieder „politische Kreise" von
Teilungsplänen zu reden, wobei vielfach der Norden der südslawischen Gebiete
als ungarischer, ihr Süden mit oder ohne Albanien als österreichischer Anteil be¬
zeichnet wurde. In einer anonymen Schrift, die als Manuskript gedruckt wurde
und die aus Offizierskreisen der Südarmee stammen dürfte*) — sie fand vielfach
Anklang, so scharf sie die Politiker des Hinterlandes auch verurteilten — und in
der Agitation eines vielgenannten politischen Schriftstellers, der ihrer Entstehung
wohl sehr nahe stand, finden wir neben anderen, zum Teil recht seltsamen Neu¬
gestaltungsplänen auch diese Teilung, „so daß Ungarn das nördliche Dalmatien,
Bosnien und Nordserbien erhält, Osterreich aber Süddalmatien (von dem geschicht¬
lich nicht zum Königreich'Dalmatien gehörigen Gebiet von Ragusa an), die Herze¬
gowina, Südserbien. Montenegro und Albanien." Diese österreichischen Außen¬
besitzungen, die noch stärker vom Hauptlande abgetrennt wären, als heute Dal¬
matien, sollen als Königreich Jllyrien mit der Hauptstadt Durazzo ein Neben-
land Österreichs bilden, wie auch Galizien und das ruthenische Lodomerien.
Wenn dabei in bemerkenswerter Andeutung von den „Ansprüchen Ungarns, die
wohl in seiner Aufnahmsfähigkeit ihre Grenze finden", die Rede ist, so wurde
von dem Vertreter des Vorschlags österreichischen Politikern vorgehalten, daß
Ungarn noch viel mehr wünsche und daß Osterreich sich höchstens die südlichen
Gebiete sichern könne; dabei dachte er wohl auch daran, daß diese von den „histo¬
rischen" Ansprüchen Ungarns nicht oder doch weniger betroffen werden.

Daß solche Gerüchte und Gedankengänge weit weniger phantastisch waren,
als wir meist annahmen, lehrten uns dann die Zeitungsmeldungen in der zweiten
Juniwoche 1918. Ungarische Blätter traten für die unmittelbare Angliederung
Bosniens und der Herzegowina an Ungarn ein, die kroatische Frank- und Star-
cevic-Partei veröffentlichten Verwahrungen gegen die Zerreißung des kroatischen
Gebiets und im Agramer Landtag wurde interpelliert, man erfuhr von Meinungs¬
verschiedenheiten innerhalb der Landtngsmchrheit, von Beratungen der ungarischen
Regierung mit der gemeinsamen und der österreichischen, aber auch mit den Ver¬
tretern Kroatiens, dem Dalmatien, aber auch nur dieses, zugedacht sein soll. In
der österreichischen Presse wurde nur gelegentlich und vergeblich eine Stellung-
nahme der Regierung, der Abgeordneten und Parteien zu dem neuen Programm
verlangt; deutsche Blätter, wie das „Fremdenblatt" vom 13. und die „Reichspost"
vom 18. Juni, verwerteten die Notwendigkeit, daß Osterreich rechtzeitig zu Wort
komme, als Argument für die Einberufung des Parlaments. In der Sache selbst
denken die einen mehr an Gegenleistungen, die anderen an eine glatte Ablehnung
der ungarischen Forderungen, während die „Reichspost" sogar die Erklärung ver¬
langt, daß „Osterreich unter keinen Umständen die Losreißung irgendeines Ge-



*) Ich kenne sie in zwei Gestalten „Ein starkes Osterreich" (Dezember 1916) und
»Österreichs staatsrechtliche Neugestaltung" (Januar 1917), die auch inhaltlich verschieden
sind. Ich zitiere nach der späteren Form.
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[0103] Ungarn und Bosnien Ungarn und Bosnien Professor Dr. Robert Sieger von BN Wi »i der Erörterung der südslawischen Frage wird zumeist, so auch von mir in den Grenzboten, Heft 16 und 23, der von Ungarn er¬ hobenen „historischen" und „staatsrechtlichen" Ansprüche auf Bosnien !und die Herzegowina nur insofern gedacht, als sie die Grundlage für eine Erweiterung des kroatischen „Subdualismus" bilden sollen, ^.i Zwar waren im ersten Kriegswinter, als die Erörterung der „Kriegs¬ ziele" noch uneingeschränkt und sehr beliebt war, Gerüchte verbreitet, wonach der leitende Staatsmann Ungarns die unmittelbare Angliederung des Gemeinsamen Verwaltungsgebietes und wohl auch Dalmatiens an Ungarn anstrebe und Oster¬ reich dafür Serbien, Montenegro und Albanien überlasse. Aber sie verloren sich aus begreiflichen Gründen immer mehr. Um die Zeit der Niederwerfung Serbiens und Montenegros und nachher wußten dann wieder „politische Kreise" von Teilungsplänen zu reden, wobei vielfach der Norden der südslawischen Gebiete als ungarischer, ihr Süden mit oder ohne Albanien als österreichischer Anteil be¬ zeichnet wurde. In einer anonymen Schrift, die als Manuskript gedruckt wurde und die aus Offizierskreisen der Südarmee stammen dürfte*) — sie fand vielfach Anklang, so scharf sie die Politiker des Hinterlandes auch verurteilten — und in der Agitation eines vielgenannten politischen Schriftstellers, der ihrer Entstehung wohl sehr nahe stand, finden wir neben anderen, zum Teil recht seltsamen Neu¬ gestaltungsplänen auch diese Teilung, „so daß Ungarn das nördliche Dalmatien, Bosnien und Nordserbien erhält, Osterreich aber Süddalmatien (von dem geschicht¬ lich nicht zum Königreich'Dalmatien gehörigen Gebiet von Ragusa an), die Herze¬ gowina, Südserbien. Montenegro und Albanien." Diese österreichischen Außen¬ besitzungen, die noch stärker vom Hauptlande abgetrennt wären, als heute Dal¬ matien, sollen als Königreich Jllyrien mit der Hauptstadt Durazzo ein Neben- land Österreichs bilden, wie auch Galizien und das ruthenische Lodomerien. Wenn dabei in bemerkenswerter Andeutung von den „Ansprüchen Ungarns, die wohl in seiner Aufnahmsfähigkeit ihre Grenze finden", die Rede ist, so wurde von dem Vertreter des Vorschlags österreichischen Politikern vorgehalten, daß Ungarn noch viel mehr wünsche und daß Osterreich sich höchstens die südlichen Gebiete sichern könne; dabei dachte er wohl auch daran, daß diese von den „histo¬ rischen" Ansprüchen Ungarns nicht oder doch weniger betroffen werden. Daß solche Gerüchte und Gedankengänge weit weniger phantastisch waren, als wir meist annahmen, lehrten uns dann die Zeitungsmeldungen in der zweiten Juniwoche 1918. Ungarische Blätter traten für die unmittelbare Angliederung Bosniens und der Herzegowina an Ungarn ein, die kroatische Frank- und Star- cevic-Partei veröffentlichten Verwahrungen gegen die Zerreißung des kroatischen Gebiets und im Agramer Landtag wurde interpelliert, man erfuhr von Meinungs¬ verschiedenheiten innerhalb der Landtngsmchrheit, von Beratungen der ungarischen Regierung mit der gemeinsamen und der österreichischen, aber auch mit den Ver¬ tretern Kroatiens, dem Dalmatien, aber auch nur dieses, zugedacht sein soll. In der österreichischen Presse wurde nur gelegentlich und vergeblich eine Stellung- nahme der Regierung, der Abgeordneten und Parteien zu dem neuen Programm verlangt; deutsche Blätter, wie das „Fremdenblatt" vom 13. und die „Reichspost" vom 18. Juni, verwerteten die Notwendigkeit, daß Osterreich rechtzeitig zu Wort komme, als Argument für die Einberufung des Parlaments. In der Sache selbst denken die einen mehr an Gegenleistungen, die anderen an eine glatte Ablehnung der ungarischen Forderungen, während die „Reichspost" sogar die Erklärung ver¬ langt, daß „Osterreich unter keinen Umständen die Losreißung irgendeines Ge- *) Ich kenne sie in zwei Gestalten „Ein starkes Osterreich" (Dezember 1916) und »Österreichs staatsrechtliche Neugestaltung" (Januar 1917), die auch inhaltlich verschieden sind. Ich zitiere nach der späteren Form. 8»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/103>, abgerufen am 04.05.2024.