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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Konservativismus

Aonservativismus
Dr. Gswald Dammann Von

aut de Lagarde sagt einmal, daß es nie eine deutsche Geschichte
gegeben habe, wenn nicht etwa der regelrecht fortschreitende Verlust
deutschen Wesens deutsche Geschichte sein solle. In der Tat hat
der beständige Widerstreit einheimrschcr und fremder Kulturtendenzen,
der recht eigentlich die Grundmelodie deutscher Geschichte bildet, das
ruhige Reifen einer nationalen Reinkultur gestört und an dessen
Stelle innere Haltlosigkeit und Gebrochenheit zutage gefördert, als deren charak¬
teristisches Merkzeichen sich jener Mangel an erhaltenden, geschichtlichem Sinn
offenbart, der als eine der bedauerlichsten Tatsachen der deutschen Kulturentwicklrmg
seine verhängnisvollen Folgen bis in die Gegenwart hinein geäußert hat. Der
damit Hand'in Hand gehende politische Zersetzungsprozeß ist nur eine Spielart
dieser allgemeinen Vergistungserscheinnng im deutschen Blut. Die Aufnahme
fremder Bestandteile mag von Nutzen sein, solange die kräftige Natur der Nation
die Quelle der Erneuerung immer wieder in sich selbst findet. Aber nicht jedes
Volk besitzt die robuste Gesundheit, die ihm über die schmerzhaften Wehen seines
wechselvollen Werdegangs zur festen Ausprägung seines Wesens verhilft. In
seiner Not sucht es dann Wohl stärkenden Trost im reinen Abbild seines Lebens,
im mächtigen Zauberhort seiner Kunst. In sie flüchtet der konservative Geist, der
historische Sinn, ohne den die Menschheit nun einmal nicht gedeihen kann, um
von hier aus seine Volks- und staatserhaltenden Kräfte walten zu lassen. So
entsteht, zusammengekittet durch das gemeinsame Erlebnis großer Kunst, jene
höhere Einheit, die die Volksgemeinschaft emporhebt über alle Anfälligkeiten
nationaler Wesensgestaltung. So erklärt sich die wunderbare Erscheinung,
daß beim äußersten Radikalismus des Griechenvoltes seine Kunst, vor allem
seine Poesie, auffallend konservativ blieb, daß während der radikalen demo¬
kratischen Republik in Athen sich ganze Dichtergenerationen der Aufgabe widmeten,
die nationalen Traditionen des attischen Mutterlandes im Spiegel der Dichtung
lebendig zu erhalten. Ihren Bemühungen verdankte denn auch der ätherische
Staat trotz aller Erschütterungen seine Erhaltung. Und von hier ans gewinnt
die Anekdote ihren tiefen, weltgeschichtlichen Sinn, die erzählt, der spartanische
Feldherr Lysander habe, ergriffen durch die Wirkung eines Euripideischeu Chor¬
liedes, von der Zerstörung Athens abgesehen. Wenden wir den Blick auf unsere
eigene Geschichte, die sich in so mannigfacher Hinsicht mit der griechischen berührt,
so vermissen wir in ihrem ganzen krisenhaften Verlauf jene durch eine konservative
Geisteskultur aufgespeicherte Lebenskraft, die als unentbehrliches Schwergewicht
gegen Auflösung und Entartung hätte dienen können, und sehen statt dessen mit
fast gesetzmäßiger Regelmäßigkeit in allen Perioden den Abbruch der Tradition
wiederkehren, der noch immer die Ausbildung unserer nationalen Eigenart ver¬
hindert hat. Die deutsche Kultur der Völkerwanderungszeit ist, trotz der Fürsorge
Karls des Großen, spurlos verschwunden. Die nicht minder hohe Kultur des
dreizehnten Jahrhunderts, mühsam aus Trümmern aufgebaut, eine Kultur, die
auf der Überlieferung beruhte und mit allem, was sie Großes an Epischem,
Lyrischem, Dramatischen, an Musik und bildender Kunst geleistet hat, getrost
neben die griechische Blütezeit gestellt werden darf, versank in den nächsten Jahr¬
hunderten wieder in Humanismus und Ausländerei. Noch einmal raffte sich
dann der ermüdete Volksgeist aus dem allgemeinen Chaos, unter vielfachen Unter¬
brechungen und Störungen, zu einer entscheidenden Kraftanspannung empor.
Man hat mit Recht die Geschichte der deutschen Literatur seit 1750 eine Ent¬
deckungsgeschichte des eigenen, nationalen Altertums genannt. In stufenweisen,
mächtigem Emporklimmen gewinnt der deutsche Geist wieder einen Gipfel und
weiten Ausblick über das altererbte Herrschaftsgebiet. In Klopstock erwacht die
Poesie der Statten und des Heliand, in Bodmer, Hölty, Gleim die der Minne-


Konservativismus

Aonservativismus
Dr. Gswald Dammann Von

aut de Lagarde sagt einmal, daß es nie eine deutsche Geschichte
gegeben habe, wenn nicht etwa der regelrecht fortschreitende Verlust
deutschen Wesens deutsche Geschichte sein solle. In der Tat hat
der beständige Widerstreit einheimrschcr und fremder Kulturtendenzen,
der recht eigentlich die Grundmelodie deutscher Geschichte bildet, das
ruhige Reifen einer nationalen Reinkultur gestört und an dessen
Stelle innere Haltlosigkeit und Gebrochenheit zutage gefördert, als deren charak¬
teristisches Merkzeichen sich jener Mangel an erhaltenden, geschichtlichem Sinn
offenbart, der als eine der bedauerlichsten Tatsachen der deutschen Kulturentwicklrmg
seine verhängnisvollen Folgen bis in die Gegenwart hinein geäußert hat. Der
damit Hand'in Hand gehende politische Zersetzungsprozeß ist nur eine Spielart
dieser allgemeinen Vergistungserscheinnng im deutschen Blut. Die Aufnahme
fremder Bestandteile mag von Nutzen sein, solange die kräftige Natur der Nation
die Quelle der Erneuerung immer wieder in sich selbst findet. Aber nicht jedes
Volk besitzt die robuste Gesundheit, die ihm über die schmerzhaften Wehen seines
wechselvollen Werdegangs zur festen Ausprägung seines Wesens verhilft. In
seiner Not sucht es dann Wohl stärkenden Trost im reinen Abbild seines Lebens,
im mächtigen Zauberhort seiner Kunst. In sie flüchtet der konservative Geist, der
historische Sinn, ohne den die Menschheit nun einmal nicht gedeihen kann, um
von hier aus seine Volks- und staatserhaltenden Kräfte walten zu lassen. So
entsteht, zusammengekittet durch das gemeinsame Erlebnis großer Kunst, jene
höhere Einheit, die die Volksgemeinschaft emporhebt über alle Anfälligkeiten
nationaler Wesensgestaltung. So erklärt sich die wunderbare Erscheinung,
daß beim äußersten Radikalismus des Griechenvoltes seine Kunst, vor allem
seine Poesie, auffallend konservativ blieb, daß während der radikalen demo¬
kratischen Republik in Athen sich ganze Dichtergenerationen der Aufgabe widmeten,
die nationalen Traditionen des attischen Mutterlandes im Spiegel der Dichtung
lebendig zu erhalten. Ihren Bemühungen verdankte denn auch der ätherische
Staat trotz aller Erschütterungen seine Erhaltung. Und von hier ans gewinnt
die Anekdote ihren tiefen, weltgeschichtlichen Sinn, die erzählt, der spartanische
Feldherr Lysander habe, ergriffen durch die Wirkung eines Euripideischeu Chor¬
liedes, von der Zerstörung Athens abgesehen. Wenden wir den Blick auf unsere
eigene Geschichte, die sich in so mannigfacher Hinsicht mit der griechischen berührt,
so vermissen wir in ihrem ganzen krisenhaften Verlauf jene durch eine konservative
Geisteskultur aufgespeicherte Lebenskraft, die als unentbehrliches Schwergewicht
gegen Auflösung und Entartung hätte dienen können, und sehen statt dessen mit
fast gesetzmäßiger Regelmäßigkeit in allen Perioden den Abbruch der Tradition
wiederkehren, der noch immer die Ausbildung unserer nationalen Eigenart ver¬
hindert hat. Die deutsche Kultur der Völkerwanderungszeit ist, trotz der Fürsorge
Karls des Großen, spurlos verschwunden. Die nicht minder hohe Kultur des
dreizehnten Jahrhunderts, mühsam aus Trümmern aufgebaut, eine Kultur, die
auf der Überlieferung beruhte und mit allem, was sie Großes an Epischem,
Lyrischem, Dramatischen, an Musik und bildender Kunst geleistet hat, getrost
neben die griechische Blütezeit gestellt werden darf, versank in den nächsten Jahr¬
hunderten wieder in Humanismus und Ausländerei. Noch einmal raffte sich
dann der ermüdete Volksgeist aus dem allgemeinen Chaos, unter vielfachen Unter¬
brechungen und Störungen, zu einer entscheidenden Kraftanspannung empor.
Man hat mit Recht die Geschichte der deutschen Literatur seit 1750 eine Ent¬
deckungsgeschichte des eigenen, nationalen Altertums genannt. In stufenweisen,
mächtigem Emporklimmen gewinnt der deutsche Geist wieder einen Gipfel und
weiten Ausblick über das altererbte Herrschaftsgebiet. In Klopstock erwacht die
Poesie der Statten und des Heliand, in Bodmer, Hölty, Gleim die der Minne-


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[0298] Konservativismus Aonservativismus Dr. Gswald Dammann Von aut de Lagarde sagt einmal, daß es nie eine deutsche Geschichte gegeben habe, wenn nicht etwa der regelrecht fortschreitende Verlust deutschen Wesens deutsche Geschichte sein solle. In der Tat hat der beständige Widerstreit einheimrschcr und fremder Kulturtendenzen, der recht eigentlich die Grundmelodie deutscher Geschichte bildet, das ruhige Reifen einer nationalen Reinkultur gestört und an dessen Stelle innere Haltlosigkeit und Gebrochenheit zutage gefördert, als deren charak¬ teristisches Merkzeichen sich jener Mangel an erhaltenden, geschichtlichem Sinn offenbart, der als eine der bedauerlichsten Tatsachen der deutschen Kulturentwicklrmg seine verhängnisvollen Folgen bis in die Gegenwart hinein geäußert hat. Der damit Hand'in Hand gehende politische Zersetzungsprozeß ist nur eine Spielart dieser allgemeinen Vergistungserscheinnng im deutschen Blut. Die Aufnahme fremder Bestandteile mag von Nutzen sein, solange die kräftige Natur der Nation die Quelle der Erneuerung immer wieder in sich selbst findet. Aber nicht jedes Volk besitzt die robuste Gesundheit, die ihm über die schmerzhaften Wehen seines wechselvollen Werdegangs zur festen Ausprägung seines Wesens verhilft. In seiner Not sucht es dann Wohl stärkenden Trost im reinen Abbild seines Lebens, im mächtigen Zauberhort seiner Kunst. In sie flüchtet der konservative Geist, der historische Sinn, ohne den die Menschheit nun einmal nicht gedeihen kann, um von hier aus seine Volks- und staatserhaltenden Kräfte walten zu lassen. So entsteht, zusammengekittet durch das gemeinsame Erlebnis großer Kunst, jene höhere Einheit, die die Volksgemeinschaft emporhebt über alle Anfälligkeiten nationaler Wesensgestaltung. So erklärt sich die wunderbare Erscheinung, daß beim äußersten Radikalismus des Griechenvoltes seine Kunst, vor allem seine Poesie, auffallend konservativ blieb, daß während der radikalen demo¬ kratischen Republik in Athen sich ganze Dichtergenerationen der Aufgabe widmeten, die nationalen Traditionen des attischen Mutterlandes im Spiegel der Dichtung lebendig zu erhalten. Ihren Bemühungen verdankte denn auch der ätherische Staat trotz aller Erschütterungen seine Erhaltung. Und von hier ans gewinnt die Anekdote ihren tiefen, weltgeschichtlichen Sinn, die erzählt, der spartanische Feldherr Lysander habe, ergriffen durch die Wirkung eines Euripideischeu Chor¬ liedes, von der Zerstörung Athens abgesehen. Wenden wir den Blick auf unsere eigene Geschichte, die sich in so mannigfacher Hinsicht mit der griechischen berührt, so vermissen wir in ihrem ganzen krisenhaften Verlauf jene durch eine konservative Geisteskultur aufgespeicherte Lebenskraft, die als unentbehrliches Schwergewicht gegen Auflösung und Entartung hätte dienen können, und sehen statt dessen mit fast gesetzmäßiger Regelmäßigkeit in allen Perioden den Abbruch der Tradition wiederkehren, der noch immer die Ausbildung unserer nationalen Eigenart ver¬ hindert hat. Die deutsche Kultur der Völkerwanderungszeit ist, trotz der Fürsorge Karls des Großen, spurlos verschwunden. Die nicht minder hohe Kultur des dreizehnten Jahrhunderts, mühsam aus Trümmern aufgebaut, eine Kultur, die auf der Überlieferung beruhte und mit allem, was sie Großes an Epischem, Lyrischem, Dramatischen, an Musik und bildender Kunst geleistet hat, getrost neben die griechische Blütezeit gestellt werden darf, versank in den nächsten Jahr¬ hunderten wieder in Humanismus und Ausländerei. Noch einmal raffte sich dann der ermüdete Volksgeist aus dem allgemeinen Chaos, unter vielfachen Unter¬ brechungen und Störungen, zu einer entscheidenden Kraftanspannung empor. Man hat mit Recht die Geschichte der deutschen Literatur seit 1750 eine Ent¬ deckungsgeschichte des eigenen, nationalen Altertums genannt. In stufenweisen, mächtigem Emporklimmen gewinnt der deutsche Geist wieder einen Gipfel und weiten Ausblick über das altererbte Herrschaftsgebiet. In Klopstock erwacht die Poesie der Statten und des Heliand, in Bodmer, Hölty, Gleim die der Minne-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/298>, abgerufen am 29.04.2024.