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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Friedrich dem Großen an, der sich in jeder Weise bemühte, Westpreußen bald¬
möglichst auf >das Niveau der übrigen preußischen Provinzen zu heben, ist es vor
allem die Arbeit des Staates und des deutschen Beamtentums gewesen, die die
beiden Provinzen aus tiefer Armut und Verkommenheit zur heutigen Blüte
gebracht hat. Für das polnische Volk ist diese Arbeit von großem Segen gewesen;
ihm ist dadurch von Preußen geschaffen worden, was es aus eigener Kraft nie
entwickelt hat Und zum Beispiel in Galizien bis hente nicht besitzt: ein selbständiger
lebensfähiger Bauernstand und ein städtisches Bürgertum. Wenn trotzdem das
Polentum sich mit seinem Schicksal, das es doch durch eigene große historische
Versäumnisse heraufbeschworen hat, nicht ausgesöhnt hat, so liegt die Schuld nicht
am Deutschtum, das überhaupt in seiner Geschichte einen Nationalhaß gegen das
polnische Volk nicht kennt, und auch nicht am preußischen Staat. Er hat dem
Polentum oft genug, 1815 sowohl wie auch nach den Aufständen von 1830, 1846
und 1848, die Hand zur Versöhnung entgegengestreckt. Die Schuld liegt vielmehr
am Polentum, in dem immer trotz allem, was es dem Deutschtum verdankt, eine
scharfe Abneigung gegen die Deutschen lebendig war; schon die erste deutsche
Kolonisationsepoche löste bei den Polen eine deutschfeindliche Gegenbewegung
aus, deren Führer der damalige Erzbischof von Gnesen, Jakob Swinka
(1283--1313), war. Und serner hat das preußische Polentum nie ein Hehl
daraus gemacht, daß es sein Bestreben sei, sich wieder von Preußen loszulösen.
Dagegen hat sich der preußische Staat zur Wehr gesetzt, und, wie man auch über
seine Maßnahmen im einzelnen denken mag, das Recht dazu wird ihm niemand
absprechen können. Er hatte dazu ein um so größeres Recht, als er 1815 von den
ehemals polnischen Gebietsteilen nur soviel behalten hatte, als unbedingt nötig
war, um die Verbindung Mischen Schlesien und Preußen zu sichern. Den
Zusammenhang dieser Gebiete aber mit dem Deutschen Reiche zu wahren, war
um so mehr seine Pflicht, als in ihnen eine deutsche Bevölkerung wohnt, die im
ganzen dem Polentum an Zahl gewachsen, an Grundbesitz, an' wirtschaftlicher,
finanzieller und kultureller Bedeutung ihm aber überlegen ist.




Maßgebliches unUnmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

Verstaatlichung der Krankenhilfe. In
einer Zeit, wo Millionen Menschen vom
Sozialismus alles Heil der Welt erwarten,
kann es nicht überraschen, wenn auch der
Ruf nach Verstaatlichung der Krankenhilfe,
ein alter Programmpunkt der Sozialdemo¬
kratie, wieder von neuem erschallt. "Während
der heutige Staat", so lautet die Begründung
des Erfurter Programms durch Kautsky, "den
Geistlichen besoldet, weil dieser ein Arzt der
Seele ist, hat er sich noch nicht dazu bereit
gefunden, den für das Wohlergehen des
Menschen so wichtigen Arzt des Leibes zum
Staatsdiener zu machen. Die Gesundheits¬
pflege ist eine so hervorragende gesellschaft¬
liche Aufgabe, daß die weiigehendsten Ma߬
regeln in diesem Betracht nur zu billigen
sind." Nebenbei sei erwähnt, daß die Bezug¬
nahme auf den Geistlichen insofern nicht ganz
zutrifft, als einer der ersten Negierungsatte
des Sozialismus der Versuch der Trennung

[Spaltenumbruch]

von Staat und Kirche, d. h. die Entfernung
des Geistlichen aus dem Staat! dienst war.

Für die gesamte Krankenhilfe dagegen
verlangen bereits jetzt die Unser im Streit
eine Verstaatlichung; und es erscheint nicht
ausgeschlossen, daß man bald versuchen wird,
die Theorie in die Praxis umzusetzen. Nach
dem Erfurter Programm soll die ärztliche
Hilfe vollkommen unentgeltlich sein; die
Ärzte werden sestbesoldete Beamte, die vom
Staat angestellt werden und daher auch vom
Staat an beliebige Stellen versetzt werden
können. Der Arzt würde danach seine fest¬
gesetzte Arbeitszeit haben. Er würde sich nicht
wie jetzt Tag und Nacht um seine Kranken
Plagen müssen. Außerhalb der "Bureau¬
stunden" würde ein Wachidienst ihn entlasten.
Gruße Institute würden eingerichtet, in denen
ritte Spezialitäten vertreten wären und in denen
die ambulanten Kranken nach dem Stande
der modernen Wissenschaft behandelt werden

[Ende Spaltensatz]
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Friedrich dem Großen an, der sich in jeder Weise bemühte, Westpreußen bald¬
möglichst auf >das Niveau der übrigen preußischen Provinzen zu heben, ist es vor
allem die Arbeit des Staates und des deutschen Beamtentums gewesen, die die
beiden Provinzen aus tiefer Armut und Verkommenheit zur heutigen Blüte
gebracht hat. Für das polnische Volk ist diese Arbeit von großem Segen gewesen;
ihm ist dadurch von Preußen geschaffen worden, was es aus eigener Kraft nie
entwickelt hat Und zum Beispiel in Galizien bis hente nicht besitzt: ein selbständiger
lebensfähiger Bauernstand und ein städtisches Bürgertum. Wenn trotzdem das
Polentum sich mit seinem Schicksal, das es doch durch eigene große historische
Versäumnisse heraufbeschworen hat, nicht ausgesöhnt hat, so liegt die Schuld nicht
am Deutschtum, das überhaupt in seiner Geschichte einen Nationalhaß gegen das
polnische Volk nicht kennt, und auch nicht am preußischen Staat. Er hat dem
Polentum oft genug, 1815 sowohl wie auch nach den Aufständen von 1830, 1846
und 1848, die Hand zur Versöhnung entgegengestreckt. Die Schuld liegt vielmehr
am Polentum, in dem immer trotz allem, was es dem Deutschtum verdankt, eine
scharfe Abneigung gegen die Deutschen lebendig war; schon die erste deutsche
Kolonisationsepoche löste bei den Polen eine deutschfeindliche Gegenbewegung
aus, deren Führer der damalige Erzbischof von Gnesen, Jakob Swinka
(1283—1313), war. Und serner hat das preußische Polentum nie ein Hehl
daraus gemacht, daß es sein Bestreben sei, sich wieder von Preußen loszulösen.
Dagegen hat sich der preußische Staat zur Wehr gesetzt, und, wie man auch über
seine Maßnahmen im einzelnen denken mag, das Recht dazu wird ihm niemand
absprechen können. Er hatte dazu ein um so größeres Recht, als er 1815 von den
ehemals polnischen Gebietsteilen nur soviel behalten hatte, als unbedingt nötig
war, um die Verbindung Mischen Schlesien und Preußen zu sichern. Den
Zusammenhang dieser Gebiete aber mit dem Deutschen Reiche zu wahren, war
um so mehr seine Pflicht, als in ihnen eine deutsche Bevölkerung wohnt, die im
ganzen dem Polentum an Zahl gewachsen, an Grundbesitz, an' wirtschaftlicher,
finanzieller und kultureller Bedeutung ihm aber überlegen ist.




Maßgebliches unUnmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

Verstaatlichung der Krankenhilfe. In
einer Zeit, wo Millionen Menschen vom
Sozialismus alles Heil der Welt erwarten,
kann es nicht überraschen, wenn auch der
Ruf nach Verstaatlichung der Krankenhilfe,
ein alter Programmpunkt der Sozialdemo¬
kratie, wieder von neuem erschallt. „Während
der heutige Staat", so lautet die Begründung
des Erfurter Programms durch Kautsky, „den
Geistlichen besoldet, weil dieser ein Arzt der
Seele ist, hat er sich noch nicht dazu bereit
gefunden, den für das Wohlergehen des
Menschen so wichtigen Arzt des Leibes zum
Staatsdiener zu machen. Die Gesundheits¬
pflege ist eine so hervorragende gesellschaft¬
liche Aufgabe, daß die weiigehendsten Ma߬
regeln in diesem Betracht nur zu billigen
sind." Nebenbei sei erwähnt, daß die Bezug¬
nahme auf den Geistlichen insofern nicht ganz
zutrifft, als einer der ersten Negierungsatte
des Sozialismus der Versuch der Trennung

[Spaltenumbruch]

von Staat und Kirche, d. h. die Entfernung
des Geistlichen aus dem Staat! dienst war.

Für die gesamte Krankenhilfe dagegen
verlangen bereits jetzt die Unser im Streit
eine Verstaatlichung; und es erscheint nicht
ausgeschlossen, daß man bald versuchen wird,
die Theorie in die Praxis umzusetzen. Nach
dem Erfurter Programm soll die ärztliche
Hilfe vollkommen unentgeltlich sein; die
Ärzte werden sestbesoldete Beamte, die vom
Staat angestellt werden und daher auch vom
Staat an beliebige Stellen versetzt werden
können. Der Arzt würde danach seine fest¬
gesetzte Arbeitszeit haben. Er würde sich nicht
wie jetzt Tag und Nacht um seine Kranken
Plagen müssen. Außerhalb der „Bureau¬
stunden" würde ein Wachidienst ihn entlasten.
Gruße Institute würden eingerichtet, in denen
ritte Spezialitäten vertreten wären und in denen
die ambulanten Kranken nach dem Stande
der modernen Wissenschaft behandelt werden

[Ende Spaltensatz]
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[0034] Maßgebliches und Unmaßgebliches Friedrich dem Großen an, der sich in jeder Weise bemühte, Westpreußen bald¬ möglichst auf >das Niveau der übrigen preußischen Provinzen zu heben, ist es vor allem die Arbeit des Staates und des deutschen Beamtentums gewesen, die die beiden Provinzen aus tiefer Armut und Verkommenheit zur heutigen Blüte gebracht hat. Für das polnische Volk ist diese Arbeit von großem Segen gewesen; ihm ist dadurch von Preußen geschaffen worden, was es aus eigener Kraft nie entwickelt hat Und zum Beispiel in Galizien bis hente nicht besitzt: ein selbständiger lebensfähiger Bauernstand und ein städtisches Bürgertum. Wenn trotzdem das Polentum sich mit seinem Schicksal, das es doch durch eigene große historische Versäumnisse heraufbeschworen hat, nicht ausgesöhnt hat, so liegt die Schuld nicht am Deutschtum, das überhaupt in seiner Geschichte einen Nationalhaß gegen das polnische Volk nicht kennt, und auch nicht am preußischen Staat. Er hat dem Polentum oft genug, 1815 sowohl wie auch nach den Aufständen von 1830, 1846 und 1848, die Hand zur Versöhnung entgegengestreckt. Die Schuld liegt vielmehr am Polentum, in dem immer trotz allem, was es dem Deutschtum verdankt, eine scharfe Abneigung gegen die Deutschen lebendig war; schon die erste deutsche Kolonisationsepoche löste bei den Polen eine deutschfeindliche Gegenbewegung aus, deren Führer der damalige Erzbischof von Gnesen, Jakob Swinka (1283—1313), war. Und serner hat das preußische Polentum nie ein Hehl daraus gemacht, daß es sein Bestreben sei, sich wieder von Preußen loszulösen. Dagegen hat sich der preußische Staat zur Wehr gesetzt, und, wie man auch über seine Maßnahmen im einzelnen denken mag, das Recht dazu wird ihm niemand absprechen können. Er hatte dazu ein um so größeres Recht, als er 1815 von den ehemals polnischen Gebietsteilen nur soviel behalten hatte, als unbedingt nötig war, um die Verbindung Mischen Schlesien und Preußen zu sichern. Den Zusammenhang dieser Gebiete aber mit dem Deutschen Reiche zu wahren, war um so mehr seine Pflicht, als in ihnen eine deutsche Bevölkerung wohnt, die im ganzen dem Polentum an Zahl gewachsen, an Grundbesitz, an' wirtschaftlicher, finanzieller und kultureller Bedeutung ihm aber überlegen ist. Maßgebliches unUnmaßgebliches Verstaatlichung der Krankenhilfe. In einer Zeit, wo Millionen Menschen vom Sozialismus alles Heil der Welt erwarten, kann es nicht überraschen, wenn auch der Ruf nach Verstaatlichung der Krankenhilfe, ein alter Programmpunkt der Sozialdemo¬ kratie, wieder von neuem erschallt. „Während der heutige Staat", so lautet die Begründung des Erfurter Programms durch Kautsky, „den Geistlichen besoldet, weil dieser ein Arzt der Seele ist, hat er sich noch nicht dazu bereit gefunden, den für das Wohlergehen des Menschen so wichtigen Arzt des Leibes zum Staatsdiener zu machen. Die Gesundheits¬ pflege ist eine so hervorragende gesellschaft¬ liche Aufgabe, daß die weiigehendsten Ma߬ regeln in diesem Betracht nur zu billigen sind." Nebenbei sei erwähnt, daß die Bezug¬ nahme auf den Geistlichen insofern nicht ganz zutrifft, als einer der ersten Negierungsatte des Sozialismus der Versuch der Trennung von Staat und Kirche, d. h. die Entfernung des Geistlichen aus dem Staat! dienst war. Für die gesamte Krankenhilfe dagegen verlangen bereits jetzt die Unser im Streit eine Verstaatlichung; und es erscheint nicht ausgeschlossen, daß man bald versuchen wird, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Nach dem Erfurter Programm soll die ärztliche Hilfe vollkommen unentgeltlich sein; die Ärzte werden sestbesoldete Beamte, die vom Staat angestellt werden und daher auch vom Staat an beliebige Stellen versetzt werden können. Der Arzt würde danach seine fest¬ gesetzte Arbeitszeit haben. Er würde sich nicht wie jetzt Tag und Nacht um seine Kranken Plagen müssen. Außerhalb der „Bureau¬ stunden" würde ein Wachidienst ihn entlasten. Gruße Institute würden eingerichtet, in denen ritte Spezialitäten vertreten wären und in denen die ambulanten Kranken nach dem Stande der modernen Wissenschaft behandelt werden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/34>, abgerufen am 29.04.2024.