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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Die Gntente und der deutsche Volkswille

Deutsche Allgemeine Zeitung vom 8. d. Mes. gibt eine Unier-
S^W^redung eines ihrer Mitarbeiter mit dem Reichsminister Erzberger
MW^WUj Z über die Regelung der Danziger Angelegenheit wieder. Aus die
Frage, wie es Erzberger gelungen sei, das Verhängnis der Lan-
dung über Danzig von Deutschland abzuwenden, erhielt der Be-
^MA^W^W erstatter eine Antwort, deren Kern Mpp und klar darin besteht:
Die E n t e n t e h a t gegla u de, d e in A u s b r u es des einmütig ge¬
schlossenen VolksWillens Rechnung tragen zu müssen.

Nicht interalliierte MeinuNlgsverschiedenheiten über die Notwendigkeit und
Zweckmäßigkeit -der Landung, nicht Rücksichten auf die allgemeine Notlage, nicht
Besorgnisse vor dem Bolschewismus haben die Franzosen -- die treibende Kraft
in der Zuspitzung der polnischen Frage -- zu dem Verzicht aus die Landung be¬
zogen, sondern maßgebend war die gewaltige Bewegung im deutschen Volke, die
thom tiefen Eindruck auf die Entente nicht verfehlt hat. Der Reichsminister hat
hinzugefügt, daß dieses der erste Fall sei, in dem die Entente nach Einstellung
der Feindseligkeiten den nationalen Willen des deutschen Volkes geachtet habe.

^ Aus der polnischen Seite ist man anderer Meinung: Der schrankenlose
Imperialismus ihrer Politik macht die Polen blind gegen das selbstverständliche
/^ehe, gegen die ernste Pflicht des deutschen Volkes zur Erhaltung seiner völki¬
schen Einheit, seiner politischen und wirtschaftlichen Existenz. Polnischer Haß
und Verblendung sehen bei uns nur nationalistische Herrschsucht, wo die bittere
Selbsterhaltungspflicht uns treibt, argwöhnt nur Hinterlist und Ränke, wo das
deutsche Volk offen und einmütig seinen Willen zum Ausdruck bringt. In diesen
Gedankengängen bewegt sich der Posener Gonice Wielkopolski vom 5. d. Mes.,
der die Lösung des Danziger Streitpunktes als Frucht deutscher Treibereien und
internationaler Nebenabsichten anspricht. Was kann die Entente dazu bewogen
haben, fragt das Blatt. Frankreichs "guter Absichten" ist die Zeitung sicher --
Frankreich wolle ja auf jeden Fall die Schwächung Deutschlands (Aha!) -- aber
England und Amerika? Nur geschäftliche Rücksichten könnten diese Länder ge¬
trieben haben, Danzig den Deutschen zu belassen, um diese besser für ihre eigenen
Gesamtinteressen ausbeuten zu können!

, Das Blatt irrt sich. Unbefangenheit des Urteils müssen wir ihn: versagen.
'';eichsininister Erzberger hat seinen Eindruck aus dem Gang der Verhandlung in
Wag, nicht durch Informationen hinter den Kulissen, sondern aus seiner per¬
sönlichen Unterredung mit dem Marschall Fons gewonnen; wir dürfen an¬
nehmen, daß seine Beurteilung den Kern der Sache trifft.

Das deutsche Volk hat nach einer endlosen Kette von Enttäuschungen ge¬
lernt, den richtigen Maßstab an die Dinge zu legen, es weiß, daß die Lösung der
Ranziger Episode durchaus kein dauernder Erfolg, kein sicherer Posten ist,


Gmizvoten II 1919 7


Die Gntente und der deutsche Volkswille

Deutsche Allgemeine Zeitung vom 8. d. Mes. gibt eine Unier-
S^W^redung eines ihrer Mitarbeiter mit dem Reichsminister Erzberger
MW^WUj Z über die Regelung der Danziger Angelegenheit wieder. Aus die
Frage, wie es Erzberger gelungen sei, das Verhängnis der Lan-
dung über Danzig von Deutschland abzuwenden, erhielt der Be-
^MA^W^W erstatter eine Antwort, deren Kern Mpp und klar darin besteht:
Die E n t e n t e h a t gegla u de, d e in A u s b r u es des einmütig ge¬
schlossenen VolksWillens Rechnung tragen zu müssen.

Nicht interalliierte MeinuNlgsverschiedenheiten über die Notwendigkeit und
Zweckmäßigkeit -der Landung, nicht Rücksichten auf die allgemeine Notlage, nicht
Besorgnisse vor dem Bolschewismus haben die Franzosen — die treibende Kraft
in der Zuspitzung der polnischen Frage — zu dem Verzicht aus die Landung be¬
zogen, sondern maßgebend war die gewaltige Bewegung im deutschen Volke, die
thom tiefen Eindruck auf die Entente nicht verfehlt hat. Der Reichsminister hat
hinzugefügt, daß dieses der erste Fall sei, in dem die Entente nach Einstellung
der Feindseligkeiten den nationalen Willen des deutschen Volkes geachtet habe.

^ Aus der polnischen Seite ist man anderer Meinung: Der schrankenlose
Imperialismus ihrer Politik macht die Polen blind gegen das selbstverständliche
/^ehe, gegen die ernste Pflicht des deutschen Volkes zur Erhaltung seiner völki¬
schen Einheit, seiner politischen und wirtschaftlichen Existenz. Polnischer Haß
und Verblendung sehen bei uns nur nationalistische Herrschsucht, wo die bittere
Selbsterhaltungspflicht uns treibt, argwöhnt nur Hinterlist und Ränke, wo das
deutsche Volk offen und einmütig seinen Willen zum Ausdruck bringt. In diesen
Gedankengängen bewegt sich der Posener Gonice Wielkopolski vom 5. d. Mes.,
der die Lösung des Danziger Streitpunktes als Frucht deutscher Treibereien und
internationaler Nebenabsichten anspricht. Was kann die Entente dazu bewogen
haben, fragt das Blatt. Frankreichs „guter Absichten" ist die Zeitung sicher —
Frankreich wolle ja auf jeden Fall die Schwächung Deutschlands (Aha!) — aber
England und Amerika? Nur geschäftliche Rücksichten könnten diese Länder ge¬
trieben haben, Danzig den Deutschen zu belassen, um diese besser für ihre eigenen
Gesamtinteressen ausbeuten zu können!

, Das Blatt irrt sich. Unbefangenheit des Urteils müssen wir ihn: versagen.
'';eichsininister Erzberger hat seinen Eindruck aus dem Gang der Verhandlung in
Wag, nicht durch Informationen hinter den Kulissen, sondern aus seiner per¬
sönlichen Unterredung mit dem Marschall Fons gewonnen; wir dürfen an¬
nehmen, daß seine Beurteilung den Kern der Sache trifft.

Das deutsche Volk hat nach einer endlosen Kette von Enttäuschungen ge¬
lernt, den richtigen Maßstab an die Dinge zu legen, es weiß, daß die Lösung der
Ranziger Episode durchaus kein dauernder Erfolg, kein sicherer Posten ist,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/85>, abgerufen am 29.04.2024.