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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Die Lntente und der deutsche Volkswille

den es schon jetzt endgültig für die kommende Schlußabrechnung vortragen konnte
--- das deutsche Volk hat Marten und sich bescheiden gelernt, frommt uns also
nicht, uns über die Wirkung des letzten -- und ersten -- Spaaer Erfolges -- ein
solches ist das Abkommen vom 4. d. Mes. ja fraglos -- unbegrenzten Hoffnungen
hinzugeben, fo fördert es jedoch die politische Einsicht unseres Volkes, wenn es
sich zuvörderst' über die Ursachen klare Rechenschaft gibt. Den Schlüssel hierzu
gibt die behandelte Antwort Erzbergers. Aber auch hier liegt eine große Gefahr,
die zu irrigen Annahmen verleiten könnte, zu voreiligen -Folgerungen, die Mi߬
griffe und Enttäuschungen gebären könnten. Die Entente hat sich nicht unserem
Willen gefügt, weil wir ihn einmütig und entschlossen, unbeugsam und drohend
bekundet haben -- das wäre eine schiefe Auffassung, die an dem .Kern der Sache
vorbeiginge --sondern weil er b e r echtigt war/ Gehlen wir aber den Dingen
noch tiefer aus den Grund. Unsere Feinde haben nicht allein eingesehen, daß
wir im Recht waren, sondern auch, daß sich das deutsche Woll seines Rechtes be¬
wußt, von seinem Rechte durchdrungen war, desgleichen auch von seiner Pflicht,
nicht weiter zu gehen, als die von ihm angenommenen Richtlinien des Wllfon-
programmes es erforderten.

Hierin liegt der springende Punkt. Es wäre verdammt verfehlt, sich in die
Brust zu werfen und mit dem Gefühl zur Ruhe zu, gehen, wir könnten alles er¬
reichen, wenn wir nur geschlossen unseren Willen zeigten. Bauen wir nicht --
auch das können wir aus der Erklärung Erzbergers ersehen -- auf Meinungs¬
verschiedenheiten der Feinde, auf die Wirrungen in der allgemeinen politischen
Lage, vertrauen wir einzig und allein auf unser Recht, vergessen wir dabei aber
nicht, daß unserem Recht die Pflicht die Wage hält, die Verpflichtung, das zu er¬
fülle", was -wir durch Annahme des Wilson-Programms versprochen haben.

Das ist eine recht ernste Sache. Sie ist doppelt ernst für die Bevölkerung
der Ostmark. res "situm! Es geht um unsere Zukunft. Danzig -- Brom¬
berg -- Posen; leicht schreibt die Feder diese Worte nebeneinander, doch welche
Brücke müssen sich die Gedanken haim. um das. was hinter den drei Raum
steckt, unter einem einheitlichen Gesichtspunkt zu begreifen! Gibt die Annahme
der Wilsonschen Punkte uns das Recht, neben Westpreußen auch Posen deutsch
erhalten zu können?

Das deutsche Volk hat umgelernt im Wollen und Handeln: auch die
deutsche Bevölkerung der Ostmark weiß sich jetzt frei von den Sünden der Ver¬
gangenheit, von den Ausgeburten eines überspannten Nationalismus. Nicht
eigennützige Interessen, nicht eine Vormachtstellung auf Kosten der polnischen
Volksgenossen erstreben wir, sondlern Gerechtigkeit. Gerechtigkeit ist aber der
Grundsatz des Wilsouprogrammes. Gerechtigkeit für Polen und Deutsche.

Das ist der Boden, auf dem wir stehe" müssen, den wir nicht verlassen
dürfen, wenn es gilt, unsere Ansprüche vor dem Forum der öffentlichen Mei¬
nung, vor der Friedenskonferenz zu verteidigen. Auch unsere Stimme muß ge¬
hört' werden, das verlangt die Gerechtigkeit, auch -wir dürfen uns der gleichen
Argumente bedienen wie die Polen, das verlangt gleichfalls die Gerechtigkeit.
Der Spruch der Weltgeschichte -- die Polen .berufen sich ja mit Vorliebe auf
"historische Gerechtigkeit" -- spricht auch zu unseren Gunsten, auch das deutsche
Volk hat Anspruch' auf Berücksichtigung seiner Lebensinteressen ebenso wie die
Polen: und schließlich noch eins, wenn Polen Gebiete mit unzweifelhaft deutscher
Volksmehrheit aus Gründen der Gerechtigkeit und Lebensnotwendigkeit für sich
beanspruchen darf, ist es uns dlemm versagt, das Gleiche bezüglich gemischter
Teile mit polnischer Mehrheit zu verlangen? Ist das eine berechtigt, das andere
hakatistifch?

Wilsons Theorie ist mit Nichten, wie manche meinen, zu gewaltig, um in
die rauhe Wirklichkeit umgesetzt zu werden; es ist unrichtig, daß sie einen starke!!
Kompromiß mit der Forderung praktischer Ausführbarkeit machen mußte, sie läßt
sich verwirklichen -- allerdings, sie läßt sich auch .vergewaltigen, wenn nur eine
Partei zu Worte und 'Gehör kommen darf.


Die Lntente und der deutsche Volkswille

den es schon jetzt endgültig für die kommende Schlußabrechnung vortragen konnte
—- das deutsche Volk hat Marten und sich bescheiden gelernt, frommt uns also
nicht, uns über die Wirkung des letzten — und ersten — Spaaer Erfolges — ein
solches ist das Abkommen vom 4. d. Mes. ja fraglos — unbegrenzten Hoffnungen
hinzugeben, fo fördert es jedoch die politische Einsicht unseres Volkes, wenn es
sich zuvörderst' über die Ursachen klare Rechenschaft gibt. Den Schlüssel hierzu
gibt die behandelte Antwort Erzbergers. Aber auch hier liegt eine große Gefahr,
die zu irrigen Annahmen verleiten könnte, zu voreiligen -Folgerungen, die Mi߬
griffe und Enttäuschungen gebären könnten. Die Entente hat sich nicht unserem
Willen gefügt, weil wir ihn einmütig und entschlossen, unbeugsam und drohend
bekundet haben — das wäre eine schiefe Auffassung, die an dem .Kern der Sache
vorbeiginge —sondern weil er b e r echtigt war/ Gehlen wir aber den Dingen
noch tiefer aus den Grund. Unsere Feinde haben nicht allein eingesehen, daß
wir im Recht waren, sondern auch, daß sich das deutsche Woll seines Rechtes be¬
wußt, von seinem Rechte durchdrungen war, desgleichen auch von seiner Pflicht,
nicht weiter zu gehen, als die von ihm angenommenen Richtlinien des Wllfon-
programmes es erforderten.

Hierin liegt der springende Punkt. Es wäre verdammt verfehlt, sich in die
Brust zu werfen und mit dem Gefühl zur Ruhe zu, gehen, wir könnten alles er¬
reichen, wenn wir nur geschlossen unseren Willen zeigten. Bauen wir nicht —
auch das können wir aus der Erklärung Erzbergers ersehen — auf Meinungs¬
verschiedenheiten der Feinde, auf die Wirrungen in der allgemeinen politischen
Lage, vertrauen wir einzig und allein auf unser Recht, vergessen wir dabei aber
nicht, daß unserem Recht die Pflicht die Wage hält, die Verpflichtung, das zu er¬
fülle», was -wir durch Annahme des Wilson-Programms versprochen haben.

Das ist eine recht ernste Sache. Sie ist doppelt ernst für die Bevölkerung
der Ostmark. res »situm! Es geht um unsere Zukunft. Danzig — Brom¬
berg — Posen; leicht schreibt die Feder diese Worte nebeneinander, doch welche
Brücke müssen sich die Gedanken haim. um das. was hinter den drei Raum
steckt, unter einem einheitlichen Gesichtspunkt zu begreifen! Gibt die Annahme
der Wilsonschen Punkte uns das Recht, neben Westpreußen auch Posen deutsch
erhalten zu können?

Das deutsche Volk hat umgelernt im Wollen und Handeln: auch die
deutsche Bevölkerung der Ostmark weiß sich jetzt frei von den Sünden der Ver¬
gangenheit, von den Ausgeburten eines überspannten Nationalismus. Nicht
eigennützige Interessen, nicht eine Vormachtstellung auf Kosten der polnischen
Volksgenossen erstreben wir, sondlern Gerechtigkeit. Gerechtigkeit ist aber der
Grundsatz des Wilsouprogrammes. Gerechtigkeit für Polen und Deutsche.

Das ist der Boden, auf dem wir stehe» müssen, den wir nicht verlassen
dürfen, wenn es gilt, unsere Ansprüche vor dem Forum der öffentlichen Mei¬
nung, vor der Friedenskonferenz zu verteidigen. Auch unsere Stimme muß ge¬
hört' werden, das verlangt die Gerechtigkeit, auch -wir dürfen uns der gleichen
Argumente bedienen wie die Polen, das verlangt gleichfalls die Gerechtigkeit.
Der Spruch der Weltgeschichte — die Polen .berufen sich ja mit Vorliebe auf
„historische Gerechtigkeit" — spricht auch zu unseren Gunsten, auch das deutsche
Volk hat Anspruch' auf Berücksichtigung seiner Lebensinteressen ebenso wie die
Polen: und schließlich noch eins, wenn Polen Gebiete mit unzweifelhaft deutscher
Volksmehrheit aus Gründen der Gerechtigkeit und Lebensnotwendigkeit für sich
beanspruchen darf, ist es uns dlemm versagt, das Gleiche bezüglich gemischter
Teile mit polnischer Mehrheit zu verlangen? Ist das eine berechtigt, das andere
hakatistifch?

Wilsons Theorie ist mit Nichten, wie manche meinen, zu gewaltig, um in
die rauhe Wirklichkeit umgesetzt zu werden; es ist unrichtig, daß sie einen starke!!
Kompromiß mit der Forderung praktischer Ausführbarkeit machen mußte, sie läßt
sich verwirklichen — allerdings, sie läßt sich auch .vergewaltigen, wenn nur eine
Partei zu Worte und 'Gehör kommen darf.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/86>, abgerufen am 16.05.2024.