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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.

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Vücherschau

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Bismarck ° Erinnerungen des Staats¬
ministers Freiherr" Lucius von Balk¬
hausen. Mit einem Bildnis in.d einem
Faksimile. Stuttgart und Berlin 19S0,
I. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger.
XII und 689 Seiten.

Die auf Grund von anscheinend sehr sorg¬
fältigen Tagebuchaufzeichnungen bald nach
Bismarcks Tod niedergesehriebenen Erinne¬
rungen deS freikonservativen Abgeordneten
und späteren Lnndwirtschaftsministers Lucius
aus den Jahren 137S bis 1890 bilden
zweifellos eine wertvolle Geschichtsquelle.
Sie stürzen zwar unsere bisherige Auffassung
von den Dingen nirgends um, bestätigen sie
vielmehr in allem Wesentlichen, aber sie fügen
doch manchen neuen und bezeichnenden Zug
hinzu, vor allem zum Charakterbilde Bismarcks,
dessen gewaltige Erscheinung diese Erinnerungen
beherrscht. Auch auf die andern handelnden
Personen dieser Periode fallen interessante
Streiflichter; um so stärker fällt ins Gewicht,
daß ein Register, das diese Schätze erst hätte
recht zugänglich machen können, fehlt.

Auf Einzelheiten kann hier natürlich nicht
eingegangen werden. Ich mochte nur die
Gelegenheit benutzen, einen kurzen Nachtrag
zu meinem in Ur. 14 dieses Jahrgangs ver¬
öffentlichten Aufsatz über Bismarcks Entlassung
zu geben. Die von mir dort nur gestreifte
Frage, warum Bismarck im Januar 1890
nichts getan habe, um das Sozialistengesetz
im Reichstag durchzubringen, kann jetzt auf
breiterer Grundlage beantwortet werden.
H. Delbrück hatte gemeint, aus Bismarcks
Verhalten auf Konfliktsabsichten schlichen zu
dürfen. Aus den Erinnerungen von Lucius
sehen wir, daß Bismarck häufig unmutige
Äußerungen getan, mit Reichstagsauflösungen
gedroht und von der Notwendigkeit einer
Wahlrechtsänderung gesprochen hat. Wäre
der Thronwechsel ein Paar Jahre früher
erfolgt und wär" Bismarck etwa 1834 ent¬
lasten worden, so könnte auf Grund der von
Lucius S. 280 und 307 berichteten Äußerungen
"iSmarcks auch für 1334 ein Staatsstreich-
Plan konstruiert werden. So falsch e" wäre,
Bismarck allzu harmlos auf,ufassen und da"

[Spaltenumbruch]

Unruhige, Gewalttätige, Dämonische seines
Wesens zu vertuschen, ebenso falsch ist es,
ihn auf einzelne Worte festzulegen.

F. Härtung.
Kommentar zum Gesetz über eine KriegS-
avgabe vom Bermögenszuwachs und zum
Gesetz über eine außerordentliche Kriegs¬
abgabe für das Rechnungsjahr 1919 vo"r
10. September 1919 von or. jur. Georg
Strutz. Senatspräsident des Neichsfinanz-
hofs. XXIII und 648 Seiten. Berlin
1920. Verlag von Otto Liebmann. Preis
M. 66.--, gebunden M. 66.--.

Der zur Besprechung vorliegende große
Kommentar stellt den ersten Band des im
rühmlich bekannten Otto Liebmann schen Ver¬
lage erscheinenden umfangreichen Sammel¬
werkes "Die deutschen Finanz- und Steuer¬
gesetze in Einzelkommentaren" dar, das unter
Leitung des Reichsministers a. D. Schiffer
herausgegeben wird. Strutz, dessen ausg?
zeichnete frühere Kommentierungsarbeiten
allgemein bekannt und geschätzt sind, hat mit
diesem neuen Werke allen Behörden und
Steuerinteressenten ein wertvolles Geschenk
gemacht, die Wissenschaft bereichert und seinen
hohen Ruf als hervorragender Sachkenner
und als Kommentator von seltenem systematischen
Geschick und erschöpfender Gründlichkeit bestens
bewährt. Ein Führer und Berater durch die
infolge der überhasteten Steuergesetzgebung des
republikanischen Deutschland mit zahllosen
Fehlern und Unklarheiten und Widersprüchen
geborenen Finanzgesetze tut bitter not. Die
amtliche Begründung der Gesetzentwürfe bietet
wenig Unterlagen für die Erkenntnis des
vielfach zweideutigen, mitunter völlig ^
dunkeln gelassenen Gesetzgcberwillens, sehnst'
liebe Berichte über die Ausschußberatung dieser
Gesetze fehlen gänzlich, die Besprechungen in
der Nationalversammlung blieben durchaus an
der Oberfläche und die Ausführungsbestimnmn-
gen und Vollzugsanweisungen haben für die
Auslegung eines Gesetzes immer nur be¬
schränkte Bedeutung. So war die Ausgab"
des Kommentators hier eine besonder-
schwierige. Strutz hat sie glänzend gelöst,

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Bücherschau

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Bismarck ° Erinnerungen des Staats¬
ministers Freiherr« Lucius von Balk¬
hausen. Mit einem Bildnis in.d einem
Faksimile. Stuttgart und Berlin 19S0,
I. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger.
XII und 689 Seiten.

Die auf Grund von anscheinend sehr sorg¬
fältigen Tagebuchaufzeichnungen bald nach
Bismarcks Tod niedergesehriebenen Erinne¬
rungen deS freikonservativen Abgeordneten
und späteren Lnndwirtschaftsministers Lucius
aus den Jahren 137S bis 1890 bilden
zweifellos eine wertvolle Geschichtsquelle.
Sie stürzen zwar unsere bisherige Auffassung
von den Dingen nirgends um, bestätigen sie
vielmehr in allem Wesentlichen, aber sie fügen
doch manchen neuen und bezeichnenden Zug
hinzu, vor allem zum Charakterbilde Bismarcks,
dessen gewaltige Erscheinung diese Erinnerungen
beherrscht. Auch auf die andern handelnden
Personen dieser Periode fallen interessante
Streiflichter; um so stärker fällt ins Gewicht,
daß ein Register, das diese Schätze erst hätte
recht zugänglich machen können, fehlt.

Auf Einzelheiten kann hier natürlich nicht
eingegangen werden. Ich mochte nur die
Gelegenheit benutzen, einen kurzen Nachtrag
zu meinem in Ur. 14 dieses Jahrgangs ver¬
öffentlichten Aufsatz über Bismarcks Entlassung
zu geben. Die von mir dort nur gestreifte
Frage, warum Bismarck im Januar 1890
nichts getan habe, um das Sozialistengesetz
im Reichstag durchzubringen, kann jetzt auf
breiterer Grundlage beantwortet werden.
H. Delbrück hatte gemeint, aus Bismarcks
Verhalten auf Konfliktsabsichten schlichen zu
dürfen. Aus den Erinnerungen von Lucius
sehen wir, daß Bismarck häufig unmutige
Äußerungen getan, mit Reichstagsauflösungen
gedroht und von der Notwendigkeit einer
Wahlrechtsänderung gesprochen hat. Wäre
der Thronwechsel ein Paar Jahre früher
erfolgt und wär« Bismarck etwa 1834 ent¬
lasten worden, so könnte auf Grund der von
Lucius S. 280 und 307 berichteten Äußerungen
»iSmarcks auch für 1334 ein Staatsstreich-
Plan konstruiert werden. So falsch e» wäre,
Bismarck allzu harmlos auf,ufassen und da»

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Unruhige, Gewalttätige, Dämonische seines
Wesens zu vertuschen, ebenso falsch ist es,
ihn auf einzelne Worte festzulegen.

F. Härtung.
Kommentar zum Gesetz über eine KriegS-
avgabe vom Bermögenszuwachs und zum
Gesetz über eine außerordentliche Kriegs¬
abgabe für das Rechnungsjahr 1919 vo«r
10. September 1919 von or. jur. Georg
Strutz. Senatspräsident des Neichsfinanz-
hofs. XXIII und 648 Seiten. Berlin
1920. Verlag von Otto Liebmann. Preis
M. 66.—, gebunden M. 66.—.

Der zur Besprechung vorliegende große
Kommentar stellt den ersten Band des im
rühmlich bekannten Otto Liebmann schen Ver¬
lage erscheinenden umfangreichen Sammel¬
werkes „Die deutschen Finanz- und Steuer¬
gesetze in Einzelkommentaren" dar, das unter
Leitung des Reichsministers a. D. Schiffer
herausgegeben wird. Strutz, dessen ausg?
zeichnete frühere Kommentierungsarbeiten
allgemein bekannt und geschätzt sind, hat mit
diesem neuen Werke allen Behörden und
Steuerinteressenten ein wertvolles Geschenk
gemacht, die Wissenschaft bereichert und seinen
hohen Ruf als hervorragender Sachkenner
und als Kommentator von seltenem systematischen
Geschick und erschöpfender Gründlichkeit bestens
bewährt. Ein Führer und Berater durch die
infolge der überhasteten Steuergesetzgebung des
republikanischen Deutschland mit zahllosen
Fehlern und Unklarheiten und Widersprüchen
geborenen Finanzgesetze tut bitter not. Die
amtliche Begründung der Gesetzentwürfe bietet
wenig Unterlagen für die Erkenntnis des
vielfach zweideutigen, mitunter völlig ^
dunkeln gelassenen Gesetzgcberwillens, sehnst'
liebe Berichte über die Ausschußberatung dieser
Gesetze fehlen gänzlich, die Besprechungen in
der Nationalversammlung blieben durchaus an
der Oberfläche und die Ausführungsbestimnmn-
gen und Vollzugsanweisungen haben für die
Auslegung eines Gesetzes immer nur be¬
schränkte Bedeutung. So war die Ausgab«
des Kommentators hier eine besonder-
schwierige. Strutz hat sie glänzend gelöst,

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[0100] Bücherschau Vücherschau Bismarck ° Erinnerungen des Staats¬ ministers Freiherr« Lucius von Balk¬ hausen. Mit einem Bildnis in.d einem Faksimile. Stuttgart und Berlin 19S0, I. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger. XII und 689 Seiten. Die auf Grund von anscheinend sehr sorg¬ fältigen Tagebuchaufzeichnungen bald nach Bismarcks Tod niedergesehriebenen Erinne¬ rungen deS freikonservativen Abgeordneten und späteren Lnndwirtschaftsministers Lucius aus den Jahren 137S bis 1890 bilden zweifellos eine wertvolle Geschichtsquelle. Sie stürzen zwar unsere bisherige Auffassung von den Dingen nirgends um, bestätigen sie vielmehr in allem Wesentlichen, aber sie fügen doch manchen neuen und bezeichnenden Zug hinzu, vor allem zum Charakterbilde Bismarcks, dessen gewaltige Erscheinung diese Erinnerungen beherrscht. Auch auf die andern handelnden Personen dieser Periode fallen interessante Streiflichter; um so stärker fällt ins Gewicht, daß ein Register, das diese Schätze erst hätte recht zugänglich machen können, fehlt. Auf Einzelheiten kann hier natürlich nicht eingegangen werden. Ich mochte nur die Gelegenheit benutzen, einen kurzen Nachtrag zu meinem in Ur. 14 dieses Jahrgangs ver¬ öffentlichten Aufsatz über Bismarcks Entlassung zu geben. Die von mir dort nur gestreifte Frage, warum Bismarck im Januar 1890 nichts getan habe, um das Sozialistengesetz im Reichstag durchzubringen, kann jetzt auf breiterer Grundlage beantwortet werden. H. Delbrück hatte gemeint, aus Bismarcks Verhalten auf Konfliktsabsichten schlichen zu dürfen. Aus den Erinnerungen von Lucius sehen wir, daß Bismarck häufig unmutige Äußerungen getan, mit Reichstagsauflösungen gedroht und von der Notwendigkeit einer Wahlrechtsänderung gesprochen hat. Wäre der Thronwechsel ein Paar Jahre früher erfolgt und wär« Bismarck etwa 1834 ent¬ lasten worden, so könnte auf Grund der von Lucius S. 280 und 307 berichteten Äußerungen »iSmarcks auch für 1334 ein Staatsstreich- Plan konstruiert werden. So falsch e» wäre, Bismarck allzu harmlos auf,ufassen und da» Unruhige, Gewalttätige, Dämonische seines Wesens zu vertuschen, ebenso falsch ist es, ihn auf einzelne Worte festzulegen. F. Härtung. Kommentar zum Gesetz über eine KriegS- avgabe vom Bermögenszuwachs und zum Gesetz über eine außerordentliche Kriegs¬ abgabe für das Rechnungsjahr 1919 vo«r 10. September 1919 von or. jur. Georg Strutz. Senatspräsident des Neichsfinanz- hofs. XXIII und 648 Seiten. Berlin 1920. Verlag von Otto Liebmann. Preis M. 66.—, gebunden M. 66.—. Der zur Besprechung vorliegende große Kommentar stellt den ersten Band des im rühmlich bekannten Otto Liebmann schen Ver¬ lage erscheinenden umfangreichen Sammel¬ werkes „Die deutschen Finanz- und Steuer¬ gesetze in Einzelkommentaren" dar, das unter Leitung des Reichsministers a. D. Schiffer herausgegeben wird. Strutz, dessen ausg? zeichnete frühere Kommentierungsarbeiten allgemein bekannt und geschätzt sind, hat mit diesem neuen Werke allen Behörden und Steuerinteressenten ein wertvolles Geschenk gemacht, die Wissenschaft bereichert und seinen hohen Ruf als hervorragender Sachkenner und als Kommentator von seltenem systematischen Geschick und erschöpfender Gründlichkeit bestens bewährt. Ein Führer und Berater durch die infolge der überhasteten Steuergesetzgebung des republikanischen Deutschland mit zahllosen Fehlern und Unklarheiten und Widersprüchen geborenen Finanzgesetze tut bitter not. Die amtliche Begründung der Gesetzentwürfe bietet wenig Unterlagen für die Erkenntnis des vielfach zweideutigen, mitunter völlig ^ dunkeln gelassenen Gesetzgcberwillens, sehnst' liebe Berichte über die Ausschußberatung dieser Gesetze fehlen gänzlich, die Besprechungen in der Nationalversammlung blieben durchaus an der Oberfläche und die Ausführungsbestimnmn- gen und Vollzugsanweisungen haben für die Auslegung eines Gesetzes immer nur be¬ schränkte Bedeutung. So war die Ausgab« des Kommentators hier eine besonder- schwierige. Strutz hat sie glänzend gelöst,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_338022/100>, abgerufen am 01.05.2024.