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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.

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Wohltäter der Menschheit

Politik Frankreichs organisch einfügen würde. Denn während die englische Politik
unverkennbar darauf ausgeht, mit Hilfe der Völkerbundsorganisation als Gegen¬
gewicht zu Amerika den er sich einheitlichen gesamteuropäischen Staatenbund zu¬
sammenzubringen, der, ohne in inneren Reibungen Kräfte zu verlieren, als
geschlossener, von England beherrschter Organismus möglichst rasch wieder ge¬
sundet, während also England im eigensten Interesse gezwungen ist, vorläufig
eine bis zu gewissen Grenzen altruistische Politik zu betreiben, geht das Bestreben
Frankreichs deutlich auf Befestigung einer unumschränkten Vormachtstellung in
Europa, ohne daß ihm an der Gesundung Europas das geringste gelegen wäre.
Englands Stärke ist Europas Stärke, Frankreichs Stärke soll auf Frankreich
(und seinen Alliancen) allein beruhen, Frankreich hat, was seine Annäherung an
Amerika beweist, kein europäisches Gemeinschaftsgefühl, kann es auch vielleicht
nicht haben, da es zum Festland, anders als das isolierte England, keine Distanz
gewinnen kann. Aber es ist möglich, daß die Geste der Ruhrgebietbesetzung nötig
ist, damit die Völker diesen Unterschied erkennen, damit ein europäisches Bewußt¬
sein sich gegen Frankreich wende. Die nächsten Monate werden erweisen, ob
Europa reif zum Untergange, zur amerikanischen Kolonie ist oder ob es aus sich
die Kraft hervorbringen kann, als geschlossener Erdteil den anderen Erdteilen
Menenius. die Wage zu halten.




Wohltäter der Menschheit
Die verhaßte Würgekrankheit heilen
Sklarz und Fricdmann, aber gründlich, nun,
Sie sind Philantropen und beeilen
Sich, der armen Menschheit wohlzutun.
Ein ergib'ges Feld, das sie beackern!
Wer die Schwindsucht aus dem Felde schlägt,
Macht sich selbst gesund. An diesen Wackern
Sieht man klar, daß Wohltun Zinsen trägt.
Sklarz, der stets Bescheidene, nimmt ein Drittel
Vom Erlös, und ist nicht dran erkrankt,
Während Frieomann dem erlauchten Mittel
Neue Mittel, und nicht knapp, verdankt.
Wundertät'ges Mittel! Reichen Segen
Spendet es dem hochbeglückter Haus.
Wenn sich solche zwei ins Mittel legen,
Bleibt die Wirkung (für sie selbst) nicht aus.
Noch an ihrem Bruderzwiste sieht man,
Wie der Baum der Heilkunst golden harzt
Und hübsch Moos ansetzt, bis der Profitmann
Ganz verfriedmannt, und der Arzt versklarzt.
Wahre Wissenschaft bringt hohe Renten,
Wer sich ihr ergibt, ist wohl ernährt.
Fromm ergeben zahlen die Patienten,
Weil ?Ätientia nostrg, ewig währt.

Pandur.


Wohltäter der Menschheit

Politik Frankreichs organisch einfügen würde. Denn während die englische Politik
unverkennbar darauf ausgeht, mit Hilfe der Völkerbundsorganisation als Gegen¬
gewicht zu Amerika den er sich einheitlichen gesamteuropäischen Staatenbund zu¬
sammenzubringen, der, ohne in inneren Reibungen Kräfte zu verlieren, als
geschlossener, von England beherrschter Organismus möglichst rasch wieder ge¬
sundet, während also England im eigensten Interesse gezwungen ist, vorläufig
eine bis zu gewissen Grenzen altruistische Politik zu betreiben, geht das Bestreben
Frankreichs deutlich auf Befestigung einer unumschränkten Vormachtstellung in
Europa, ohne daß ihm an der Gesundung Europas das geringste gelegen wäre.
Englands Stärke ist Europas Stärke, Frankreichs Stärke soll auf Frankreich
(und seinen Alliancen) allein beruhen, Frankreich hat, was seine Annäherung an
Amerika beweist, kein europäisches Gemeinschaftsgefühl, kann es auch vielleicht
nicht haben, da es zum Festland, anders als das isolierte England, keine Distanz
gewinnen kann. Aber es ist möglich, daß die Geste der Ruhrgebietbesetzung nötig
ist, damit die Völker diesen Unterschied erkennen, damit ein europäisches Bewußt¬
sein sich gegen Frankreich wende. Die nächsten Monate werden erweisen, ob
Europa reif zum Untergange, zur amerikanischen Kolonie ist oder ob es aus sich
die Kraft hervorbringen kann, als geschlossener Erdteil den anderen Erdteilen
Menenius. die Wage zu halten.




Wohltäter der Menschheit
Die verhaßte Würgekrankheit heilen
Sklarz und Fricdmann, aber gründlich, nun,
Sie sind Philantropen und beeilen
Sich, der armen Menschheit wohlzutun.
Ein ergib'ges Feld, das sie beackern!
Wer die Schwindsucht aus dem Felde schlägt,
Macht sich selbst gesund. An diesen Wackern
Sieht man klar, daß Wohltun Zinsen trägt.
Sklarz, der stets Bescheidene, nimmt ein Drittel
Vom Erlös, und ist nicht dran erkrankt,
Während Frieomann dem erlauchten Mittel
Neue Mittel, und nicht knapp, verdankt.
Wundertät'ges Mittel! Reichen Segen
Spendet es dem hochbeglückter Haus.
Wenn sich solche zwei ins Mittel legen,
Bleibt die Wirkung (für sie selbst) nicht aus.
Noch an ihrem Bruderzwiste sieht man,
Wie der Baum der Heilkunst golden harzt
Und hübsch Moos ansetzt, bis der Profitmann
Ganz verfriedmannt, und der Arzt versklarzt.
Wahre Wissenschaft bringt hohe Renten,
Wer sich ihr ergibt, ist wohl ernährt.
Fromm ergeben zahlen die Patienten,
Weil ?Ätientia nostrg, ewig währt.

Pandur.


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[0182] Wohltäter der Menschheit Politik Frankreichs organisch einfügen würde. Denn während die englische Politik unverkennbar darauf ausgeht, mit Hilfe der Völkerbundsorganisation als Gegen¬ gewicht zu Amerika den er sich einheitlichen gesamteuropäischen Staatenbund zu¬ sammenzubringen, der, ohne in inneren Reibungen Kräfte zu verlieren, als geschlossener, von England beherrschter Organismus möglichst rasch wieder ge¬ sundet, während also England im eigensten Interesse gezwungen ist, vorläufig eine bis zu gewissen Grenzen altruistische Politik zu betreiben, geht das Bestreben Frankreichs deutlich auf Befestigung einer unumschränkten Vormachtstellung in Europa, ohne daß ihm an der Gesundung Europas das geringste gelegen wäre. Englands Stärke ist Europas Stärke, Frankreichs Stärke soll auf Frankreich (und seinen Alliancen) allein beruhen, Frankreich hat, was seine Annäherung an Amerika beweist, kein europäisches Gemeinschaftsgefühl, kann es auch vielleicht nicht haben, da es zum Festland, anders als das isolierte England, keine Distanz gewinnen kann. Aber es ist möglich, daß die Geste der Ruhrgebietbesetzung nötig ist, damit die Völker diesen Unterschied erkennen, damit ein europäisches Bewußt¬ sein sich gegen Frankreich wende. Die nächsten Monate werden erweisen, ob Europa reif zum Untergange, zur amerikanischen Kolonie ist oder ob es aus sich die Kraft hervorbringen kann, als geschlossener Erdteil den anderen Erdteilen Menenius. die Wage zu halten. Wohltäter der Menschheit Die verhaßte Würgekrankheit heilen Sklarz und Fricdmann, aber gründlich, nun, Sie sind Philantropen und beeilen Sich, der armen Menschheit wohlzutun. Ein ergib'ges Feld, das sie beackern! Wer die Schwindsucht aus dem Felde schlägt, Macht sich selbst gesund. An diesen Wackern Sieht man klar, daß Wohltun Zinsen trägt. Sklarz, der stets Bescheidene, nimmt ein Drittel Vom Erlös, und ist nicht dran erkrankt, Während Frieomann dem erlauchten Mittel Neue Mittel, und nicht knapp, verdankt. Wundertät'ges Mittel! Reichen Segen Spendet es dem hochbeglückter Haus. Wenn sich solche zwei ins Mittel legen, Bleibt die Wirkung (für sie selbst) nicht aus. Noch an ihrem Bruderzwiste sieht man, Wie der Baum der Heilkunst golden harzt Und hübsch Moos ansetzt, bis der Profitmann Ganz verfriedmannt, und der Arzt versklarzt. Wahre Wissenschaft bringt hohe Renten, Wer sich ihr ergibt, ist wohl ernährt. Fromm ergeben zahlen die Patienten, Weil ?Ätientia nostrg, ewig währt. Pandur.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_338022/182>, abgerufen am 01.05.2024.