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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.

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Die Großmächte und die Weltkrise

Japan aber würde von dein unabhängigen Südafrika sofort die Zulassung der
japanischen Einwanderung fordern, die heute untersagt ist.

Die militärische und maritime Macht Südafrikas ist sehr gering, und wird "s
"och geraume Zeit bleiben. Die Zugehörigkeit zum britischen Reiche bietet die beste
Sicherheit für die Verteidigung, ohne dem Land nennenswerte Lasten aufzuerlegen;
im Gegenteil, der englische Flottenstützpunkt am Kap und die wenn auch kleinen
englischen Garnisonen in Südafrika bilden eine nicht unerhebliche Einnahmequelle
Kr das Land.

Man muß auch billigerweise zugeben, daß Großbritannien es sorgfältig ver¬
meidet, in die inneren Verhältnisse der Union diktatorisch dreinzureden; es findet
sich sogar mit Gesetzen und Maßnahmen ab, die seinen Interessen zuwiderlaufen.
So zum Beispiel ist ihm das Verbot der Einwanderung der Inder sehr unangenehm,
und es hat sich früher eine solche Maßnahme von seiten des unabhängigen Trans¬
vaal nicht bieten lassen, so daß man sagen kann, die Buren seien heute unabhängiger
von Großbritannien als zur Zeit, als sie noch freie Republiken besaßen.

Auch General Hertzog würde sich wohl, wenn seine Partei ans Ruder käme,
Erwägungen dieser Art nicht verschließen. Er würde zwar jedenfalls bestrebt sein,
ein recht weites Maß von Unabhängigkeit von England durchzusetzen, er würde de"
südafrikanischen Standpunkt stark vertreten und die Interessen des britischen Reiches
hintunsetzen: er dürfte aber kaum so weit gehen, die völlige Unabhängigkeit der
Union zu proklamieren und damit eine innere und äußere Krise heraufzubeschwören,
bie für sein Land verderblich werden könnte.




Die Großmächte und die Weltkrise^)
Friedrich von Berthelsdorfer von

n seinem schweren Schicksal ringt das deutsche Volk nach Auf¬
klärung über die Gründe, die den furchtbaren Zusammenbruch
herbeiführten, über die Zusammenhänge, die die Not der Zeit
verursachen, um auf solcher Erkenntnis den Weg zum Wieder¬
aufbau und zur Zukunft zu finden. In Memoirenwerken haben
an leitender Stelle stehende Persönlichkeiten, vom Standpunkt der Weltanschauung
und der Partei aus, Politiker und Philosophen die Gründe des Unglücks darzu¬
legen gesucht. Die Kritik der wirtschaftlichen Bestimmungen des Friedens¬
vertrages durch Kehnes hat die ganze Welt auf furchtbare Gefahren für Europa
hingewiesen. Aber sür Kcynes scheint es doch eine feststehende Grundtmsache,
daß der Krieg und seine Entwicklung zu einem schonungsloser Kampf um Sieg
"der Niederlage Deutschland zur Last zu legen ist, die Zusammenhänge werden



*) Die Großmächte und die Weltkrise. Von R. Kjellen. Verlag B. G. Xeubner,
Leipzig-Berlin.
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Die Großmächte und die Weltkrise

Japan aber würde von dein unabhängigen Südafrika sofort die Zulassung der
japanischen Einwanderung fordern, die heute untersagt ist.

Die militärische und maritime Macht Südafrikas ist sehr gering, und wird «s
«och geraume Zeit bleiben. Die Zugehörigkeit zum britischen Reiche bietet die beste
Sicherheit für die Verteidigung, ohne dem Land nennenswerte Lasten aufzuerlegen;
im Gegenteil, der englische Flottenstützpunkt am Kap und die wenn auch kleinen
englischen Garnisonen in Südafrika bilden eine nicht unerhebliche Einnahmequelle
Kr das Land.

Man muß auch billigerweise zugeben, daß Großbritannien es sorgfältig ver¬
meidet, in die inneren Verhältnisse der Union diktatorisch dreinzureden; es findet
sich sogar mit Gesetzen und Maßnahmen ab, die seinen Interessen zuwiderlaufen.
So zum Beispiel ist ihm das Verbot der Einwanderung der Inder sehr unangenehm,
und es hat sich früher eine solche Maßnahme von seiten des unabhängigen Trans¬
vaal nicht bieten lassen, so daß man sagen kann, die Buren seien heute unabhängiger
von Großbritannien als zur Zeit, als sie noch freie Republiken besaßen.

Auch General Hertzog würde sich wohl, wenn seine Partei ans Ruder käme,
Erwägungen dieser Art nicht verschließen. Er würde zwar jedenfalls bestrebt sein,
ein recht weites Maß von Unabhängigkeit von England durchzusetzen, er würde de«
südafrikanischen Standpunkt stark vertreten und die Interessen des britischen Reiches
hintunsetzen: er dürfte aber kaum so weit gehen, die völlige Unabhängigkeit der
Union zu proklamieren und damit eine innere und äußere Krise heraufzubeschwören,
bie für sein Land verderblich werden könnte.




Die Großmächte und die Weltkrise^)
Friedrich von Berthelsdorfer von

n seinem schweren Schicksal ringt das deutsche Volk nach Auf¬
klärung über die Gründe, die den furchtbaren Zusammenbruch
herbeiführten, über die Zusammenhänge, die die Not der Zeit
verursachen, um auf solcher Erkenntnis den Weg zum Wieder¬
aufbau und zur Zukunft zu finden. In Memoirenwerken haben
an leitender Stelle stehende Persönlichkeiten, vom Standpunkt der Weltanschauung
und der Partei aus, Politiker und Philosophen die Gründe des Unglücks darzu¬
legen gesucht. Die Kritik der wirtschaftlichen Bestimmungen des Friedens¬
vertrages durch Kehnes hat die ganze Welt auf furchtbare Gefahren für Europa
hingewiesen. Aber sür Kcynes scheint es doch eine feststehende Grundtmsache,
daß der Krieg und seine Entwicklung zu einem schonungsloser Kampf um Sieg
«der Niederlage Deutschland zur Last zu legen ist, die Zusammenhänge werden



*) Die Großmächte und die Weltkrise. Von R. Kjellen. Verlag B. G. Xeubner,
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[0339] Die Großmächte und die Weltkrise Japan aber würde von dein unabhängigen Südafrika sofort die Zulassung der japanischen Einwanderung fordern, die heute untersagt ist. Die militärische und maritime Macht Südafrikas ist sehr gering, und wird «s «och geraume Zeit bleiben. Die Zugehörigkeit zum britischen Reiche bietet die beste Sicherheit für die Verteidigung, ohne dem Land nennenswerte Lasten aufzuerlegen; im Gegenteil, der englische Flottenstützpunkt am Kap und die wenn auch kleinen englischen Garnisonen in Südafrika bilden eine nicht unerhebliche Einnahmequelle Kr das Land. Man muß auch billigerweise zugeben, daß Großbritannien es sorgfältig ver¬ meidet, in die inneren Verhältnisse der Union diktatorisch dreinzureden; es findet sich sogar mit Gesetzen und Maßnahmen ab, die seinen Interessen zuwiderlaufen. So zum Beispiel ist ihm das Verbot der Einwanderung der Inder sehr unangenehm, und es hat sich früher eine solche Maßnahme von seiten des unabhängigen Trans¬ vaal nicht bieten lassen, so daß man sagen kann, die Buren seien heute unabhängiger von Großbritannien als zur Zeit, als sie noch freie Republiken besaßen. Auch General Hertzog würde sich wohl, wenn seine Partei ans Ruder käme, Erwägungen dieser Art nicht verschließen. Er würde zwar jedenfalls bestrebt sein, ein recht weites Maß von Unabhängigkeit von England durchzusetzen, er würde de« südafrikanischen Standpunkt stark vertreten und die Interessen des britischen Reiches hintunsetzen: er dürfte aber kaum so weit gehen, die völlige Unabhängigkeit der Union zu proklamieren und damit eine innere und äußere Krise heraufzubeschwören, bie für sein Land verderblich werden könnte. Die Großmächte und die Weltkrise^) Friedrich von Berthelsdorfer von n seinem schweren Schicksal ringt das deutsche Volk nach Auf¬ klärung über die Gründe, die den furchtbaren Zusammenbruch herbeiführten, über die Zusammenhänge, die die Not der Zeit verursachen, um auf solcher Erkenntnis den Weg zum Wieder¬ aufbau und zur Zukunft zu finden. In Memoirenwerken haben an leitender Stelle stehende Persönlichkeiten, vom Standpunkt der Weltanschauung und der Partei aus, Politiker und Philosophen die Gründe des Unglücks darzu¬ legen gesucht. Die Kritik der wirtschaftlichen Bestimmungen des Friedens¬ vertrages durch Kehnes hat die ganze Welt auf furchtbare Gefahren für Europa hingewiesen. Aber sür Kcynes scheint es doch eine feststehende Grundtmsache, daß der Krieg und seine Entwicklung zu einem schonungsloser Kampf um Sieg «der Niederlage Deutschland zur Last zu legen ist, die Zusammenhänge werden *) Die Großmächte und die Weltkrise. Von R. Kjellen. Verlag B. G. Xeubner, Leipzig-Berlin. 19*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_338022/339>, abgerufen am 01.05.2024.