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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.

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tätigen Energien treibt. Der Reichsverband
Ostschutz war zunächst eine Vereinigung von
verschiedenen Verbänden, die erst später durch
Ortsgruppen im Reich einen weiteren Hinter¬
grund und Aufnahmeboden fand. Dem¬
gegenüber wurde der Heimatbund Posener
Flüchtlinge, wie schon sein Name sagt, von
ostmärkischen Flüchtlingen gegründet, die vor
dem Frieden von Versailles noch an die
Wiedererlangung ihrer Heimat glaubten,
später aber zur Vertretung ihrer gemeinsamen
Interessen zusammenstanden. Der Deutsche
Ostbund führt beide Gruppen in eine ge¬
meinsame Front. Zunächst hat er die
Forderungen der Flüchtlinge gegenüber dem
Staat zu vertreten, die rechtliche Lage ihrer
Verhältnisse und Ansprüche klarzustellen, neue
Wege zu finden für eine Betätigung in der
alten Heimat, und endlich soll der Deutsche
Ostbund durch seine auf das ganze Reichs¬
gebiet verstreuten Mitglieder der stille Mahner
sein, durch den die Heimatlosen dem deutschen
Volk die Probleme der Heimat überhaupt und
auch die Verpflichtung gegenüber der ver¬
lorenen Heimat jenseit? der Grenzen
nahelegen.

Die im Reichstag vollzogene Fusion be¬
deutet noch nicht die Sammlung aller Ost-
märker im Reiche. Es handelt sich in der
Hauptsache um die Flüchtlinge aus dem ehe¬
mals Preußischen Teilgebiet des Freistaates
Posen. Die übrigen Teile der von Grenzen
durchzogenen und auch volklich zerrissenen Ost¬
mark haben besondere Organisationen geschaffen,
die erfreulicherweise auch immermehr zu
gemeinsamer Arbeit geneigt sind. Als Kern¬
truppen sind zu bezeichnen: der neugegründete
Ncichsverband heimattreuer Ost- und West¬
preußen, die Vereinigten Verbände heimat¬
treuer Oberschlesier und die im Deutschen
Schutzbund vereinigten Heimatorganisationen
an der Grenze selbst. Alle diese Gruppen
sind bestrebt, gemeinsam mit dem Deutschen
Ostbunde auf neutralem Boden gleichlaufende
Richtlinien für ihre Organisation und den
Inhalt ihrer Arbeit aufzustellen. Die Leiter
dieser Gruppen vertreten das Ostkartell im
Deutschen Schutzbund und geben durch diese
Persönliche Fühlungnahme Zeugnis sür die
Geschlossenheit der Ostmarkenfront im Reich.
Die Bedeutung dieser Front kann nicht hoch

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genug eingeschätzt werden. Sie will in allen
Parteien und über allen Parteien wirksam
sein. Sie will zusammenschließen, weil hinter
ihr das Erlebnis der Zerrissenheit liegt. Sie
fordert, daß die Zwietracht im eigenen Hause
sich legt, solange vor den Toren das Wort
Friede noch Phrase bleibt.

Die Aufgaben des so gesehenen erweiterten
Deutschen Ostbundes gehen also weit über
seinen Satzungszwcck hinaus. Wenn es in
Deutschland nicht gelingt, eine öffentliche
Meinung zu schaffen, die sich für Flüchtlings¬
elend einsetzt und den Niederschlag eines echten
Mitgefühls für die unerhörte Bedrängnis
unserer deutschen Landesgenossen polnischer
Staatsangehörigkeit darstellt, dann sind alle
Proteste vergeblich, dann bleibt es bei den
Klagen, die bei der letzten großen Flüchtlings¬
tagung im Reichstag am 27. vorigen Monats
der Regierung entgegengehalten wurde. Das
Deutschtum in Polen, das systematisch aus¬
gerottet wird, dessen Glieder als Flüchtlinge
den Deutschen Ostbund mehr und mehr ver¬
stärken werden, soll durch diese Mobilisierung
der öffentlichen Meinung eine nachhaltige
Stütze in seinem schweren Kampf erfahren.
Selbstverständlich genügen zum Aufbau weder
Organisationen noch Massen. Sie sind nur
die Faktoren, mit denen der Politische Führer
sein Werk gestaltet. Der Deutsche Bund hatte
keinen Mangel an Köpfen, aber der große
Mann, der ihn auflöste, um seine Ziele zu
erfüllen, fehlte ihm ebenso, wie dem Deutschen
Ostbunde, von dem wir wünschen möchten, daß
diese eigenartige Flttchtlingsorganisatio", die
unter dem Ehrenvorsitz des größten Ostmärkers
Hindenburg steht, das Instrument eines großen
Ostpolitikers wird, der den hemmenden
Polnischen Korridor freimacht für deutsches
Heimatrecht und deutschen Lebenswillen.

Die Lage der Deutschen in der Slowakei.

Die Deutschen in fernem Außenkante, in fremden,
oft feindlich gesinnten Staaten, kämpfen zähe
um ihr Deutschtum. Besonders die neu¬
gebildeten Staaten konnten sich in der
Verfolgung und^in dem Hasse gegenüber den
Deutschen nicht genug tun. Sie wurden
französischer als die Franzosen und
deutschfeindlicher als Clemencea".
Es wäre wirklich der Mühe wert, die Leiden

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Drinnen und draußen

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tätigen Energien treibt. Der Reichsverband
Ostschutz war zunächst eine Vereinigung von
verschiedenen Verbänden, die erst später durch
Ortsgruppen im Reich einen weiteren Hinter¬
grund und Aufnahmeboden fand. Dem¬
gegenüber wurde der Heimatbund Posener
Flüchtlinge, wie schon sein Name sagt, von
ostmärkischen Flüchtlingen gegründet, die vor
dem Frieden von Versailles noch an die
Wiedererlangung ihrer Heimat glaubten,
später aber zur Vertretung ihrer gemeinsamen
Interessen zusammenstanden. Der Deutsche
Ostbund führt beide Gruppen in eine ge¬
meinsame Front. Zunächst hat er die
Forderungen der Flüchtlinge gegenüber dem
Staat zu vertreten, die rechtliche Lage ihrer
Verhältnisse und Ansprüche klarzustellen, neue
Wege zu finden für eine Betätigung in der
alten Heimat, und endlich soll der Deutsche
Ostbund durch seine auf das ganze Reichs¬
gebiet verstreuten Mitglieder der stille Mahner
sein, durch den die Heimatlosen dem deutschen
Volk die Probleme der Heimat überhaupt und
auch die Verpflichtung gegenüber der ver¬
lorenen Heimat jenseit? der Grenzen
nahelegen.

Die im Reichstag vollzogene Fusion be¬
deutet noch nicht die Sammlung aller Ost-
märker im Reiche. Es handelt sich in der
Hauptsache um die Flüchtlinge aus dem ehe¬
mals Preußischen Teilgebiet des Freistaates
Posen. Die übrigen Teile der von Grenzen
durchzogenen und auch volklich zerrissenen Ost¬
mark haben besondere Organisationen geschaffen,
die erfreulicherweise auch immermehr zu
gemeinsamer Arbeit geneigt sind. Als Kern¬
truppen sind zu bezeichnen: der neugegründete
Ncichsverband heimattreuer Ost- und West¬
preußen, die Vereinigten Verbände heimat¬
treuer Oberschlesier und die im Deutschen
Schutzbund vereinigten Heimatorganisationen
an der Grenze selbst. Alle diese Gruppen
sind bestrebt, gemeinsam mit dem Deutschen
Ostbunde auf neutralem Boden gleichlaufende
Richtlinien für ihre Organisation und den
Inhalt ihrer Arbeit aufzustellen. Die Leiter
dieser Gruppen vertreten das Ostkartell im
Deutschen Schutzbund und geben durch diese
Persönliche Fühlungnahme Zeugnis sür die
Geschlossenheit der Ostmarkenfront im Reich.
Die Bedeutung dieser Front kann nicht hoch

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genug eingeschätzt werden. Sie will in allen
Parteien und über allen Parteien wirksam
sein. Sie will zusammenschließen, weil hinter
ihr das Erlebnis der Zerrissenheit liegt. Sie
fordert, daß die Zwietracht im eigenen Hause
sich legt, solange vor den Toren das Wort
Friede noch Phrase bleibt.

Die Aufgaben des so gesehenen erweiterten
Deutschen Ostbundes gehen also weit über
seinen Satzungszwcck hinaus. Wenn es in
Deutschland nicht gelingt, eine öffentliche
Meinung zu schaffen, die sich für Flüchtlings¬
elend einsetzt und den Niederschlag eines echten
Mitgefühls für die unerhörte Bedrängnis
unserer deutschen Landesgenossen polnischer
Staatsangehörigkeit darstellt, dann sind alle
Proteste vergeblich, dann bleibt es bei den
Klagen, die bei der letzten großen Flüchtlings¬
tagung im Reichstag am 27. vorigen Monats
der Regierung entgegengehalten wurde. Das
Deutschtum in Polen, das systematisch aus¬
gerottet wird, dessen Glieder als Flüchtlinge
den Deutschen Ostbund mehr und mehr ver¬
stärken werden, soll durch diese Mobilisierung
der öffentlichen Meinung eine nachhaltige
Stütze in seinem schweren Kampf erfahren.
Selbstverständlich genügen zum Aufbau weder
Organisationen noch Massen. Sie sind nur
die Faktoren, mit denen der Politische Führer
sein Werk gestaltet. Der Deutsche Bund hatte
keinen Mangel an Köpfen, aber der große
Mann, der ihn auflöste, um seine Ziele zu
erfüllen, fehlte ihm ebenso, wie dem Deutschen
Ostbunde, von dem wir wünschen möchten, daß
diese eigenartige Flttchtlingsorganisatio», die
unter dem Ehrenvorsitz des größten Ostmärkers
Hindenburg steht, das Instrument eines großen
Ostpolitikers wird, der den hemmenden
Polnischen Korridor freimacht für deutsches
Heimatrecht und deutschen Lebenswillen.

Die Lage der Deutschen in der Slowakei.

Die Deutschen in fernem Außenkante, in fremden,
oft feindlich gesinnten Staaten, kämpfen zähe
um ihr Deutschtum. Besonders die neu¬
gebildeten Staaten konnten sich in der
Verfolgung und^in dem Hasse gegenüber den
Deutschen nicht genug tun. Sie wurden
französischer als die Franzosen und
deutschfeindlicher als Clemencea«.
Es wäre wirklich der Mühe wert, die Leiden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_338022/50>, abgerufen am 01.05.2024.