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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.

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Drinnen und draußen

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^eher Deutschen näher kennen zu lernen, denn
"icht nur in Deutschland, sondern auch außer¬
halb der Grenzen seines Stammlandcs besteht
letzt der Deutsche eine große und schwere
Prüfung.

Die Lage der Deutschen in der tschecho¬
slowakischen Republik ist nicht beneidens¬
wert. Ihr nationaler Kampf teilt sie in
drei Gruppen. Die Deutschböhmen, die
Deutschmähren und die Deutschen der Slowakei
impfen in drei getrennten Gruppen für ihre
Sprache und für ihr deutsches Nationalgefühl.
Die schwächste dieser Gruppen bilden die
Rutschen in Oberungarn, weil sie in zer¬
streuten und kleinen Sprachinseln, isoliert und
^"i auf sich' und ihre Ausdauer gestellt, um
^r Dasein arbeiten und kämpfen.

In der Geschichte des "gewesenen" Ungarn
haben die Deutschen Nordungarns eine
bedeutende und wichtige Rolle gespielt,
^e waren Lehrer und Erzieher aller Nationen
Ungarns. In dieser schweren Arbeit wurden
^ durch das immer zunehmende Slowaken-
^>n bedrängt und ihre Zahl verminderte sich
ieils durch die Expansion der Slowaken, teils
dadurch, daß die Auswanderung der Deutschen
'^es den ungarischen Gebieten eine sehr rege
wurde. Besonders die Zips überflutete mit
^ren hochbegabten und intelligenten Söhnen
le ungarischen' Städte. Die Folgen davon
waren jedoch, daß der Kraft-zustand ihrer
Heimatsstätte und -dörfcr geschwächt und sie
durch den lebhaften Verkehr mit den ungarischen
'-'andteilen der ungarischen Sprache zugänglicher
wurden. Sie behielten trotzdem ihre Sprache
und die traditionelle Anhänglichkeit an ihre
Gebräuche, aber sie waren gleichzeitig immer
le stärksten Anhänger deS ungarischen Staates.

In den ersten Zeiten des Umsturzes haben
Deutschen den größten Widerstand
Kegen die Tschechen in Oberungarn geleistet
Und noch jetzt sind sie die härteste Nutz für die
schlesischen Bestrebungen. Die tschechischen
^a'ne wollen die deutsche Sprachinsel, welche
^ Slowakei in zwei Teile teilt, gänzlich
^rationalisieren. In den Schulen
^ tschechisch und slowakisch unterrichtet,
'e deutsche Sprache ist verboten und
^ ihrem evangelischen Bischof wurde ein
erüchtigter tschechophiler Slowake er-
"""t. Diese deutsche Kirche wurde seitdie

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Jahrhunderten auch von Deutschland aus
unterstützt, teils durch Legate, teils durch
Stipendien; in den Kirchen wird deutsch
gepredigt und deutsch gebetet, und jetzt wird
sogar das Gotteshaus tschechisiert.

Und noch eine offene Wunde der ober¬
ungarischen Deutschen, die ihnen großen
Schmerz verursacht -- dieTatrafrage. Das
wunderbare Gebirge der "Hohen Tatra" wurde
durch den emsigen Fleiß der dortigen Deutschen
der Menschheit erst wirklich zugänglich gemacht,
bekannt und berühmt. Der Karpathen¬
verein wurde immer von Deutschen
geleitet; sie waren die Seele des Vereins,
sie arbeiteten, propagierten unermüdlich für
diesen schönen, herrlichen Fleck Erde, sie
bauten dort Wege und Touristenheime, und
nur ihrer Arbeit war es zu verdanken, daß
sich damals der ungarische Staat der Tatra
annahm. Und jetzt soll alles nicht nur
slowakisch, sondern sogar tschechisch werden.
Die ITatra wurd<"von Tschechen überflutet
und die deutsche Arbeit wurde auch hier von
Tschechen enteignet.

Der ganze Administrationsapparat ist
darauf eingerichtet, denTschechen oder Slowaken
überall Vorteile und Vorrechte zu geben.
Eine große Anzahl tschechischer Handwerker
undAandelsleute wurden angesiedelt. Slowa¬
kische Zeitungen wurden herausgegeben und
in jeder Beziehung werden die Deutschen
drangsaliert. Aber sie halten fest und
unerschütterlich aus. Ihr deutsches
Nationalgefühl wuchs zu neuem Leben und
sie halten eng zusammen. Der tschechischen
Politik gelang es, sich in den ersten Zeiten
einige Verräter zu kaufen, diese werden jedoch
von jedermann verachtet und gemieden.

Auch die Polen haben auf das Zipser
deutsche Gebiet Anspruch erhoben, weil an¬
geblich Maria Theresia für die verpfändeten
deutschcnWpser Städte bei deren Zurücknahme
die Pfandsumme nicht zurückzahlte. Drei¬
hundert Jahre ^waren diese Städte unter
polnischer Herrschaft und jeder zitterte dort
nur bei der Erwähnung der Möglichkeit, daß
sie^wieder unter das polnische Joch kommen
könnten. ES ist nicht dazu gekommen, sie
gehören der tschechischen Republik an, und jetzt
haben sie wenigstens die Hoffnung, bei der
Zersetzung des heutigen Staats ihre Freiheit

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^eher Deutschen näher kennen zu lernen, denn
"icht nur in Deutschland, sondern auch außer¬
halb der Grenzen seines Stammlandcs besteht
letzt der Deutsche eine große und schwere
Prüfung.

Die Lage der Deutschen in der tschecho¬
slowakischen Republik ist nicht beneidens¬
wert. Ihr nationaler Kampf teilt sie in
drei Gruppen. Die Deutschböhmen, die
Deutschmähren und die Deutschen der Slowakei
impfen in drei getrennten Gruppen für ihre
Sprache und für ihr deutsches Nationalgefühl.
Die schwächste dieser Gruppen bilden die
Rutschen in Oberungarn, weil sie in zer¬
streuten und kleinen Sprachinseln, isoliert und
^"i auf sich' und ihre Ausdauer gestellt, um
^r Dasein arbeiten und kämpfen.

In der Geschichte des „gewesenen" Ungarn
haben die Deutschen Nordungarns eine
bedeutende und wichtige Rolle gespielt,
^e waren Lehrer und Erzieher aller Nationen
Ungarns. In dieser schweren Arbeit wurden
^ durch das immer zunehmende Slowaken-
^>n bedrängt und ihre Zahl verminderte sich
ieils durch die Expansion der Slowaken, teils
dadurch, daß die Auswanderung der Deutschen
'^es den ungarischen Gebieten eine sehr rege
wurde. Besonders die Zips überflutete mit
^ren hochbegabten und intelligenten Söhnen
le ungarischen' Städte. Die Folgen davon
waren jedoch, daß der Kraft-zustand ihrer
Heimatsstätte und -dörfcr geschwächt und sie
durch den lebhaften Verkehr mit den ungarischen
'-'andteilen der ungarischen Sprache zugänglicher
wurden. Sie behielten trotzdem ihre Sprache
und die traditionelle Anhänglichkeit an ihre
Gebräuche, aber sie waren gleichzeitig immer
le stärksten Anhänger deS ungarischen Staates.

In den ersten Zeiten des Umsturzes haben
Deutschen den größten Widerstand
Kegen die Tschechen in Oberungarn geleistet
Und noch jetzt sind sie die härteste Nutz für die
schlesischen Bestrebungen. Die tschechischen
^a'ne wollen die deutsche Sprachinsel, welche
^ Slowakei in zwei Teile teilt, gänzlich
^rationalisieren. In den Schulen
^ tschechisch und slowakisch unterrichtet,
'e deutsche Sprache ist verboten und
^ ihrem evangelischen Bischof wurde ein
erüchtigter tschechophiler Slowake er-
"""t. Diese deutsche Kirche wurde seitdie

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Jahrhunderten auch von Deutschland aus
unterstützt, teils durch Legate, teils durch
Stipendien; in den Kirchen wird deutsch
gepredigt und deutsch gebetet, und jetzt wird
sogar das Gotteshaus tschechisiert.

Und noch eine offene Wunde der ober¬
ungarischen Deutschen, die ihnen großen
Schmerz verursacht — dieTatrafrage. Das
wunderbare Gebirge der „Hohen Tatra" wurde
durch den emsigen Fleiß der dortigen Deutschen
der Menschheit erst wirklich zugänglich gemacht,
bekannt und berühmt. Der Karpathen¬
verein wurde immer von Deutschen
geleitet; sie waren die Seele des Vereins,
sie arbeiteten, propagierten unermüdlich für
diesen schönen, herrlichen Fleck Erde, sie
bauten dort Wege und Touristenheime, und
nur ihrer Arbeit war es zu verdanken, daß
sich damals der ungarische Staat der Tatra
annahm. Und jetzt soll alles nicht nur
slowakisch, sondern sogar tschechisch werden.
Die ITatra wurd<"von Tschechen überflutet
und die deutsche Arbeit wurde auch hier von
Tschechen enteignet.

Der ganze Administrationsapparat ist
darauf eingerichtet, denTschechen oder Slowaken
überall Vorteile und Vorrechte zu geben.
Eine große Anzahl tschechischer Handwerker
undAandelsleute wurden angesiedelt. Slowa¬
kische Zeitungen wurden herausgegeben und
in jeder Beziehung werden die Deutschen
drangsaliert. Aber sie halten fest und
unerschütterlich aus. Ihr deutsches
Nationalgefühl wuchs zu neuem Leben und
sie halten eng zusammen. Der tschechischen
Politik gelang es, sich in den ersten Zeiten
einige Verräter zu kaufen, diese werden jedoch
von jedermann verachtet und gemieden.

Auch die Polen haben auf das Zipser
deutsche Gebiet Anspruch erhoben, weil an¬
geblich Maria Theresia für die verpfändeten
deutschcnWpser Städte bei deren Zurücknahme
die Pfandsumme nicht zurückzahlte. Drei¬
hundert Jahre ^waren diese Städte unter
polnischer Herrschaft und jeder zitterte dort
nur bei der Erwähnung der Möglichkeit, daß
sie^wieder unter das polnische Joch kommen
könnten. ES ist nicht dazu gekommen, sie
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[0051] Drinnen und draußen ^eher Deutschen näher kennen zu lernen, denn "icht nur in Deutschland, sondern auch außer¬ halb der Grenzen seines Stammlandcs besteht letzt der Deutsche eine große und schwere Prüfung. Die Lage der Deutschen in der tschecho¬ slowakischen Republik ist nicht beneidens¬ wert. Ihr nationaler Kampf teilt sie in drei Gruppen. Die Deutschböhmen, die Deutschmähren und die Deutschen der Slowakei impfen in drei getrennten Gruppen für ihre Sprache und für ihr deutsches Nationalgefühl. Die schwächste dieser Gruppen bilden die Rutschen in Oberungarn, weil sie in zer¬ streuten und kleinen Sprachinseln, isoliert und ^"i auf sich' und ihre Ausdauer gestellt, um ^r Dasein arbeiten und kämpfen. In der Geschichte des „gewesenen" Ungarn haben die Deutschen Nordungarns eine bedeutende und wichtige Rolle gespielt, ^e waren Lehrer und Erzieher aller Nationen Ungarns. In dieser schweren Arbeit wurden ^ durch das immer zunehmende Slowaken- ^>n bedrängt und ihre Zahl verminderte sich ieils durch die Expansion der Slowaken, teils dadurch, daß die Auswanderung der Deutschen '^es den ungarischen Gebieten eine sehr rege wurde. Besonders die Zips überflutete mit ^ren hochbegabten und intelligenten Söhnen le ungarischen' Städte. Die Folgen davon waren jedoch, daß der Kraft-zustand ihrer Heimatsstätte und -dörfcr geschwächt und sie durch den lebhaften Verkehr mit den ungarischen '-'andteilen der ungarischen Sprache zugänglicher wurden. Sie behielten trotzdem ihre Sprache und die traditionelle Anhänglichkeit an ihre Gebräuche, aber sie waren gleichzeitig immer le stärksten Anhänger deS ungarischen Staates. In den ersten Zeiten des Umsturzes haben Deutschen den größten Widerstand Kegen die Tschechen in Oberungarn geleistet Und noch jetzt sind sie die härteste Nutz für die schlesischen Bestrebungen. Die tschechischen ^a'ne wollen die deutsche Sprachinsel, welche ^ Slowakei in zwei Teile teilt, gänzlich ^rationalisieren. In den Schulen ^ tschechisch und slowakisch unterrichtet, 'e deutsche Sprache ist verboten und ^ ihrem evangelischen Bischof wurde ein erüchtigter tschechophiler Slowake er- """t. Diese deutsche Kirche wurde seitdie Jahrhunderten auch von Deutschland aus unterstützt, teils durch Legate, teils durch Stipendien; in den Kirchen wird deutsch gepredigt und deutsch gebetet, und jetzt wird sogar das Gotteshaus tschechisiert. Und noch eine offene Wunde der ober¬ ungarischen Deutschen, die ihnen großen Schmerz verursacht — dieTatrafrage. Das wunderbare Gebirge der „Hohen Tatra" wurde durch den emsigen Fleiß der dortigen Deutschen der Menschheit erst wirklich zugänglich gemacht, bekannt und berühmt. Der Karpathen¬ verein wurde immer von Deutschen geleitet; sie waren die Seele des Vereins, sie arbeiteten, propagierten unermüdlich für diesen schönen, herrlichen Fleck Erde, sie bauten dort Wege und Touristenheime, und nur ihrer Arbeit war es zu verdanken, daß sich damals der ungarische Staat der Tatra annahm. Und jetzt soll alles nicht nur slowakisch, sondern sogar tschechisch werden. Die ITatra wurd<"von Tschechen überflutet und die deutsche Arbeit wurde auch hier von Tschechen enteignet. Der ganze Administrationsapparat ist darauf eingerichtet, denTschechen oder Slowaken überall Vorteile und Vorrechte zu geben. Eine große Anzahl tschechischer Handwerker undAandelsleute wurden angesiedelt. Slowa¬ kische Zeitungen wurden herausgegeben und in jeder Beziehung werden die Deutschen drangsaliert. Aber sie halten fest und unerschütterlich aus. Ihr deutsches Nationalgefühl wuchs zu neuem Leben und sie halten eng zusammen. Der tschechischen Politik gelang es, sich in den ersten Zeiten einige Verräter zu kaufen, diese werden jedoch von jedermann verachtet und gemieden. Auch die Polen haben auf das Zipser deutsche Gebiet Anspruch erhoben, weil an¬ geblich Maria Theresia für die verpfändeten deutschcnWpser Städte bei deren Zurücknahme die Pfandsumme nicht zurückzahlte. Drei¬ hundert Jahre ^waren diese Städte unter polnischer Herrschaft und jeder zitterte dort nur bei der Erwähnung der Möglichkeit, daß sie^wieder unter das polnische Joch kommen könnten. ES ist nicht dazu gekommen, sie gehören der tschechischen Republik an, und jetzt haben sie wenigstens die Hoffnung, bei der Zersetzung des heutigen Staats ihre Freiheit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_338022/51>, abgerufen am 16.05.2024.