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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.

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Drinnen und draußen

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und ihre Tatra zurückzubekommen. Denn daß
es zur Zersetzung kommt, davon ist jeder
Zipscr überzeugt, und auch, das; ihre
Prüfungszeit durch die tschechische Beamten¬
schaft und Regierung, nicht mehr sehr lange
dauern kann, da das ganze Land von
inneren Gegensätzen aufgewühlt ist.

Tudwig Steier,
Zur Erläuterung des inncriksnischen Stand¬
punktes.

Ein Lehrer in Amerika schreibt uns:

Mit vielem Interesse las ich Großadmiral
v. Tirpitz' Aussatz über die außenpolitische
Neuorientierung Deutschlands in Ur. 31/32
des Grenzboten. Bis auf seine Bemerkungen
über Amerika kann man ihm nur voll und
ganz beistimmen. Besonders klar scheint der
Grundsatz der unüberbrückbaren Gegensätze
Deutschlands und Englands, und daß ein
Wicderhochkommen Deutschlands nur mit dem
Programm der Solidarität der Interessen der
Völker des europäischen Kontinents erreicht
werden kann. Weiter schreibt er wörtlich:
"Zu den transatlantischen Völkern werden
wir dabei nicht in einen Gegensatz treten,
selbst nicht zu Amerika, trotz dessen Kriegs¬
beteiligung gegen uns. Wesen und Auffassung
des amerikanischen Volkes darf nicht gleich¬
gestellt werden mit der verflossenen Politik
des Präsidenten Wilson".

Ich möchte demgegenüber auf Beobachtungen

[Spaltenumbruch]

hinweisen, die deu engen Zusammenhang
Englands und Amerikas bezeugen.

Der Schwerpunkt aller amerikanischen
Kultur liegt in den Staaten Neu-Englands.
Die tonangebende Gesellschaft dort kultiviert
nicht nur den englischen Akzent und englische
Sitten, sondern auch englische Gesinnung-
Wer da nicht mitmacht, dem bleiben Tür und
Tor verschlossen. Der Mann aus dem Volte,
reich geworden, welcher sich noch erlauben
sollte, alten amerikanischen Traditionen treu
zu bleiben, findet für Frau und Tochter keinen
Willkomm in sogenannten besseren Kreisen-
Somit erliegt er früher oder später der Ge¬
sellschaftslüsternheit seiner Damen. Die hohe"
Schulen, ganz und gar abhängig von den
Gaben der Begüterten, sind gezwungen, oft¬
mals gegen ihren Willen, im englischen Inter¬
esse auf den Geist ihrer Schüler zu wirke".
Ein Übriges vermittelt der Neuigkeitsdienst
der Associated Preß, wie Upton Sinclair
kürzlich in seinem Buche "IKs Li-ass LKeclc"
so deutlich klargelegt hat.

Nicht ganz so schlimm stehen die Sache"
im Westen. Hier gelingt es noch hin und
wieder, einen wirklichen Patrioten in Amt
und Würden zu setzen. Solche Leute könne"
aber uuter den obwaltenden Umständen nie¬
mals in die Stellen gelangen, von wo ""^
die Richtung der Bundespolitik angegebe"
wird. Darum konnten Johnson und La Follette
nicht die Nomination zur Präsidentschafts'

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und ihre Tatra zurückzubekommen. Denn daß
es zur Zersetzung kommt, davon ist jeder
Zipscr überzeugt, und auch, das; ihre
Prüfungszeit durch die tschechische Beamten¬
schaft und Regierung, nicht mehr sehr lange
dauern kann, da das ganze Land von
inneren Gegensätzen aufgewühlt ist.

Tudwig Steier,
Zur Erläuterung des inncriksnischen Stand¬
punktes.

Ein Lehrer in Amerika schreibt uns:

Mit vielem Interesse las ich Großadmiral
v. Tirpitz' Aussatz über die außenpolitische
Neuorientierung Deutschlands in Ur. 31/32
des Grenzboten. Bis auf seine Bemerkungen
über Amerika kann man ihm nur voll und
ganz beistimmen. Besonders klar scheint der
Grundsatz der unüberbrückbaren Gegensätze
Deutschlands und Englands, und daß ein
Wicderhochkommen Deutschlands nur mit dem
Programm der Solidarität der Interessen der
Völker des europäischen Kontinents erreicht
werden kann. Weiter schreibt er wörtlich:
„Zu den transatlantischen Völkern werden
wir dabei nicht in einen Gegensatz treten,
selbst nicht zu Amerika, trotz dessen Kriegs¬
beteiligung gegen uns. Wesen und Auffassung
des amerikanischen Volkes darf nicht gleich¬
gestellt werden mit der verflossenen Politik
des Präsidenten Wilson".

Ich möchte demgegenüber auf Beobachtungen

[Spaltenumbruch]

hinweisen, die deu engen Zusammenhang
Englands und Amerikas bezeugen.

Der Schwerpunkt aller amerikanischen
Kultur liegt in den Staaten Neu-Englands.
Die tonangebende Gesellschaft dort kultiviert
nicht nur den englischen Akzent und englische
Sitten, sondern auch englische Gesinnung-
Wer da nicht mitmacht, dem bleiben Tür und
Tor verschlossen. Der Mann aus dem Volte,
reich geworden, welcher sich noch erlauben
sollte, alten amerikanischen Traditionen treu
zu bleiben, findet für Frau und Tochter keinen
Willkomm in sogenannten besseren Kreisen-
Somit erliegt er früher oder später der Ge¬
sellschaftslüsternheit seiner Damen. Die hohe»
Schulen, ganz und gar abhängig von den
Gaben der Begüterten, sind gezwungen, oft¬
mals gegen ihren Willen, im englischen Inter¬
esse auf den Geist ihrer Schüler zu wirke".
Ein Übriges vermittelt der Neuigkeitsdienst
der Associated Preß, wie Upton Sinclair
kürzlich in seinem Buche „IKs Li-ass LKeclc"
so deutlich klargelegt hat.

Nicht ganz so schlimm stehen die Sache"
im Westen. Hier gelingt es noch hin und
wieder, einen wirklichen Patrioten in Amt
und Würden zu setzen. Solche Leute könne»
aber uuter den obwaltenden Umständen nie¬
mals in die Stellen gelangen, von wo «»^
die Richtung der Bundespolitik angegebe»
wird. Darum konnten Johnson und La Follette
nicht die Nomination zur Präsidentschafts'

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_338022/52>, abgerufen am 01.05.2024.