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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.

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Die Erhöhung des Schulgeldes der höheren Schulen

Das Eigentum an allen Anlagen des Hafens, der Danziger Eisenbahn, der
Danziger Weichselstrecke behält er Danzig vor, ebenso wie es die Kosten für diese
Anlagen trägt.

VI. Es mag an diesem Auszuge aus den beiderseitigen Entwürfen sein Be¬
wenden haben. Er zeigt jedenfalls, wie die Polen in ebenso anmaßender wie durch
keine Rechtsbestimmung gedeckter Weise versuchen, die ihnen im V. F. V. gewährten
Verwaltungsrechte im Freistaate so weit auszudehnen, daß, wenn sie damit durch¬
drängen, nur noch der Schatten eines Freistaates übrig bliebe. . Nunmehr ist es
Sache des Obersten Rates in Paris, dem beide Entwürfe vorliegen, zu entscheiden,
ob er gewillt ist, sich ernstlich an die Bestimmungen des V. F. V. zu halten -- so, wie
dessen gewissenhafte Erfüllung ja immer von Deutschland verlangt wird --, oder ob
er sich dazu hergibt, das von ihm selbst gesetzte Recht zu beseitigen, nur um der
polnischen Begehrlichkeit eine weitere Erfüllung zu gewähren. Zunächst kann er
freilich machen, was er will, Danzig ist wehrlos, Deutschland ist wehrlos, aber auf
die Dauer ist noch kein an Völkern begangenes Unrecht ungesühnt begangen worden:


Oisans sustitiam, moriiti et non temnere ciivos!


Die Erhöhung des Schulgeldes der höheren Schulen
t Professor Dr. Ernst Heyman von Geheimen Zustizra

MW
.C^Miurch einen soeben veröffentlichten Erlaß vom 9. September 1920 hat
der preußische Kultusminister im Einvernehmen mit dem Finanz¬
minister das Schulgeld mit Wirkung vom 1. Oktober 1920 an den
staatlichen und den in der Verfügungsgewalt des Staates stehenden
höheren Lehranstalten für sämtliche Schüler und Schülerinnen all¬
gemein auf jährlich 500 ^ festgesetzt. Das Schulgeld, welches vor dem Kriege
120 -Ki betrug, und inzwischen auf 240 °A erhöht worden ist, ist damit auf mehr als
das Vierfache seines ursprünglichen Betrages gebracht worden, um 313 ?s erhöht.
Den Patronen der nichtstaatlichen höheren Lehranstalten ist aufgegeben, dieselben
Schulgcldsätze am 1. Oktober 1920 einzuführen, widrigenfalls die Entziehung des
Staatszuschusses und insbesondere die Nichtbewilligung der Zuschüsse zur Be¬
soldungsreform in Aussicht gestellt wird. Die sonstigen höheren Lehranstalten
müssen, durch die Schwere der Tatsachen gedrängt, folgen.

1. Diese Schulgelderhöhung, nach außen sehr plötzlich gekommen, wenn auch
schon seit einiger Zeit vorbereitet, wird in viele Haushaltungen erschreckend ein-
schneiden. Man steht vor der Frage, ob sie sich nicht in dieser Schärfe vermeiden
ließ, vor allem, ob sich nicht noch Modifikationen einführen lasten, die wenigstens
einigen Schutz gewähren. Geht man der Frage nach, so sieht man sich vor einem
der schwierigsten Probleme des Gebührenwesens, da sich hier ideelle und finanzielle
Momente in komplizierter Weise kreuzen, doppelt schwierig in unserer verworrenen
Zeit, in der die Parteien auch noch politische Momente reichlich in die Sache
hineintragen.


Die Erhöhung des Schulgeldes der höheren Schulen

Das Eigentum an allen Anlagen des Hafens, der Danziger Eisenbahn, der
Danziger Weichselstrecke behält er Danzig vor, ebenso wie es die Kosten für diese
Anlagen trägt.

VI. Es mag an diesem Auszuge aus den beiderseitigen Entwürfen sein Be¬
wenden haben. Er zeigt jedenfalls, wie die Polen in ebenso anmaßender wie durch
keine Rechtsbestimmung gedeckter Weise versuchen, die ihnen im V. F. V. gewährten
Verwaltungsrechte im Freistaate so weit auszudehnen, daß, wenn sie damit durch¬
drängen, nur noch der Schatten eines Freistaates übrig bliebe. . Nunmehr ist es
Sache des Obersten Rates in Paris, dem beide Entwürfe vorliegen, zu entscheiden,
ob er gewillt ist, sich ernstlich an die Bestimmungen des V. F. V. zu halten — so, wie
dessen gewissenhafte Erfüllung ja immer von Deutschland verlangt wird —, oder ob
er sich dazu hergibt, das von ihm selbst gesetzte Recht zu beseitigen, nur um der
polnischen Begehrlichkeit eine weitere Erfüllung zu gewähren. Zunächst kann er
freilich machen, was er will, Danzig ist wehrlos, Deutschland ist wehrlos, aber auf
die Dauer ist noch kein an Völkern begangenes Unrecht ungesühnt begangen worden:


Oisans sustitiam, moriiti et non temnere ciivos!


Die Erhöhung des Schulgeldes der höheren Schulen
t Professor Dr. Ernst Heyman von Geheimen Zustizra

MW
.C^Miurch einen soeben veröffentlichten Erlaß vom 9. September 1920 hat
der preußische Kultusminister im Einvernehmen mit dem Finanz¬
minister das Schulgeld mit Wirkung vom 1. Oktober 1920 an den
staatlichen und den in der Verfügungsgewalt des Staates stehenden
höheren Lehranstalten für sämtliche Schüler und Schülerinnen all¬
gemein auf jährlich 500 ^ festgesetzt. Das Schulgeld, welches vor dem Kriege
120 -Ki betrug, und inzwischen auf 240 °A erhöht worden ist, ist damit auf mehr als
das Vierfache seines ursprünglichen Betrages gebracht worden, um 313 ?s erhöht.
Den Patronen der nichtstaatlichen höheren Lehranstalten ist aufgegeben, dieselben
Schulgcldsätze am 1. Oktober 1920 einzuführen, widrigenfalls die Entziehung des
Staatszuschusses und insbesondere die Nichtbewilligung der Zuschüsse zur Be¬
soldungsreform in Aussicht gestellt wird. Die sonstigen höheren Lehranstalten
müssen, durch die Schwere der Tatsachen gedrängt, folgen.

1. Diese Schulgelderhöhung, nach außen sehr plötzlich gekommen, wenn auch
schon seit einiger Zeit vorbereitet, wird in viele Haushaltungen erschreckend ein-
schneiden. Man steht vor der Frage, ob sie sich nicht in dieser Schärfe vermeiden
ließ, vor allem, ob sich nicht noch Modifikationen einführen lasten, die wenigstens
einigen Schutz gewähren. Geht man der Frage nach, so sieht man sich vor einem
der schwierigsten Probleme des Gebührenwesens, da sich hier ideelle und finanzielle
Momente in komplizierter Weise kreuzen, doppelt schwierig in unserer verworrenen
Zeit, in der die Parteien auch noch politische Momente reichlich in die Sache
hineintragen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_338022/82>, abgerufen am 01.05.2024.