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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.

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die wenig anziehenden Legenden Paul Rainers. Entschieden hat die "Wila"
aber heute im österreichischen Verlegerwescn eine führende Stellung inne.

So hat der österreichische Verlagsbuchhandel in den letzten Jahren ernst ge¬
arbeitet. Das alles ist freilich nur ein Anfang. Denn noch! kommt das in Österreich
verlegte Buch wenig über Österreich hinaus und das mag mit ein Grund sein, warum
eine große Anzahl der österreichischen Autoren ihre Werke lieber dem deutschen Ver¬
leger anvertraut, dem das österreichische Schrifttum so viel verdankt. Ein weiterer
Grund ist Wohl der, daß sich der österreichische Verleger nicht zu den Honoraren
seiner deutschen Kollegen entschließen kann. Der östereichische Schriftsteller wird
in Osterreich sehr schlecht bezahlt. Das mag ja nun wohl auch daran liegen, daß
der östereichische Verleger sich erst den deutschen Markt erobern muß, um größere
Auflagen absetzen zu können. Es liegt aber natürlich auch daran, daß es dem
österreichischen Verleger in diesem Punkte an der nötigen Großzügigkeit fehlt lind
so kommt es, daß der österreichische Autor seine größeren Romane immer wieder den,
deutschen Verleger überläßt, und nur kleinere Bücher an den österreichischen Ver¬
leger vergibt, der mit diesen wieder nie größere Erfolge haben kann. Auch der
österreichische Schriststeller muß leben!

Der österreichische Verlagsbuchhandel hat allen Widerständen trotzend, eine
verheißende Kraft geoffenbart. Mit besonderer Freude dürfen wir wohl jene Ver¬
lagshäuser begrüßen, die sich zum Ziele gesetzt haben, nicht nur die Zahl der Groß-
stadtbücher zu vermehren, sondern die dem österreichischen deutschen Menschentum
dort nachspüren und von dort seine Reinsten Kräfte anziehen, wo es noch am reinsten
lebt und schafft, im flachen Lande, in den Alpenländern, in den kleinen ProvinZ-
städten. Das könnte eine Bereicherung des deutschen Volkstums geben, die von
ungeahnter Bedeutung wäre. Denn es sind viele, die jenseits, der großen Städte,
den Bergen nahe und dem jungen Wind, der über Äcker streicht, ihren eigenwilligen
Weg gehen und harren, daß man sie rufe, zu Tat und Werk des Wiederaufbaues.
Es sind viele, die sich Verladern und verschenken wollen in diesem unglücklich"!,
armen Lande Osterreich.




U)eltspiegel

Bor dem 1. Mai. In dem Augenblick, da diese Zeilen geschrieben werden,
sind die Zeitungen voll von Nachrichten über neue deutsche Borschläge wie Deutsch¬
land den Forderungen des Versinller Vertrages am besten Genüge tun könnte.
Neue Vorschläge? Nachdem wir so und so viele Male unser äußerstes Angebot
gemacht haben? Bereits im Oktober vorigen Jahres ist (Grenzboten, Heft 40/41)
an dieser Stelle gefordert worden, daß man ein endgültiges und festes Angebot
macht. Man hat mir damals eingewendet, die Wirtschaftslage, die ungelöste
Oberschlesienfragc, die Ungewißheit über Amerika gestatte die Aufstellung solcher
Pläne nicht. Was aber hat man in London getan? Die Lage der Wirtschaft war
genau so ungewiß, in Oberschlesien war nicht abgestimmt und über Amerika war
man nach wie vor im unklaren. Dennoch hat man Pläne aufgestellt. Aber in
London war es bereits zu spät. Man hätte es niemals zur Pariser Konferenz
kommen lassen dürfen. ES gibt keinen plausibler Grund, der dieses Versäumnis
entschuldigte.


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die wenig anziehenden Legenden Paul Rainers. Entschieden hat die „Wila"
aber heute im österreichischen Verlegerwescn eine führende Stellung inne.

So hat der österreichische Verlagsbuchhandel in den letzten Jahren ernst ge¬
arbeitet. Das alles ist freilich nur ein Anfang. Denn noch! kommt das in Österreich
verlegte Buch wenig über Österreich hinaus und das mag mit ein Grund sein, warum
eine große Anzahl der österreichischen Autoren ihre Werke lieber dem deutschen Ver¬
leger anvertraut, dem das österreichische Schrifttum so viel verdankt. Ein weiterer
Grund ist Wohl der, daß sich der österreichische Verleger nicht zu den Honoraren
seiner deutschen Kollegen entschließen kann. Der östereichische Schriftsteller wird
in Osterreich sehr schlecht bezahlt. Das mag ja nun wohl auch daran liegen, daß
der östereichische Verleger sich erst den deutschen Markt erobern muß, um größere
Auflagen absetzen zu können. Es liegt aber natürlich auch daran, daß es dem
österreichischen Verleger in diesem Punkte an der nötigen Großzügigkeit fehlt lind
so kommt es, daß der österreichische Autor seine größeren Romane immer wieder den,
deutschen Verleger überläßt, und nur kleinere Bücher an den österreichischen Ver¬
leger vergibt, der mit diesen wieder nie größere Erfolge haben kann. Auch der
österreichische Schriststeller muß leben!

Der österreichische Verlagsbuchhandel hat allen Widerständen trotzend, eine
verheißende Kraft geoffenbart. Mit besonderer Freude dürfen wir wohl jene Ver¬
lagshäuser begrüßen, die sich zum Ziele gesetzt haben, nicht nur die Zahl der Groß-
stadtbücher zu vermehren, sondern die dem österreichischen deutschen Menschentum
dort nachspüren und von dort seine Reinsten Kräfte anziehen, wo es noch am reinsten
lebt und schafft, im flachen Lande, in den Alpenländern, in den kleinen ProvinZ-
städten. Das könnte eine Bereicherung des deutschen Volkstums geben, die von
ungeahnter Bedeutung wäre. Denn es sind viele, die jenseits, der großen Städte,
den Bergen nahe und dem jungen Wind, der über Äcker streicht, ihren eigenwilligen
Weg gehen und harren, daß man sie rufe, zu Tat und Werk des Wiederaufbaues.
Es sind viele, die sich Verladern und verschenken wollen in diesem unglücklich«!,
armen Lande Osterreich.




U)eltspiegel

Bor dem 1. Mai. In dem Augenblick, da diese Zeilen geschrieben werden,
sind die Zeitungen voll von Nachrichten über neue deutsche Borschläge wie Deutsch¬
land den Forderungen des Versinller Vertrages am besten Genüge tun könnte.
Neue Vorschläge? Nachdem wir so und so viele Male unser äußerstes Angebot
gemacht haben? Bereits im Oktober vorigen Jahres ist (Grenzboten, Heft 40/41)
an dieser Stelle gefordert worden, daß man ein endgültiges und festes Angebot
macht. Man hat mir damals eingewendet, die Wirtschaftslage, die ungelöste
Oberschlesienfragc, die Ungewißheit über Amerika gestatte die Aufstellung solcher
Pläne nicht. Was aber hat man in London getan? Die Lage der Wirtschaft war
genau so ungewiß, in Oberschlesien war nicht abgestimmt und über Amerika war
man nach wie vor im unklaren. Dennoch hat man Pläne aufgestellt. Aber in
London war es bereits zu spät. Man hätte es niemals zur Pariser Konferenz
kommen lassen dürfen. ES gibt keinen plausibler Grund, der dieses Versäumnis
entschuldigte.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338800/122>, abgerufen am 28.04.2024.