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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.

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Geschichtliche Romane neuester Zeit

Wenn diese Maßnahme von der Geldseite der Wirtschaft ausgeht, so gibt es
aber auch ein für den Schutz der Wirtschaft vor Wirkungen der Valutaschwankungen
nicht weniger wirksames Mittel, das von der Warenseite ausgeht, nämlich die ziel¬
bewußte Preispolitik bei der Ausfuhr, die Bekämpfung des Valutadumpings, wie
das kürzlich in dieser Zeitschrift (Heft v. 6. Febr.) durch Herrn Professor Kern
Und auch in meiner Schrift "Valuta-Dumping" (Carl Heymanns Verlag) zur
Darstellung gebracht worden ist.




Geschichtliche Romane neuester Zeit
Paul Burg Von

le Notwendigkeit, auf gute Bücher hinzuweisen, war niemals so groß
als heute. Einerseits stehen Buchhändler, Verleger, die Arbeiter
am Buche und vor allem dessen Urheber, die Schriftsteller in
schweren Daseinskämpfen j andererseits zwingt die allgemeine Preis¬
steigerung Leser und Freunde guter Bücher, strenge Auswahl zu
halten. Immerhin ist das Buch auch heute noch erst um das Sechsfache gegen
den Friedenspreis verteuert worden, während alle anderen Dinge der Lebenshaltung
eines kultivierten Menschen den mehr als zehnfachen Preis erreichten. Aber weil
den meisten Buchlesern die Geldmittel zusammenschmolzen, fing man zuerst beim
Bucheinkaufe zu sparen an. Das zeigt auch eben wieder die Buchmesse in Leipzig
zum Erschrecken, und doch tut uns allen, die wir noch national als Deutsche leben
und empfinden wollen -- was auch komme --, nichts so sehr not als ein gutes
deutsches Buch, eine gute Zeitschrift und Zeitung. Das ist das tägliche geistige
Zubrot, die Nährkraft, welche die Seele braucht. Die Freunde guter Bücher bei
der Auswahl zu unterstützen, ist der Zweck meiner Zeilen.

Im Vordergrund steht seit Weihnacht das neue Buch von Karl Rosner
"Der König" (Cotta, Stuttgart), denn es handelt vom -- Kaiser, und Rosner
genoß den Vorzug, im letzten Kriegsjahre des letzten Kaisers und Königs vertrauter
Begleiter zu sein. Seine Erinnerungen an diese Zeit hat der bislang als fein¬
sinniger Romandichter und poetischer Kriegsberichterstatter bestbekannte Erzähler
Mit der ganzen Schmiegsamkeit des echten Wiener Ästheten hier dargestellt, wohl
nicht ganz unbeeinflußt von Molos technisch verblüffenden, starkmütigem "Fridericus"
und wohl auch nicht ganz ohne Kenntnis des im Verlage Cotta noch immer
inhibierten dritten Bandes der Bismarckschen "Gedanken und Erinnerungen".
Vor- und rückschauend läßt Rosner den Kaiser unter Hindenburgs und Ludendorffs
Augen in der O.H.L. sowie während der letzten Marneschlacht auf der Menilwarte
schwere Stunden durchleben, zeigt ihn aber ganz und gar weich und willenlos,
hamletartig, eine Frucht vergeblicher Erziehung durch Eltern, Regierende und Volk!
Nur Rofners eben fast frauliche Weichheit vermochte einen so eigenartigen


Geschichtliche Romane neuester Zeit

Wenn diese Maßnahme von der Geldseite der Wirtschaft ausgeht, so gibt es
aber auch ein für den Schutz der Wirtschaft vor Wirkungen der Valutaschwankungen
nicht weniger wirksames Mittel, das von der Warenseite ausgeht, nämlich die ziel¬
bewußte Preispolitik bei der Ausfuhr, die Bekämpfung des Valutadumpings, wie
das kürzlich in dieser Zeitschrift (Heft v. 6. Febr.) durch Herrn Professor Kern
Und auch in meiner Schrift „Valuta-Dumping" (Carl Heymanns Verlag) zur
Darstellung gebracht worden ist.




Geschichtliche Romane neuester Zeit
Paul Burg Von

le Notwendigkeit, auf gute Bücher hinzuweisen, war niemals so groß
als heute. Einerseits stehen Buchhändler, Verleger, die Arbeiter
am Buche und vor allem dessen Urheber, die Schriftsteller in
schweren Daseinskämpfen j andererseits zwingt die allgemeine Preis¬
steigerung Leser und Freunde guter Bücher, strenge Auswahl zu
halten. Immerhin ist das Buch auch heute noch erst um das Sechsfache gegen
den Friedenspreis verteuert worden, während alle anderen Dinge der Lebenshaltung
eines kultivierten Menschen den mehr als zehnfachen Preis erreichten. Aber weil
den meisten Buchlesern die Geldmittel zusammenschmolzen, fing man zuerst beim
Bucheinkaufe zu sparen an. Das zeigt auch eben wieder die Buchmesse in Leipzig
zum Erschrecken, und doch tut uns allen, die wir noch national als Deutsche leben
und empfinden wollen — was auch komme —, nichts so sehr not als ein gutes
deutsches Buch, eine gute Zeitschrift und Zeitung. Das ist das tägliche geistige
Zubrot, die Nährkraft, welche die Seele braucht. Die Freunde guter Bücher bei
der Auswahl zu unterstützen, ist der Zweck meiner Zeilen.

Im Vordergrund steht seit Weihnacht das neue Buch von Karl Rosner
„Der König" (Cotta, Stuttgart), denn es handelt vom — Kaiser, und Rosner
genoß den Vorzug, im letzten Kriegsjahre des letzten Kaisers und Königs vertrauter
Begleiter zu sein. Seine Erinnerungen an diese Zeit hat der bislang als fein¬
sinniger Romandichter und poetischer Kriegsberichterstatter bestbekannte Erzähler
Mit der ganzen Schmiegsamkeit des echten Wiener Ästheten hier dargestellt, wohl
nicht ganz unbeeinflußt von Molos technisch verblüffenden, starkmütigem „Fridericus"
und wohl auch nicht ganz ohne Kenntnis des im Verlage Cotta noch immer
inhibierten dritten Bandes der Bismarckschen „Gedanken und Erinnerungen".
Vor- und rückschauend läßt Rosner den Kaiser unter Hindenburgs und Ludendorffs
Augen in der O.H.L. sowie während der letzten Marneschlacht auf der Menilwarte
schwere Stunden durchleben, zeigt ihn aber ganz und gar weich und willenlos,
hamletartig, eine Frucht vergeblicher Erziehung durch Eltern, Regierende und Volk!
Nur Rofners eben fast frauliche Weichheit vermochte einen so eigenartigen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338800/75>, abgerufen am 28.04.2024.