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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Allianzen sind gut, aber eigene Kräfte find
b Der Große Aurfürst esser.



Reaktion auf Gberschlesien
Fritz Rem von

^le Beteiligung Englands an dein neuesten französischen Mordstteich
bedeutete für den Reichskanzler Wirth und andere mit ihm eine
niederschmetternde Überraschung. Mit dem typischen Regierungs¬
optimismus, der, einerlei wer sich deutsche Regierung nennt, seit
, 1914 uus von Sturz zu Sturz umnebelt, hatte man ans die linkes
onwnniea fest vertraut. Die glänzende französische Regie baute die Kulissen
des Völkerbundes und des Wiesbadener Abkommens, in welches Loucheur unsern
Rathenau zur rechten Zeit verstrickte, um Lloyd George den Rückzug von.
"5l>>r pw^" und den berühmten "new kiiencisln'ps" dieses Frühjahrs zu erleichtern.
Wir bemerkten das nicht, dachten uns auch bei der neuen Deutschenhetze der'
"Times" nichts Besonderes, lieben uns durch das Eckardtsteinsche Phantom der
Angeblich nur durch unsere Schuld verpaßten Freundschaft mit England mehr
und mehr äffen, versäumten aber dabei vielleicht, die Möglichkeiten der real.en,
Bindung englischer Interessen in Oberschlesien auszunutzen; ruhig legte Michel
zu traumreichcm Schlummer tief neigeudes politisches Haupt in Englands
scho>5. Dasselbe ist nun hinuntergeglittcn und hart auf dem.Boden der Tat¬
sachen aufgeschlagen.

Was kann jetzt geschehen? Ein Verzicht auf Oberschlesien kommt für keinen
Deutschen in Frage. Das östliche Elsaß-Lothringen, vor dessen Schaffung Lloyd
George im Frühjahr warnte, "obwohl wir nur Deutsche seien", i se geschaffen, und
'vir erkennen den Diebstahl unseres Landes, unserer Arbeit und unserer unglücklichen
Landsleute niemals an, obwohl wir nur Deutsche sind. Jedoch eine juristische Ab¬
lehnung der Grenzziehung des Obersten Rates ist nicht möglich, da uns die Zu-
^iinmung dazu schon vorweg in Versailles abgepreßt worden ist. Ablehnen kön-


Grenzboten IV 1921 7


Allianzen sind gut, aber eigene Kräfte find
b Der Große Aurfürst esser.



Reaktion auf Gberschlesien
Fritz Rem von

^le Beteiligung Englands an dein neuesten französischen Mordstteich
bedeutete für den Reichskanzler Wirth und andere mit ihm eine
niederschmetternde Überraschung. Mit dem typischen Regierungs¬
optimismus, der, einerlei wer sich deutsche Regierung nennt, seit
, 1914 uus von Sturz zu Sturz umnebelt, hatte man ans die linkes
onwnniea fest vertraut. Die glänzende französische Regie baute die Kulissen
des Völkerbundes und des Wiesbadener Abkommens, in welches Loucheur unsern
Rathenau zur rechten Zeit verstrickte, um Lloyd George den Rückzug von.
"5l>>r pw^" und den berühmten „new kiiencisln'ps" dieses Frühjahrs zu erleichtern.
Wir bemerkten das nicht, dachten uns auch bei der neuen Deutschenhetze der'
„Times" nichts Besonderes, lieben uns durch das Eckardtsteinsche Phantom der
Angeblich nur durch unsere Schuld verpaßten Freundschaft mit England mehr
und mehr äffen, versäumten aber dabei vielleicht, die Möglichkeiten der real.en,
Bindung englischer Interessen in Oberschlesien auszunutzen; ruhig legte Michel
zu traumreichcm Schlummer tief neigeudes politisches Haupt in Englands
scho>5. Dasselbe ist nun hinuntergeglittcn und hart auf dem.Boden der Tat¬
sachen aufgeschlagen.

Was kann jetzt geschehen? Ein Verzicht auf Oberschlesien kommt für keinen
Deutschen in Frage. Das östliche Elsaß-Lothringen, vor dessen Schaffung Lloyd
George im Frühjahr warnte, „obwohl wir nur Deutsche seien", i se geschaffen, und
'vir erkennen den Diebstahl unseres Landes, unserer Arbeit und unserer unglücklichen
Landsleute niemals an, obwohl wir nur Deutsche sind. Jedoch eine juristische Ab¬
lehnung der Grenzziehung des Obersten Rates ist nicht möglich, da uns die Zu-
^iinmung dazu schon vorweg in Versailles abgepreßt worden ist. Ablehnen kön-


Grenzboten IV 1921 7
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[0105] [Abbildung] Allianzen sind gut, aber eigene Kräfte find b Der Große Aurfürst esser. Reaktion auf Gberschlesien Fritz Rem von ^le Beteiligung Englands an dein neuesten französischen Mordstteich bedeutete für den Reichskanzler Wirth und andere mit ihm eine niederschmetternde Überraschung. Mit dem typischen Regierungs¬ optimismus, der, einerlei wer sich deutsche Regierung nennt, seit , 1914 uus von Sturz zu Sturz umnebelt, hatte man ans die linkes onwnniea fest vertraut. Die glänzende französische Regie baute die Kulissen des Völkerbundes und des Wiesbadener Abkommens, in welches Loucheur unsern Rathenau zur rechten Zeit verstrickte, um Lloyd George den Rückzug von. "5l>>r pw^" und den berühmten „new kiiencisln'ps" dieses Frühjahrs zu erleichtern. Wir bemerkten das nicht, dachten uns auch bei der neuen Deutschenhetze der' „Times" nichts Besonderes, lieben uns durch das Eckardtsteinsche Phantom der Angeblich nur durch unsere Schuld verpaßten Freundschaft mit England mehr und mehr äffen, versäumten aber dabei vielleicht, die Möglichkeiten der real.en, Bindung englischer Interessen in Oberschlesien auszunutzen; ruhig legte Michel zu traumreichcm Schlummer tief neigeudes politisches Haupt in Englands scho>5. Dasselbe ist nun hinuntergeglittcn und hart auf dem.Boden der Tat¬ sachen aufgeschlagen. Was kann jetzt geschehen? Ein Verzicht auf Oberschlesien kommt für keinen Deutschen in Frage. Das östliche Elsaß-Lothringen, vor dessen Schaffung Lloyd George im Frühjahr warnte, „obwohl wir nur Deutsche seien", i se geschaffen, und 'vir erkennen den Diebstahl unseres Landes, unserer Arbeit und unserer unglücklichen Landsleute niemals an, obwohl wir nur Deutsche sind. Jedoch eine juristische Ab¬ lehnung der Grenzziehung des Obersten Rates ist nicht möglich, da uns die Zu- ^iinmung dazu schon vorweg in Versailles abgepreßt worden ist. Ablehnen kön- Grenzboten IV 1921 7

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/105>, abgerufen am 28.04.2024.