Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Bücherschau

neuen Revolution erhalten wird. Folgen einer Gefühlspolitik, die die eigenen
Kräfte falsch, die des Gegners unterschätzt. Nutznießer sind immer die klarer
denkenden, nüchtern rechnenden Völker. Auch Griechen und Türken werden sich
bescheiden müssen.

Genau wie jetzt Tschechen und Polen es getan haben. Was war das für
ein Gegeneinander, als es um Teschen ging. Heute schließen die Feinde von
gestern einen Handelsvertrag. Genau wie Ungarn und Osterreich es werden tun
müssen. Bei aller Politik muß darauf geachtet werden, daß das Objekt die An¬
strengung lohnt und bei einem immer möglichen Mißerfolg nicht in einem ab¬
soluten Mißverhältnis zu den gebrachten Opfern stehe. Vor allem aber ist --
die Franzosen spüren es jetzt am eigenen Leibe -- dauernd keine Durchführung
irgend eines politischen Zieles möglich, das nicht aus eigener Kraft gesichert
werden kann. Wenn Osterreich jetzt für das Abstimmungsgebiet 5000 Mann
Ententesoldaten fordert, so ist man sich in Wien wohl kaum darüber klar, wie
sehr ein solches Verlangen gegen Osterreich einnehmen muß. Nur der erringt
sich Achtung, der auf die eigene Volkskraft sich verlassen kann. Wer dieser nicht
si Menenius cher ist, kann als politische Macht nicht länger mitzählen.




Vücherschau
Politik I

[Beginn Spaltensatz]
Dr. Karl Hoffmann. Burschenschaftliches
- Handbuch für Politik. Im Auftrage des
Vaterländischen Arbeitsausschusses der
Deutschen Burschenschaft. Verlag von Fr.
Wilh. Grunow in Leipzig. 1920. Steif
brosch. M. 26.--.

Wir geben dem verdienstvollen Heraus¬
geber und seinen Mitarbeitern das Wort zur
Selbstanzeige: "Das Handbuch bedeutet eine
Absage an die liboralistischen Überlieferungen
der Mitte des vorigen Jahrhunderts. In
diesem Buche wird offenbar, wie die gegen¬
wärtige Burschenschaft von jedem lähmenden
Traditionalismus sowohl, als auch von der
national-Politischen Sattheit der Nach-Bis-
marckschen Jahrzehnte sich freigemacht hat.
Gleich der besten deutschen Jugend füllt sie
sich mit den Problemen an, die durch Zu¬
sammenbruch und Revolution gestellt worden
sind: mit den Fragen des Führertums durch
staatsbürgerliche Erziehung, der Praktischen

[Spaltenumbruch]

Sozialpolitik, der Selbstverwaltung, orga¬
nischen Schichtung, berufsständischen Gliede¬
rung und der Kammer der Arbeit, mit den
wirtschaftlichen Aufgaben deutscher Notge¬
meinschaft. Andererseits läßt sich die Abkehr
vom formalen Parlamentarismus und von
der zentralistisch-unitarischen Auffassung des
Einheitsgedankens nicht übersehen. Um so
stärker tritt die großdeutsche Gesinnung und
ein tätiges Interesse für das Deutschtum im
Grenzland und Ausland hervor. Wenn die
frühere Burschenschaft einmal "demokratisch"
gewesen sein mag, so ist sie jetzt "völkisch".

Dr. Elias Hurwicz, Zur Reform des Politi¬
schen Denkens. München. 192l. Drei
Masken Verlag. Geh. M. 9.--.
Stellt den Politischen Doktrinarismus des

Deutschen und Russen der politischen Kunst
des Engländers gegenüber und regt dazu
an, die Vorbildlichkeit der letzteren zu be¬
greifen.

[Ende Spaltensatz]
Bücherschau

neuen Revolution erhalten wird. Folgen einer Gefühlspolitik, die die eigenen
Kräfte falsch, die des Gegners unterschätzt. Nutznießer sind immer die klarer
denkenden, nüchtern rechnenden Völker. Auch Griechen und Türken werden sich
bescheiden müssen.

Genau wie jetzt Tschechen und Polen es getan haben. Was war das für
ein Gegeneinander, als es um Teschen ging. Heute schließen die Feinde von
gestern einen Handelsvertrag. Genau wie Ungarn und Osterreich es werden tun
müssen. Bei aller Politik muß darauf geachtet werden, daß das Objekt die An¬
strengung lohnt und bei einem immer möglichen Mißerfolg nicht in einem ab¬
soluten Mißverhältnis zu den gebrachten Opfern stehe. Vor allem aber ist —
die Franzosen spüren es jetzt am eigenen Leibe — dauernd keine Durchführung
irgend eines politischen Zieles möglich, das nicht aus eigener Kraft gesichert
werden kann. Wenn Osterreich jetzt für das Abstimmungsgebiet 5000 Mann
Ententesoldaten fordert, so ist man sich in Wien wohl kaum darüber klar, wie
sehr ein solches Verlangen gegen Osterreich einnehmen muß. Nur der erringt
sich Achtung, der auf die eigene Volkskraft sich verlassen kann. Wer dieser nicht
si Menenius cher ist, kann als politische Macht nicht länger mitzählen.




Vücherschau
Politik I

[Beginn Spaltensatz]
Dr. Karl Hoffmann. Burschenschaftliches
- Handbuch für Politik. Im Auftrage des
Vaterländischen Arbeitsausschusses der
Deutschen Burschenschaft. Verlag von Fr.
Wilh. Grunow in Leipzig. 1920. Steif
brosch. M. 26.—.

Wir geben dem verdienstvollen Heraus¬
geber und seinen Mitarbeitern das Wort zur
Selbstanzeige: „Das Handbuch bedeutet eine
Absage an die liboralistischen Überlieferungen
der Mitte des vorigen Jahrhunderts. In
diesem Buche wird offenbar, wie die gegen¬
wärtige Burschenschaft von jedem lähmenden
Traditionalismus sowohl, als auch von der
national-Politischen Sattheit der Nach-Bis-
marckschen Jahrzehnte sich freigemacht hat.
Gleich der besten deutschen Jugend füllt sie
sich mit den Problemen an, die durch Zu¬
sammenbruch und Revolution gestellt worden
sind: mit den Fragen des Führertums durch
staatsbürgerliche Erziehung, der Praktischen

[Spaltenumbruch]

Sozialpolitik, der Selbstverwaltung, orga¬
nischen Schichtung, berufsständischen Gliede¬
rung und der Kammer der Arbeit, mit den
wirtschaftlichen Aufgaben deutscher Notge¬
meinschaft. Andererseits läßt sich die Abkehr
vom formalen Parlamentarismus und von
der zentralistisch-unitarischen Auffassung des
Einheitsgedankens nicht übersehen. Um so
stärker tritt die großdeutsche Gesinnung und
ein tätiges Interesse für das Deutschtum im
Grenzland und Ausland hervor. Wenn die
frühere Burschenschaft einmal „demokratisch"
gewesen sein mag, so ist sie jetzt „völkisch".

Dr. Elias Hurwicz, Zur Reform des Politi¬
schen Denkens. München. 192l. Drei
Masken Verlag. Geh. M. 9.—.
Stellt den Politischen Doktrinarismus des

Deutschen und Russen der politischen Kunst
des Engländers gegenüber und regt dazu
an, die Vorbildlichkeit der letzteren zu be¬
greifen.

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0166" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339715"/>
          <fw type="header" place="top"> Bücherschau</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_678" prev="#ID_677"> neuen Revolution erhalten wird. Folgen einer Gefühlspolitik, die die eigenen<lb/>
Kräfte falsch, die des Gegners unterschätzt. Nutznießer sind immer die klarer<lb/>
denkenden, nüchtern rechnenden Völker. Auch Griechen und Türken werden sich<lb/>
bescheiden müssen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_679"> Genau wie jetzt Tschechen und Polen es getan haben. Was war das für<lb/>
ein Gegeneinander, als es um Teschen ging. Heute schließen die Feinde von<lb/>
gestern einen Handelsvertrag. Genau wie Ungarn und Osterreich es werden tun<lb/>
müssen. Bei aller Politik muß darauf geachtet werden, daß das Objekt die An¬<lb/>
strengung lohnt und bei einem immer möglichen Mißerfolg nicht in einem ab¬<lb/>
soluten Mißverhältnis zu den gebrachten Opfern stehe. Vor allem aber ist &#x2014;<lb/>
die Franzosen spüren es jetzt am eigenen Leibe &#x2014; dauernd keine Durchführung<lb/>
irgend eines politischen Zieles möglich, das nicht aus eigener Kraft gesichert<lb/>
werden kann. Wenn Osterreich jetzt für das Abstimmungsgebiet 5000 Mann<lb/>
Ententesoldaten fordert, so ist man sich in Wien wohl kaum darüber klar, wie<lb/>
sehr ein solches Verlangen gegen Osterreich einnehmen muß. Nur der erringt<lb/>
sich Achtung, der auf die eigene Volkskraft sich verlassen kann. Wer dieser nicht<lb/>
si<note type="byline"> Menenius</note> cher ist, kann als politische Macht nicht länger mitzählen. </p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Vücherschau<lb/>
Politik I</head><lb/>
          <cb type="start"/>
          <div n="2">
            <head> Dr. Karl Hoffmann. Burschenschaftliches<lb/>
- Handbuch für Politik.  Im Auftrage des<lb/>
Vaterländischen  Arbeitsausschusses der<lb/>
Deutschen Burschenschaft. Verlag von Fr.<lb/>
Wilh. Grunow in Leipzig.  1920. Steif<lb/>
brosch. M. 26.&#x2014;.</head>
            <p xml:id="ID_680" next="#ID_681"> Wir geben dem verdienstvollen Heraus¬<lb/>
geber und seinen Mitarbeitern das Wort zur<lb/>
Selbstanzeige: &#x201E;Das Handbuch bedeutet eine<lb/>
Absage an die liboralistischen Überlieferungen<lb/>
der Mitte des vorigen Jahrhunderts. In<lb/>
diesem Buche wird offenbar, wie die gegen¬<lb/>
wärtige Burschenschaft von jedem lähmenden<lb/>
Traditionalismus sowohl, als auch von der<lb/>
national-Politischen Sattheit der Nach-Bis-<lb/>
marckschen Jahrzehnte sich freigemacht hat.<lb/>
Gleich der besten deutschen Jugend füllt sie<lb/>
sich mit den Problemen an, die durch Zu¬<lb/>
sammenbruch und Revolution gestellt worden<lb/>
sind: mit den Fragen des Führertums durch<lb/>
staatsbürgerliche Erziehung, der Praktischen</p>
            <cb/><lb/>
            <p xml:id="ID_681" prev="#ID_680"> Sozialpolitik, der Selbstverwaltung, orga¬<lb/>
nischen Schichtung, berufsständischen Gliede¬<lb/>
rung und der Kammer der Arbeit, mit den<lb/>
wirtschaftlichen Aufgaben deutscher Notge¬<lb/>
meinschaft. Andererseits läßt sich die Abkehr<lb/>
vom formalen Parlamentarismus und von<lb/>
der zentralistisch-unitarischen Auffassung des<lb/>
Einheitsgedankens nicht übersehen. Um so<lb/>
stärker tritt die großdeutsche Gesinnung und<lb/>
ein tätiges Interesse für das Deutschtum im<lb/>
Grenzland und Ausland hervor. Wenn die<lb/>
frühere Burschenschaft einmal &#x201E;demokratisch"<lb/>
gewesen sein mag, so ist sie jetzt &#x201E;völkisch".</p>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Dr. Elias Hurwicz, Zur Reform des Politi¬<lb/>
schen Denkens. München. 192l. Drei<lb/>
Masken Verlag. Geh. M. 9.&#x2014;.<lb/>
Stellt den Politischen Doktrinarismus des</head>
            <p xml:id="ID_682"> Deutschen und Russen der politischen Kunst<lb/>
des Engländers gegenüber und regt dazu<lb/>
an, die Vorbildlichkeit der letzteren zu be¬<lb/>
greifen.</p>
            <cb type="end"/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0166] Bücherschau neuen Revolution erhalten wird. Folgen einer Gefühlspolitik, die die eigenen Kräfte falsch, die des Gegners unterschätzt. Nutznießer sind immer die klarer denkenden, nüchtern rechnenden Völker. Auch Griechen und Türken werden sich bescheiden müssen. Genau wie jetzt Tschechen und Polen es getan haben. Was war das für ein Gegeneinander, als es um Teschen ging. Heute schließen die Feinde von gestern einen Handelsvertrag. Genau wie Ungarn und Osterreich es werden tun müssen. Bei aller Politik muß darauf geachtet werden, daß das Objekt die An¬ strengung lohnt und bei einem immer möglichen Mißerfolg nicht in einem ab¬ soluten Mißverhältnis zu den gebrachten Opfern stehe. Vor allem aber ist — die Franzosen spüren es jetzt am eigenen Leibe — dauernd keine Durchführung irgend eines politischen Zieles möglich, das nicht aus eigener Kraft gesichert werden kann. Wenn Osterreich jetzt für das Abstimmungsgebiet 5000 Mann Ententesoldaten fordert, so ist man sich in Wien wohl kaum darüber klar, wie sehr ein solches Verlangen gegen Osterreich einnehmen muß. Nur der erringt sich Achtung, der auf die eigene Volkskraft sich verlassen kann. Wer dieser nicht si Menenius cher ist, kann als politische Macht nicht länger mitzählen. Vücherschau Politik I Dr. Karl Hoffmann. Burschenschaftliches - Handbuch für Politik. Im Auftrage des Vaterländischen Arbeitsausschusses der Deutschen Burschenschaft. Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. 1920. Steif brosch. M. 26.—. Wir geben dem verdienstvollen Heraus¬ geber und seinen Mitarbeitern das Wort zur Selbstanzeige: „Das Handbuch bedeutet eine Absage an die liboralistischen Überlieferungen der Mitte des vorigen Jahrhunderts. In diesem Buche wird offenbar, wie die gegen¬ wärtige Burschenschaft von jedem lähmenden Traditionalismus sowohl, als auch von der national-Politischen Sattheit der Nach-Bis- marckschen Jahrzehnte sich freigemacht hat. Gleich der besten deutschen Jugend füllt sie sich mit den Problemen an, die durch Zu¬ sammenbruch und Revolution gestellt worden sind: mit den Fragen des Führertums durch staatsbürgerliche Erziehung, der Praktischen Sozialpolitik, der Selbstverwaltung, orga¬ nischen Schichtung, berufsständischen Gliede¬ rung und der Kammer der Arbeit, mit den wirtschaftlichen Aufgaben deutscher Notge¬ meinschaft. Andererseits läßt sich die Abkehr vom formalen Parlamentarismus und von der zentralistisch-unitarischen Auffassung des Einheitsgedankens nicht übersehen. Um so stärker tritt die großdeutsche Gesinnung und ein tätiges Interesse für das Deutschtum im Grenzland und Ausland hervor. Wenn die frühere Burschenschaft einmal „demokratisch" gewesen sein mag, so ist sie jetzt „völkisch". Dr. Elias Hurwicz, Zur Reform des Politi¬ schen Denkens. München. 192l. Drei Masken Verlag. Geh. M. 9.—. Stellt den Politischen Doktrinarismus des Deutschen und Russen der politischen Kunst des Engländers gegenüber und regt dazu an, die Vorbildlichkeit der letzteren zu be¬ greifen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/166
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/166>, abgerufen am 29.04.2024.