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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Abriß meiner Haager Berichterstattung

Nachahmung Habsburgs erledige. Die Tiroler aber winkten ab, als man sie
einlud, unter Wittelsbachs Szepter zu treten. Ihr Deutschtum erträgt keine,!
Bürgerkrieg. Ein deutsches Fürstentum kann nur dann wieder erstehen, wenn es
seine Empfindungen der gesamten deutschen Sache unterordnet. Kronprinz
Rupprecht ist ein guter Deutscher; wir erwarten, das; er auch ein guter Monarchist ist.


3. Noch eine Erinnerung

Im wunderlichen alten Deutschland waren Gegenkönige nicht selten. Als
Ludwig der Bayer und Friedrich von Osterreich in Zwiekur deutsche Könige
wurden und der Bayer ohne französische Gönnerschaft, aber mit Hilfe der deutschen
Städte den Nebenbuhler schlug und gefangensetzte, behielt er ihn drei Jahre in
Haft. Dann mußte Ludwig nach Italien ziehen im Kampf gegen den Papst, der
ihn selber abgesetzt hatte. Da bestellte er Friedrich von Österreich zum Reichs¬
verweser. So sind die Deutschen, unsinnig im Bürgerkrieg, hitzig und ungeschickt
in der Politik, aber unbegreiflich gutherzig. Friedrich hat Ludwig nicht betrogen;
er verwaltete treu des feindlichen Freundes Reich. Wenn uns Monarchisten die
Republik nicht gefällt, so wollen wir sie doch treu verwalten, weil sie in Not vor
dein äußeren Feind ist.

Im nächsten Jahr sind es sechshundert Jahre, daß Ludwig von Wittelsbach
ßeinsn Gegner und dann bald auch sich selber bezwang.




Abriß meiner Haager Berichterstattung
Gin Beitrag zur Geschichte des letzten Ariegsjcchres
Wilhelm von Schweinitz von
(vom Herbst 191,? bis "riegsschluß Militär-Attachö im Haag)

Wen stellt die Nachwelt an die Wand?
Den großen Mann, der sich nicht fand.

sis Kommandeur des 19. Reserve-Jäger-Bataillons erfuhr ich am
25. August 1917 in Podmol (südlich Prilep) meine Ernennung zum
Militär-Attache im Haag, Ich war während des Krieges ziemlich
weit herumgekommen. Ausgerückt bin ich als Generalstabsoffizier
.der 1. Garde-Jnfanterie-Divisio". In der Schlacht bei Namur
verletzte ich mich ber einem Sturz mit meinem übermüdeten Pferde und wurde
nach Hause geschickt. In Berlin trat ich als Geueralstabsoffizier zu der in Auf¬
stellung begriffenen 43. Reserve-Division, mußte jedoch vor ihrem Abtransport
ins Feld mit dem Militär-Attache in Rom täusche". Nachdem Italien den Krieg


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Abriß meiner Haager Berichterstattung

Nachahmung Habsburgs erledige. Die Tiroler aber winkten ab, als man sie
einlud, unter Wittelsbachs Szepter zu treten. Ihr Deutschtum erträgt keine,!
Bürgerkrieg. Ein deutsches Fürstentum kann nur dann wieder erstehen, wenn es
seine Empfindungen der gesamten deutschen Sache unterordnet. Kronprinz
Rupprecht ist ein guter Deutscher; wir erwarten, das; er auch ein guter Monarchist ist.


3. Noch eine Erinnerung

Im wunderlichen alten Deutschland waren Gegenkönige nicht selten. Als
Ludwig der Bayer und Friedrich von Osterreich in Zwiekur deutsche Könige
wurden und der Bayer ohne französische Gönnerschaft, aber mit Hilfe der deutschen
Städte den Nebenbuhler schlug und gefangensetzte, behielt er ihn drei Jahre in
Haft. Dann mußte Ludwig nach Italien ziehen im Kampf gegen den Papst, der
ihn selber abgesetzt hatte. Da bestellte er Friedrich von Österreich zum Reichs¬
verweser. So sind die Deutschen, unsinnig im Bürgerkrieg, hitzig und ungeschickt
in der Politik, aber unbegreiflich gutherzig. Friedrich hat Ludwig nicht betrogen;
er verwaltete treu des feindlichen Freundes Reich. Wenn uns Monarchisten die
Republik nicht gefällt, so wollen wir sie doch treu verwalten, weil sie in Not vor
dein äußeren Feind ist.

Im nächsten Jahr sind es sechshundert Jahre, daß Ludwig von Wittelsbach
ßeinsn Gegner und dann bald auch sich selber bezwang.




Abriß meiner Haager Berichterstattung
Gin Beitrag zur Geschichte des letzten Ariegsjcchres
Wilhelm von Schweinitz von
(vom Herbst 191,? bis «riegsschluß Militär-Attachö im Haag)

Wen stellt die Nachwelt an die Wand?
Den großen Mann, der sich nicht fand.

sis Kommandeur des 19. Reserve-Jäger-Bataillons erfuhr ich am
25. August 1917 in Podmol (südlich Prilep) meine Ernennung zum
Militär-Attache im Haag, Ich war während des Krieges ziemlich
weit herumgekommen. Ausgerückt bin ich als Generalstabsoffizier
.der 1. Garde-Jnfanterie-Divisio». In der Schlacht bei Namur
verletzte ich mich ber einem Sturz mit meinem übermüdeten Pferde und wurde
nach Hause geschickt. In Berlin trat ich als Geueralstabsoffizier zu der in Auf¬
stellung begriffenen 43. Reserve-Division, mußte jedoch vor ihrem Abtransport
ins Feld mit dem Militär-Attache in Rom täusche». Nachdem Italien den Krieg


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[0235] Abriß meiner Haager Berichterstattung Nachahmung Habsburgs erledige. Die Tiroler aber winkten ab, als man sie einlud, unter Wittelsbachs Szepter zu treten. Ihr Deutschtum erträgt keine,! Bürgerkrieg. Ein deutsches Fürstentum kann nur dann wieder erstehen, wenn es seine Empfindungen der gesamten deutschen Sache unterordnet. Kronprinz Rupprecht ist ein guter Deutscher; wir erwarten, das; er auch ein guter Monarchist ist. 3. Noch eine Erinnerung Im wunderlichen alten Deutschland waren Gegenkönige nicht selten. Als Ludwig der Bayer und Friedrich von Osterreich in Zwiekur deutsche Könige wurden und der Bayer ohne französische Gönnerschaft, aber mit Hilfe der deutschen Städte den Nebenbuhler schlug und gefangensetzte, behielt er ihn drei Jahre in Haft. Dann mußte Ludwig nach Italien ziehen im Kampf gegen den Papst, der ihn selber abgesetzt hatte. Da bestellte er Friedrich von Österreich zum Reichs¬ verweser. So sind die Deutschen, unsinnig im Bürgerkrieg, hitzig und ungeschickt in der Politik, aber unbegreiflich gutherzig. Friedrich hat Ludwig nicht betrogen; er verwaltete treu des feindlichen Freundes Reich. Wenn uns Monarchisten die Republik nicht gefällt, so wollen wir sie doch treu verwalten, weil sie in Not vor dein äußeren Feind ist. Im nächsten Jahr sind es sechshundert Jahre, daß Ludwig von Wittelsbach ßeinsn Gegner und dann bald auch sich selber bezwang. Abriß meiner Haager Berichterstattung Gin Beitrag zur Geschichte des letzten Ariegsjcchres Wilhelm von Schweinitz von (vom Herbst 191,? bis «riegsschluß Militär-Attachö im Haag) Wen stellt die Nachwelt an die Wand? Den großen Mann, der sich nicht fand. sis Kommandeur des 19. Reserve-Jäger-Bataillons erfuhr ich am 25. August 1917 in Podmol (südlich Prilep) meine Ernennung zum Militär-Attache im Haag, Ich war während des Krieges ziemlich weit herumgekommen. Ausgerückt bin ich als Generalstabsoffizier .der 1. Garde-Jnfanterie-Divisio». In der Schlacht bei Namur verletzte ich mich ber einem Sturz mit meinem übermüdeten Pferde und wurde nach Hause geschickt. In Berlin trat ich als Geueralstabsoffizier zu der in Auf¬ stellung begriffenen 43. Reserve-Division, mußte jedoch vor ihrem Abtransport ins Feld mit dem Militär-Attache in Rom täusche». Nachdem Italien den Krieg 16*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/235>, abgerufen am 28.04.2024.