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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Graf Reventlow und die Grenzboten

die Madjaren Deutschösterreich auch früher, da man von ihnen nichts gefordert
hat, wenig freundlich gegenüberstanden. Das waren ihre Fehler, für die sie jetzt
schwer gebüßt haben. Vielleicht wird das für die Zukunft die Erkenntnis
reifen, wie sehr ein gegenseitiges Entgegenkommen für beide Völker von
Nutzen wäre.

.. Nur kurz mag noch bemerkt werden, daß für den Anschluß Westungarns
an Österreich nicht nur die völkischen und die geschichtlichen Verhält¬
nisse des Landes, sondern auch seine kulturellen und wirtschaftlichen
Forderungen sprechen. Da die Vudapester Negierung ihr ganzes Bildungswesen
vollständig madjarisiert hat, können die Teutschen Westungarns ihre kulturellen
Bedürfnisse nur in Osterreich befriedigen. Ebenso ist seit jeher vor allem Wien,
serner Graz der dankbarste Abnehmer für die Erzeuauisse der deutschen Landwirt¬
schaft Westungarns. Gegenwärtig ist Westungarns Bodenproduktion geradezu ein
Lebenserfordernis für das darbende Deutschösterreich. Dies gibt unseren Volks¬
genossen in Westnngarn die Möglichkeit der besten Verwertung ihrer Produktion.




Graf Reventlow und die Grenzboten

Es scheint dein Herrn Grafen Reventlow nicht bekannt zu sein, daß in
Bayern eine sehr akute monarchistische Krisis bestanden hat und daß Persönlich¬
keiten, die dem Herrn Grafen Reventlow sehr nahe stehen, diese Krisis zunächst
beschworen haben. Die "Grenzboten" haben diesen "vielgeschmähten Männern
der äußersten Rechten" am 19. November ihr wahrhaft vaterländisches Eintreten
für die Reichseinheit gedankt. Dafür werden sie min vom Herrn Grafen Revent¬
low in seinem "Reichswart" vom 1V. Dezember abgekanzelt. Wenn man so
schlecht unterrichtet ist, wie der Herr Graf Reventlow in der bayerischen Ange¬
legenheit zu sein scheint, sollte man seine Wochenartikcl schreiben. Indes scheint
dieser Artikel ja auch nicht der Aufklärung, sondern der Unterhaltung der Leser¬
kreise des "ReichSwartS" dienen zu sollen. Wenigstens berüvrt die Art. wie Graf
Reventlow mich als Schreiber jenes Artikels in Zusammenhang mit "nord¬
deutschen Juden" bringt, um mich vor seinen Lesern herabzusetzen, nur als
une Hausangelegenheit des "Reichswarts", auf die einzugehen der Stil der
"Grenzboten" verbietet.


Professor Dr. Fritz Kern


Graf Reventlow und die Grenzboten

die Madjaren Deutschösterreich auch früher, da man von ihnen nichts gefordert
hat, wenig freundlich gegenüberstanden. Das waren ihre Fehler, für die sie jetzt
schwer gebüßt haben. Vielleicht wird das für die Zukunft die Erkenntnis
reifen, wie sehr ein gegenseitiges Entgegenkommen für beide Völker von
Nutzen wäre.

.. Nur kurz mag noch bemerkt werden, daß für den Anschluß Westungarns
an Österreich nicht nur die völkischen und die geschichtlichen Verhält¬
nisse des Landes, sondern auch seine kulturellen und wirtschaftlichen
Forderungen sprechen. Da die Vudapester Negierung ihr ganzes Bildungswesen
vollständig madjarisiert hat, können die Teutschen Westungarns ihre kulturellen
Bedürfnisse nur in Osterreich befriedigen. Ebenso ist seit jeher vor allem Wien,
serner Graz der dankbarste Abnehmer für die Erzeuauisse der deutschen Landwirt¬
schaft Westungarns. Gegenwärtig ist Westungarns Bodenproduktion geradezu ein
Lebenserfordernis für das darbende Deutschösterreich. Dies gibt unseren Volks¬
genossen in Westnngarn die Möglichkeit der besten Verwertung ihrer Produktion.




Graf Reventlow und die Grenzboten

Es scheint dein Herrn Grafen Reventlow nicht bekannt zu sein, daß in
Bayern eine sehr akute monarchistische Krisis bestanden hat und daß Persönlich¬
keiten, die dem Herrn Grafen Reventlow sehr nahe stehen, diese Krisis zunächst
beschworen haben. Die „Grenzboten" haben diesen „vielgeschmähten Männern
der äußersten Rechten" am 19. November ihr wahrhaft vaterländisches Eintreten
für die Reichseinheit gedankt. Dafür werden sie min vom Herrn Grafen Revent¬
low in seinem „Reichswart" vom 1V. Dezember abgekanzelt. Wenn man so
schlecht unterrichtet ist, wie der Herr Graf Reventlow in der bayerischen Ange¬
legenheit zu sein scheint, sollte man seine Wochenartikcl schreiben. Indes scheint
dieser Artikel ja auch nicht der Aufklärung, sondern der Unterhaltung der Leser¬
kreise des „ReichSwartS" dienen zu sollen. Wenigstens berüvrt die Art. wie Graf
Reventlow mich als Schreiber jenes Artikels in Zusammenhang mit „nord¬
deutschen Juden" bringt, um mich vor seinen Lesern herabzusetzen, nur als
une Hausangelegenheit des „Reichswarts", auf die einzugehen der Stil der
„Grenzboten" verbietet.


Professor Dr. Fritz Kern


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[0379] Graf Reventlow und die Grenzboten die Madjaren Deutschösterreich auch früher, da man von ihnen nichts gefordert hat, wenig freundlich gegenüberstanden. Das waren ihre Fehler, für die sie jetzt schwer gebüßt haben. Vielleicht wird das für die Zukunft die Erkenntnis reifen, wie sehr ein gegenseitiges Entgegenkommen für beide Völker von Nutzen wäre. .. Nur kurz mag noch bemerkt werden, daß für den Anschluß Westungarns an Österreich nicht nur die völkischen und die geschichtlichen Verhält¬ nisse des Landes, sondern auch seine kulturellen und wirtschaftlichen Forderungen sprechen. Da die Vudapester Negierung ihr ganzes Bildungswesen vollständig madjarisiert hat, können die Teutschen Westungarns ihre kulturellen Bedürfnisse nur in Osterreich befriedigen. Ebenso ist seit jeher vor allem Wien, serner Graz der dankbarste Abnehmer für die Erzeuauisse der deutschen Landwirt¬ schaft Westungarns. Gegenwärtig ist Westungarns Bodenproduktion geradezu ein Lebenserfordernis für das darbende Deutschösterreich. Dies gibt unseren Volks¬ genossen in Westnngarn die Möglichkeit der besten Verwertung ihrer Produktion. Graf Reventlow und die Grenzboten Es scheint dein Herrn Grafen Reventlow nicht bekannt zu sein, daß in Bayern eine sehr akute monarchistische Krisis bestanden hat und daß Persönlich¬ keiten, die dem Herrn Grafen Reventlow sehr nahe stehen, diese Krisis zunächst beschworen haben. Die „Grenzboten" haben diesen „vielgeschmähten Männern der äußersten Rechten" am 19. November ihr wahrhaft vaterländisches Eintreten für die Reichseinheit gedankt. Dafür werden sie min vom Herrn Grafen Revent¬ low in seinem „Reichswart" vom 1V. Dezember abgekanzelt. Wenn man so schlecht unterrichtet ist, wie der Herr Graf Reventlow in der bayerischen Ange¬ legenheit zu sein scheint, sollte man seine Wochenartikcl schreiben. Indes scheint dieser Artikel ja auch nicht der Aufklärung, sondern der Unterhaltung der Leser¬ kreise des „ReichSwartS" dienen zu sollen. Wenigstens berüvrt die Art. wie Graf Reventlow mich als Schreiber jenes Artikels in Zusammenhang mit „nord¬ deutschen Juden" bringt, um mich vor seinen Lesern herabzusetzen, nur als une Hausangelegenheit des „Reichswarts", auf die einzugehen der Stil der „Grenzboten" verbietet. Professor Dr. Fritz Kern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/379>, abgerufen am 29.04.2024.