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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Los vom Französischen

steigende Jugend heut durchströmt, eine Bewegung, die, so Gott will, unser ganzes
Volk einmal erfassen wird.

Erstes Zeichen unserer Wiedergenesung wird die das ganze Volk durch¬
dringende Einsicht sein, daß nur Ehrlosigkeit und Verblendung sich das Bekenntnis
unserer Schuld am Kriege abpressen ließen. Aus dieser Erkenntnis wird dann
auch der gemeinsame Wille fließen, unmöglichen und ehrlosen Forderungen unserer
Feinde gegenüber, koste es was es wolle, die Folgen mit der einer edlen Nation
allein würdigen Haltung zu tragen. Erst dann wird die Verachtung von uns
fallen, die jetzt auf uns liegt und werden Freunde in der Welt uns in Scharen
zuströmen.




Los vom Französischen
Dberfmanzrat Dr. <L, Jacobi von

aß die französische Politik kein anderes Ziel verfolgt, als die Ver¬
nichtung Deutschlands, ist niemandem mehr zweifelhaft. Der
Traum einer Versöhnung mit Frankreich, der in den letzten Jahren
vor den: Kriege vielfach gehegt wurde, und dem auch der Kaiser in
seiner großherzigen, ritterlichen Art nachging, ist praktisch erledigt.
Da Frankreich uns überall und auf alle Weise bekämpft und zu schädigen sucht,
wie und wo das nur möglich ist, müssen wir ihm gegenüber das gleiche tun. Vor¬
läufig stehen uns dazu nur geistige und wirtschaftliche Waffen zur Verfügung.
Diese sind aber auch rücksichtslos anzuwenden. Frankreichs Bedeutung in der
Welt beruht zu einem nicht geringen Teile auf der Verbreitung der französischen
Sprache und Literatur. Diese ist also überall zu bekämpfen. Französische Bücher
und Zeitschriften müssen aus Deutschland verschwinden, französische Stücke dürfen
auf deutschen Theatern nicht mehr gegeben werden. Aus dem Lehrplan unserer
Schulen muß das Französische fort. Es bedeutet das auch keineswegs eine Schädi¬
gung unseres geistigen Besitzes. Denn warum lernt man eine fremde Sprache?
Einmal, um in die Welt der fremden Kultur eindringen zu können, und zweitens
aus wirtschaftlichen Gründen, um mit der fremden Sprache sich leichter im Aus¬
lande fortzuhelfen. Um das zweite vorauszunehmen, so ist dazu das Französi¬
sche nicht mehr von großem Wert. Wie der treffliche Josef Hofmiller in den
'-Süddeutschen Monatsheften" sagt, wird das Französische nur noch in einigen
Balkanstaaten für eine Weltsprache gehalten. In dem größten Teil Europas ist
es als Verkehrssprache entbehrlich. So außer in den deutsch sprechenden Ländern
in Großbritannien, Holland und Skandinavien. In Osteuropa ist das Deutsche
ebenso, vielfach mehr verbreitet. Nur in Süd- und Südosteuropa wird vielleicht
ueben der Landessprache noch das Französische für den Verkehr von Bedeutung
sein, obwohl z. B. in Italien englisch, und auch deutsch vielfach ebensogut ver-


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Los vom Französischen

steigende Jugend heut durchströmt, eine Bewegung, die, so Gott will, unser ganzes
Volk einmal erfassen wird.

Erstes Zeichen unserer Wiedergenesung wird die das ganze Volk durch¬
dringende Einsicht sein, daß nur Ehrlosigkeit und Verblendung sich das Bekenntnis
unserer Schuld am Kriege abpressen ließen. Aus dieser Erkenntnis wird dann
auch der gemeinsame Wille fließen, unmöglichen und ehrlosen Forderungen unserer
Feinde gegenüber, koste es was es wolle, die Folgen mit der einer edlen Nation
allein würdigen Haltung zu tragen. Erst dann wird die Verachtung von uns
fallen, die jetzt auf uns liegt und werden Freunde in der Welt uns in Scharen
zuströmen.




Los vom Französischen
Dberfmanzrat Dr. <L, Jacobi von

aß die französische Politik kein anderes Ziel verfolgt, als die Ver¬
nichtung Deutschlands, ist niemandem mehr zweifelhaft. Der
Traum einer Versöhnung mit Frankreich, der in den letzten Jahren
vor den: Kriege vielfach gehegt wurde, und dem auch der Kaiser in
seiner großherzigen, ritterlichen Art nachging, ist praktisch erledigt.
Da Frankreich uns überall und auf alle Weise bekämpft und zu schädigen sucht,
wie und wo das nur möglich ist, müssen wir ihm gegenüber das gleiche tun. Vor¬
läufig stehen uns dazu nur geistige und wirtschaftliche Waffen zur Verfügung.
Diese sind aber auch rücksichtslos anzuwenden. Frankreichs Bedeutung in der
Welt beruht zu einem nicht geringen Teile auf der Verbreitung der französischen
Sprache und Literatur. Diese ist also überall zu bekämpfen. Französische Bücher
und Zeitschriften müssen aus Deutschland verschwinden, französische Stücke dürfen
auf deutschen Theatern nicht mehr gegeben werden. Aus dem Lehrplan unserer
Schulen muß das Französische fort. Es bedeutet das auch keineswegs eine Schädi¬
gung unseres geistigen Besitzes. Denn warum lernt man eine fremde Sprache?
Einmal, um in die Welt der fremden Kultur eindringen zu können, und zweitens
aus wirtschaftlichen Gründen, um mit der fremden Sprache sich leichter im Aus¬
lande fortzuhelfen. Um das zweite vorauszunehmen, so ist dazu das Französi¬
sche nicht mehr von großem Wert. Wie der treffliche Josef Hofmiller in den
'-Süddeutschen Monatsheften" sagt, wird das Französische nur noch in einigen
Balkanstaaten für eine Weltsprache gehalten. In dem größten Teil Europas ist
es als Verkehrssprache entbehrlich. So außer in den deutsch sprechenden Ländern
in Großbritannien, Holland und Skandinavien. In Osteuropa ist das Deutsche
ebenso, vielfach mehr verbreitet. Nur in Süd- und Südosteuropa wird vielleicht
ueben der Landessprache noch das Französische für den Verkehr von Bedeutung
sein, obwohl z. B. in Italien englisch, und auch deutsch vielfach ebensogut ver-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/59>, abgerufen am 29.04.2024.