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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Altes und neues Heer

vorm Kasernentor manchen Mädchenzopf, der aber blieb das Bild unerfüllbarer
Sehnsucht: denn Urlaub gabs nicht.

Kurz vor der Revolution wurde er Soldat, kam infolge seiner Vorbildung
sofort ins Feld, war tapfer bei einigen Patrouillengängen und holte sich schon
nach 14 Tagen E. K. I und II. Er war der jüngste, der strammste Soldat, be°
liebt bei den Vorgesetzten und Kameraden und verhätschelt. Nach der Revolution
überall dort, wo sich etwas ereignete, wurde er mit seinen 18 Jahren wegen
Auszeichnung im Kampf zum Gefreiten befördert. Mit Leib und Seele dem
Svldatenberuf verfallen, wurde er in die Reichswehr übernommen, wo es
Zwar etwas langweiliger herging, aber der Ausbildungsdienst, die Freude an
Strammheit, der Stolz auf seine Erlebnisse, die Frische des Soldatenlebens,
das Interesse an Turnen und Sport ihn zum lachenden Soldaten machten, zum
dienstfreudigsten von allen, dessen Temperament auch in den Stunden schwersten
Dienstes die anderen mit fortriß. Seine Vorgesetzten waren für ihn Götter, nicht
aus verstandesmäßiger Überlegung, sondern aus dem Unbewußten, aus der
Selbstverständlichkeit heraus, weil Vater Wachtmeister nie anders gelehrt halte.

Der geborene Soldat -- für den Führer kein Anlaß zu Schwierigkeiten,
der geborene Soldat, der den Offizier für die Unfreude an der Mehrzahl der
Soldaten entschädigte.




Dies -- einige der Soldatentypen, die zusammenzuschweißen, Aufgabe der
Winterarbeit des Jahres 1919/20 wird.


XI. Freikorpseude

Noch bis zum Frühjahr 1920 halten sich einige Freikorps. Da Kommunisten -
putsche in Aussicht stehen, braucht die Republik noch jene schlagfertigsten aller
Truppen: die Brigaden Ehrhardt und Löwenfeld, die Freikorps Lützow. Lichtschlag
und andere.

Dort haben sich Offiziere und Soldaten gesammelt, die an Mut, Energie,
Tatenlust, Kriegserfahrung und Schwung an sich schon die Reichswehr weit über¬
trafen und die. weil sie nicht des Geldes halber dienten, sondern ihren Frmkorps
größere soldatische und politische Gründe unterlegten, doppelt überlegen waren
Sie. die Soldaten aus Idealismus, gegenüber den Söldnern der Reichswehr!
Sie. die Soldaten, denen die Freude am Beruf - im Frieden und Krreg -
aus den Augen blitzte! Hier hatte sich alles, was nach der Revolution an Offi¬
zieren und Mannschaften politisch nicht resignierte - vor allem die Jugend -
gesammelt. Hinter der gewaltigen, im großen wie im kleinen positiv schaffenden
Kraft, die in jenen steckte, versinken auch die wüstesten Ausschreitungen eines üblen
Freikorpsgeistes, und darum heißt die von der Republik geforderte Auflosung
^ur die Tatkraft jener Freikorps: Kappdämmerung I

Mit dem Freikorpsende stürzt aber auch die Soldaten- und Frontdemokra e
Susannen. Nur bei den Freikorps hatte man sich von jenen Schemen freigemacht,
wonach der Offizier nicht mit seinem (gesellschaftlich unter ihm s enden) Feld-
wobei oder Soldaten zusammensitzen, nicht Mensch zu Mensch spre^ ko"^wonach der Reserveoffizier, selbst dann, wenn er in der Fron
leistete, ebenso wie Ärzte. Zahlmeister und Beamte Offiziere zweüer Klasse waren.


Altes und neues Heer

vorm Kasernentor manchen Mädchenzopf, der aber blieb das Bild unerfüllbarer
Sehnsucht: denn Urlaub gabs nicht.

Kurz vor der Revolution wurde er Soldat, kam infolge seiner Vorbildung
sofort ins Feld, war tapfer bei einigen Patrouillengängen und holte sich schon
nach 14 Tagen E. K. I und II. Er war der jüngste, der strammste Soldat, be°
liebt bei den Vorgesetzten und Kameraden und verhätschelt. Nach der Revolution
überall dort, wo sich etwas ereignete, wurde er mit seinen 18 Jahren wegen
Auszeichnung im Kampf zum Gefreiten befördert. Mit Leib und Seele dem
Svldatenberuf verfallen, wurde er in die Reichswehr übernommen, wo es
Zwar etwas langweiliger herging, aber der Ausbildungsdienst, die Freude an
Strammheit, der Stolz auf seine Erlebnisse, die Frische des Soldatenlebens,
das Interesse an Turnen und Sport ihn zum lachenden Soldaten machten, zum
dienstfreudigsten von allen, dessen Temperament auch in den Stunden schwersten
Dienstes die anderen mit fortriß. Seine Vorgesetzten waren für ihn Götter, nicht
aus verstandesmäßiger Überlegung, sondern aus dem Unbewußten, aus der
Selbstverständlichkeit heraus, weil Vater Wachtmeister nie anders gelehrt halte.

Der geborene Soldat — für den Führer kein Anlaß zu Schwierigkeiten,
der geborene Soldat, der den Offizier für die Unfreude an der Mehrzahl der
Soldaten entschädigte.




Dies — einige der Soldatentypen, die zusammenzuschweißen, Aufgabe der
Winterarbeit des Jahres 1919/20 wird.


XI. Freikorpseude

Noch bis zum Frühjahr 1920 halten sich einige Freikorps. Da Kommunisten -
putsche in Aussicht stehen, braucht die Republik noch jene schlagfertigsten aller
Truppen: die Brigaden Ehrhardt und Löwenfeld, die Freikorps Lützow. Lichtschlag
und andere.

Dort haben sich Offiziere und Soldaten gesammelt, die an Mut, Energie,
Tatenlust, Kriegserfahrung und Schwung an sich schon die Reichswehr weit über¬
trafen und die. weil sie nicht des Geldes halber dienten, sondern ihren Frmkorps
größere soldatische und politische Gründe unterlegten, doppelt überlegen waren
Sie. die Soldaten aus Idealismus, gegenüber den Söldnern der Reichswehr!
Sie. die Soldaten, denen die Freude am Beruf - im Frieden und Krreg -
aus den Augen blitzte! Hier hatte sich alles, was nach der Revolution an Offi¬
zieren und Mannschaften politisch nicht resignierte - vor allem die Jugend -
gesammelt. Hinter der gewaltigen, im großen wie im kleinen positiv schaffenden
Kraft, die in jenen steckte, versinken auch die wüstesten Ausschreitungen eines üblen
Freikorpsgeistes, und darum heißt die von der Republik geforderte Auflosung
^ur die Tatkraft jener Freikorps: Kappdämmerung I

Mit dem Freikorpsende stürzt aber auch die Soldaten- und Frontdemokra e
Susannen. Nur bei den Freikorps hatte man sich von jenen Schemen freigemacht,
wonach der Offizier nicht mit seinem (gesellschaftlich unter ihm s enden) Feld-
wobei oder Soldaten zusammensitzen, nicht Mensch zu Mensch spre^ ko"^wonach der Reserveoffizier, selbst dann, wenn er in der Fron
leistete, ebenso wie Ärzte. Zahlmeister und Beamte Offiziere zweüer Klasse waren.


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[0087] Altes und neues Heer vorm Kasernentor manchen Mädchenzopf, der aber blieb das Bild unerfüllbarer Sehnsucht: denn Urlaub gabs nicht. Kurz vor der Revolution wurde er Soldat, kam infolge seiner Vorbildung sofort ins Feld, war tapfer bei einigen Patrouillengängen und holte sich schon nach 14 Tagen E. K. I und II. Er war der jüngste, der strammste Soldat, be° liebt bei den Vorgesetzten und Kameraden und verhätschelt. Nach der Revolution überall dort, wo sich etwas ereignete, wurde er mit seinen 18 Jahren wegen Auszeichnung im Kampf zum Gefreiten befördert. Mit Leib und Seele dem Svldatenberuf verfallen, wurde er in die Reichswehr übernommen, wo es Zwar etwas langweiliger herging, aber der Ausbildungsdienst, die Freude an Strammheit, der Stolz auf seine Erlebnisse, die Frische des Soldatenlebens, das Interesse an Turnen und Sport ihn zum lachenden Soldaten machten, zum dienstfreudigsten von allen, dessen Temperament auch in den Stunden schwersten Dienstes die anderen mit fortriß. Seine Vorgesetzten waren für ihn Götter, nicht aus verstandesmäßiger Überlegung, sondern aus dem Unbewußten, aus der Selbstverständlichkeit heraus, weil Vater Wachtmeister nie anders gelehrt halte. Der geborene Soldat — für den Führer kein Anlaß zu Schwierigkeiten, der geborene Soldat, der den Offizier für die Unfreude an der Mehrzahl der Soldaten entschädigte. Dies — einige der Soldatentypen, die zusammenzuschweißen, Aufgabe der Winterarbeit des Jahres 1919/20 wird. XI. Freikorpseude Noch bis zum Frühjahr 1920 halten sich einige Freikorps. Da Kommunisten - putsche in Aussicht stehen, braucht die Republik noch jene schlagfertigsten aller Truppen: die Brigaden Ehrhardt und Löwenfeld, die Freikorps Lützow. Lichtschlag und andere. Dort haben sich Offiziere und Soldaten gesammelt, die an Mut, Energie, Tatenlust, Kriegserfahrung und Schwung an sich schon die Reichswehr weit über¬ trafen und die. weil sie nicht des Geldes halber dienten, sondern ihren Frmkorps größere soldatische und politische Gründe unterlegten, doppelt überlegen waren Sie. die Soldaten aus Idealismus, gegenüber den Söldnern der Reichswehr! Sie. die Soldaten, denen die Freude am Beruf - im Frieden und Krreg - aus den Augen blitzte! Hier hatte sich alles, was nach der Revolution an Offi¬ zieren und Mannschaften politisch nicht resignierte - vor allem die Jugend - gesammelt. Hinter der gewaltigen, im großen wie im kleinen positiv schaffenden Kraft, die in jenen steckte, versinken auch die wüstesten Ausschreitungen eines üblen Freikorpsgeistes, und darum heißt die von der Republik geforderte Auflosung ^ur die Tatkraft jener Freikorps: Kappdämmerung I Mit dem Freikorpsende stürzt aber auch die Soldaten- und Frontdemokra e Susannen. Nur bei den Freikorps hatte man sich von jenen Schemen freigemacht, wonach der Offizier nicht mit seinem (gesellschaftlich unter ihm s enden) Feld- wobei oder Soldaten zusammensitzen, nicht Mensch zu Mensch spre^ ko"^wonach der Reserveoffizier, selbst dann, wenn er in der Fron leistete, ebenso wie Ärzte. Zahlmeister und Beamte Offiziere zweüer Klasse waren.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/87>, abgerufen am 29.04.2024.