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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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wenn der Tod beim Kopf steht, steht er aber
bei den Füßen, so muß der Kranke sterben."
Nun wurde des Königs Kind krank, und der
Tod stand beim Kopf, da curirte ers mit dem
Wasser, und das zweitemal, als es krank wur-
de, da machte ers wieder gesund, weil der Tod
wieder beim Kopf stand, das dritte mal aber
stand er bei den Füßen, da mußte es sterben.

Da ging der Mann zu seinem Gevatter
und wollte es ihm alles erzählen, und als er
im Haus auf die erste Treppe kam, so standen
da die Schippe und der Besen, und schmissen
sich. Da fragte er sie, wo der Gevatter woh-
ne; der Besen sagte: eine Treppe höher."
Wie er auf die zweite Treppe kam, sah er eine
Menge todter Finger liegen. Da fragte er wie-
der, wo der Gevatter wohne? "eine Treppe hö-
her." Auf der dritten Treppe lag ein Haufen
todter Köpfe die sagten wieder: "eine Treppe
höher." Auf der vierten sah er Fische über
dem Feuer stehen, die britzelten im Kochen und
backten sich selber. Sie sagten auch: "eine
Treppe höher." Wie er auf die fünfte kam
da war eine Stube, da guckte er durch das
Schlüsselloch, und sah den Gevatter, der
ein paar lange, lange Hörner auf hatte, und
als er hineinging, legte er sie geschwind
aufs Bett und deckte sie zu. Da sprach der
Mann: "Herr Gevatter, wie ich auf eure erste

wenn der Tod beim Kopf ſteht, ſteht er aber
bei den Fuͤßen, ſo muß der Kranke ſterben.“
Nun wurde des Koͤnigs Kind krank, und der
Tod ſtand beim Kopf, da curirte ers mit dem
Waſſer, und das zweitemal, als es krank wur-
de, da machte ers wieder geſund, weil der Tod
wieder beim Kopf ſtand, das dritte mal aber
ſtand er bei den Fuͤßen, da mußte es ſterben.

Da ging der Mann zu ſeinem Gevatter
und wollte es ihm alles erzaͤhlen, und als er
im Haus auf die erſte Treppe kam, ſo ſtanden
da die Schippe und der Beſen, und ſchmiſſen
ſich. Da fragte er ſie, wo der Gevatter woh-
ne; der Beſen ſagte: eine Treppe hoͤher.“
Wie er auf die zweite Treppe kam, ſah er eine
Menge todter Finger liegen. Da fragte er wie-
der, wo der Gevatter wohne? „eine Treppe hoͤ-
her.“ Auf der dritten Treppe lag ein Haufen
todter Koͤpfe die ſagten wieder: „eine Treppe
hoͤher.“ Auf der vierten ſah er Fiſche uͤber
dem Feuer ſtehen, die britzelten im Kochen und
backten ſich ſelber. Sie ſagten auch: „eine
Treppe hoͤher.“ Wie er auf die fuͤnfte kam
da war eine Stube, da guckte er durch das
Schluͤſſelloch, und ſah den Gevatter, der
ein paar lange, lange Hoͤrner auf hatte, und
als er hineinging, legte er ſie geſchwind
aufs Bett und deckte ſie zu. Da ſprach der
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[190/0224] wenn der Tod beim Kopf ſteht, ſteht er aber bei den Fuͤßen, ſo muß der Kranke ſterben.“ Nun wurde des Koͤnigs Kind krank, und der Tod ſtand beim Kopf, da curirte ers mit dem Waſſer, und das zweitemal, als es krank wur- de, da machte ers wieder geſund, weil der Tod wieder beim Kopf ſtand, das dritte mal aber ſtand er bei den Fuͤßen, da mußte es ſterben. Da ging der Mann zu ſeinem Gevatter und wollte es ihm alles erzaͤhlen, und als er im Haus auf die erſte Treppe kam, ſo ſtanden da die Schippe und der Beſen, und ſchmiſſen ſich. Da fragte er ſie, wo der Gevatter woh- ne; der Beſen ſagte: eine Treppe hoͤher.“ Wie er auf die zweite Treppe kam, ſah er eine Menge todter Finger liegen. Da fragte er wie- der, wo der Gevatter wohne? „eine Treppe hoͤ- her.“ Auf der dritten Treppe lag ein Haufen todter Koͤpfe die ſagten wieder: „eine Treppe hoͤher.“ Auf der vierten ſah er Fiſche uͤber dem Feuer ſtehen, die britzelten im Kochen und backten ſich ſelber. Sie ſagten auch: „eine Treppe hoͤher.“ Wie er auf die fuͤnfte kam da war eine Stube, da guckte er durch das Schluͤſſelloch, und ſah den Gevatter, der ein paar lange, lange Hoͤrner auf hatte, und als er hineinging, legte er ſie geſchwind aufs Bett und deckte ſie zu. Da ſprach der Mann: „Herr Gevatter, wie ich auf eure erſte

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/224>, abgerufen am 26.04.2024.