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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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wie ihre verstorbene Mutter, und hatte auch solche goldene Haare. Als sie heran gewachsen war, sah sie der König einmal an, und sah daß sie in allem seiner verstorbenen Gemahlin ähnlich war; da fühlte er eine heftige Liebe zu ihr, und er sprach zu seinen Räten ,ich will meine Tochter heirathen, denn sie ist das Ebenbild meiner verstorbenen Frau, und sonst kann ich doch keine Braut auf Erden finden.' Als die Räthe das hörten, erschracken sie und sprachen ,Gott hat verboten daß der Vater seine Tochter heirathe, und aus der Sünde kann nichts Gutes entspringen.' Die Tochter erschrack auch, hoffte aber den König von seinem Vorhaben noch abzubringen. Da sagte sie zu ihm ,eh ich euren Wunsch erfülle, muß ich erst drei Kleider haben, eins so golden wie die Sonne, eins so silbern wie der Mond, und eins so glänzend als die Sterne; ferner verlang ich einen Mantel von tausenderlei Pelz und Rauhwerk zusammengesetzt, und ein jedes Thier in euerm Reich muß ein Stück von seiner Haut dazu gegeben haben.' Sie dachte aber ,das ist anzuschaffen ganz unmöglich, und dann muß mein Vater von seinen Gedanken ablassen.' Der König aber ließ nicht ab, und die geschicktesten Jungfrauen in seinem Reich mußten die drei Kleider weben, eins so golden als die Sonne, eins so silbern als der Mond, und eins so glänzend als die Sterne; und seine Jäger mußten alle Thiere in seinem Reich auffangen, und ihnen ein Stück von ihrer Haut abziehen, daraus ward ein Mantel von tausenderlei Rauhwerk gemacht. Und wie alles fertig war, ließ es der König zu ihr bringen, und sprach ,morgen soll die Hochzeit seyn.'

wie ihre verstorbene Mutter, und hatte auch solche goldene Haare. Als sie heran gewachsen war, sah sie der Koͤnig einmal an, und sah daß sie in allem seiner verstorbenen Gemahlin aͤhnlich war; da fuͤhlte er eine heftige Liebe zu ihr, und er sprach zu seinen Raͤten ‚ich will meine Tochter heirathen, denn sie ist das Ebenbild meiner verstorbenen Frau, und sonst kann ich doch keine Braut auf Erden finden.‘ Als die Raͤthe das hoͤrten, erschracken sie und sprachen ‚Gott hat verboten daß der Vater seine Tochter heirathe, und aus der Suͤnde kann nichts Gutes entspringen.‘ Die Tochter erschrack auch, hoffte aber den Koͤnig von seinem Vorhaben noch abzubringen. Da sagte sie zu ihm ‚eh ich euren Wunsch erfuͤlle, muß ich erst drei Kleider haben, eins so golden wie die Sonne, eins so silbern wie der Mond, und eins so glaͤnzend als die Sterne; ferner verlang ich einen Mantel von tausenderlei Pelz und Rauhwerk zusammengesetzt, und ein jedes Thier in euerm Reich muß ein Stuͤck von seiner Haut dazu gegeben haben.‘ Sie dachte aber ‚das ist anzuschaffen ganz unmoͤglich, und dann muß mein Vater von seinen Gedanken ablassen.‘ Der Koͤnig aber ließ nicht ab, und die geschicktesten Jungfrauen in seinem Reich mußten die drei Kleider weben, eins so golden als die Sonne, eins so silbern als der Mond, und eins so glaͤnzend als die Sterne; und seine Jaͤger mußten alle Thiere in seinem Reich auffangen, und ihnen ein Stuͤck von ihrer Haut abziehen, daraus ward ein Mantel von tausenderlei Rauhwerk gemacht. Und wie alles fertig war, ließ es der Koͤnig zu ihr bringen, und sprach ‚morgen soll die Hochzeit seyn.‘

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[418/0449] wie ihre verstorbene Mutter, und hatte auch solche goldene Haare. Als sie heran gewachsen war, sah sie der Koͤnig einmal an, und sah daß sie in allem seiner verstorbenen Gemahlin aͤhnlich war; da fuͤhlte er eine heftige Liebe zu ihr, und er sprach zu seinen Raͤten ‚ich will meine Tochter heirathen, denn sie ist das Ebenbild meiner verstorbenen Frau, und sonst kann ich doch keine Braut auf Erden finden.‘ Als die Raͤthe das hoͤrten, erschracken sie und sprachen ‚Gott hat verboten daß der Vater seine Tochter heirathe, und aus der Suͤnde kann nichts Gutes entspringen.‘ Die Tochter erschrack auch, hoffte aber den Koͤnig von seinem Vorhaben noch abzubringen. Da sagte sie zu ihm ‚eh ich euren Wunsch erfuͤlle, muß ich erst drei Kleider haben, eins so golden wie die Sonne, eins so silbern wie der Mond, und eins so glaͤnzend als die Sterne; ferner verlang ich einen Mantel von tausenderlei Pelz und Rauhwerk zusammengesetzt, und ein jedes Thier in euerm Reich muß ein Stuͤck von seiner Haut dazu gegeben haben.‘ Sie dachte aber ‚das ist anzuschaffen ganz unmoͤglich, und dann muß mein Vater von seinen Gedanken ablassen.‘ Der Koͤnig aber ließ nicht ab, und die geschicktesten Jungfrauen in seinem Reich mußten die drei Kleider weben, eins so golden als die Sonne, eins so silbern als der Mond, und eins so glaͤnzend als die Sterne; und seine Jaͤger mußten alle Thiere in seinem Reich auffangen, und ihnen ein Stuͤck von ihrer Haut abziehen, daraus ward ein Mantel von tausenderlei Rauhwerk gemacht. Und wie alles fertig war, ließ es der Koͤnig zu ihr bringen, und sprach ‚morgen soll die Hochzeit seyn.‘

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/449>, abgerufen am 26.04.2024.