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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Fünfftes Buch.
schertzt hatte/ und was meinen Jammer vermehrte/
war dieses/ daß Hertzbruder nit vielmehr mit mir re-
dete/ und mich nur mit Seufftzen anschaute/ welches
mir nit anders vor kam/ als hätte er meine Verdamm-
nus gewust/ und an mir bejammert.

Das II. Capitel.

SOlcher gestalt langten wir zu Einsidlen an/ und
kamen eben in die Kirch/ als ein Priester einen
Besessenen exorcisiret/ das war mir nun auch etwas
neues und seltzams/ derowegen ließ ich Hertzbrudern
knyen und beten/ so lang er mochte/ und gieng hin/
diesem Spectacul auß Fürwitz zuzusehen; Aber ich
hatte mich kaum ein wenig genähert/ da schrye der
böse Geist auß dem armen Menschen: Oho/ du Kerl/
schlägt dich der Hagel auch her? ich hab vermeynt/
dich zu meiner Heimkunfft bey dem Olivier in unserer
höllischeu Wohnung anzutreffen/ so sehe ich wol/ du
läst dich hier finden/ du ehebrecherischer mörderischer
Huren-Jäger/ darffst du dir wol einbilden/ uns zu
entrinnen? O ihr Pfaffen/ nemmt ihn nur nicht an/
er ist ein Gleißner und ärgerer Lügner als ich/ er foppt
sich nur/ und spottet beydes GOtt und der Religion!
Der Exorcist befohl dem Geist zu schweigen/ weil
man ihm als einem Ertz-Lügner ohne das nit glaube;
Ja ja/ antwortet er/ fragt dieses außgesprungenen
Mönchs Räisgesellen/ der wird euch wol erzehlen
können/ daß dieser Atheist sich nit gescheuet/ die Erb-
sen zu kochen/ auff welchen er hieher zu gehen verspro-
chen. Jch wuste nit/ ob ich auff dem Kopff oder Fuß
stunde/ da ich dieses alles hörete/ und mich jederman
ansahe; Aber der Priester straffte den Geist/ und

machte

Fuͤnfftes Buch.
ſchertzt hatte/ und was meinen Jammer vermehrte/
war dieſes/ daß Hertzbruder nit vielmehr mit mir re-
dete/ und mich nur mit Seufftzen anſchaute/ welches
mir nit anders vor kam/ als haͤtte er meine Verdam̃-
nus gewuſt/ und an mir bejammert.

Das II. Capitel.

SOlcher geſtalt langten wir zu Einſidlen an/ und
kamen eben in die Kirch/ als ein Prieſter einen
Beſeſſenen exorciſiret/ das war mir nun auch etwas
neues und ſeltzams/ derowegen ließ ich Hertzbrudern
knyen und beten/ ſo lang er mochte/ und gieng hin/
dieſem Spectacul auß Fuͤrwitz zuzuſehen; Aber ich
hatte mich kaum ein wenig genaͤhert/ da ſchrye der
boͤſe Geiſt auß dem armen Menſchen: Oho/ du Kerl/
ſchlaͤgt dich der Hagel auch her? ich hab vermeynt/
dich zu meiner Heimkunfft bey dem Olivier in unſerer
hoͤlliſcheu Wohnung anzutreffen/ ſo ſehe ich wol/ du
laͤſt dich hier finden/ du ehebrecheriſcher moͤrderiſcher
Huren-Jaͤger/ darffſt du dir wol einbilden/ uns zu
entrinnen? O ihr Pfaffen/ nemmt ihn nur nicht an/
er iſt ein Gleißner und aͤrgerer Luͤgner als ich/ er foppt
ſich nur/ und ſpottet beydes GOtt und der Religion!
Der Exorciſt befohl dem Geiſt zu ſchweigen/ weil
man ihm als einem Ertz-Luͤgner ohne das nit glaube;
Ja ja/ antwortet er/ fragt dieſes außgeſprungenen
Moͤnchs Raͤisgeſellen/ der wird euch wol erzehlen
koͤnnen/ daß dieſer Atheiſt ſich nit geſcheuet/ die Erb-
ſen zu kochen/ auff welchen er hieher zu gehen verſpro-
chen. Jch wuſte nit/ ob ich auff dem Kopff oder Fuß
ſtunde/ da ich dieſes alles hoͤrete/ und mich jederman
anſahe; Aber der Prieſter ſtraffte den Geiſt/ und

machte
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[501/0507] Fuͤnfftes Buch. ſchertzt hatte/ und was meinen Jammer vermehrte/ war dieſes/ daß Hertzbruder nit vielmehr mit mir re- dete/ und mich nur mit Seufftzen anſchaute/ welches mir nit anders vor kam/ als haͤtte er meine Verdam̃- nus gewuſt/ und an mir bejammert. Das II. Capitel. SOlcher geſtalt langten wir zu Einſidlen an/ und kamen eben in die Kirch/ als ein Prieſter einen Beſeſſenen exorciſiret/ das war mir nun auch etwas neues und ſeltzams/ derowegen ließ ich Hertzbrudern knyen und beten/ ſo lang er mochte/ und gieng hin/ dieſem Spectacul auß Fuͤrwitz zuzuſehen; Aber ich hatte mich kaum ein wenig genaͤhert/ da ſchrye der boͤſe Geiſt auß dem armen Menſchen: Oho/ du Kerl/ ſchlaͤgt dich der Hagel auch her? ich hab vermeynt/ dich zu meiner Heimkunfft bey dem Olivier in unſerer hoͤlliſcheu Wohnung anzutreffen/ ſo ſehe ich wol/ du laͤſt dich hier finden/ du ehebrecheriſcher moͤrderiſcher Huren-Jaͤger/ darffſt du dir wol einbilden/ uns zu entrinnen? O ihr Pfaffen/ nemmt ihn nur nicht an/ er iſt ein Gleißner und aͤrgerer Luͤgner als ich/ er foppt ſich nur/ und ſpottet beydes GOtt und der Religion! Der Exorciſt befohl dem Geiſt zu ſchweigen/ weil man ihm als einem Ertz-Luͤgner ohne das nit glaube; Ja ja/ antwortet er/ fragt dieſes außgeſprungenen Moͤnchs Raͤisgeſellen/ der wird euch wol erzehlen koͤnnen/ daß dieſer Atheiſt ſich nit geſcheuet/ die Erb- ſen zu kochen/ auff welchen er hieher zu gehen verſpro- chen. Jch wuſte nit/ ob ich auff dem Kopff oder Fuß ſtunde/ da ich dieſes alles hoͤrete/ und mich jederman anſahe; Aber der Prieſter ſtraffte den Geiſt/ und machte

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/507>, abgerufen am 26.04.2024.