Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Trutz Simplex. Utopia [i. e. Nürnberg], 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

dorffte sehen lassen/ und alle andere trutzte;
und neben mir wohnete ein alter Mechabe-
ris
oder Susannen Mann/ welcher ein
Weib hatte/ die viel älter war als er selb-
sten/ diese wurde zeitlich innen/ von was
vor einer Gattung ich war/ und ich schlug
auch nicht ab in Nothfall mich seiner Hülff
zu bedienen/ wessentwegen wir dann offt
in besagtem Garten zusammen kamen und
gleichsam im Raub und höchster Eil Blu-
men brachen/ darmit es sein eifersüchtige Al-
te nit gewahr würde/ wie wir dann auch
nirgends so sicher als in diesem Garten zu-
sammen kommen konten/ als da das grüne
Laub und die verdeckte Gäng/ unserer Mei-
nung nach vor dem Menschen aber nicht
vor den Augen GOttes unsere Schand
und Laster bedeckten; gewissenhaffte Leut
werden darvor halten/ unser Sün-
denmaß seye damal entweder voll und ü-
berhäufft gewesen/ oder die Güte GOttes
hätte uns zur Besserung und Busse beruf-
fen wollen; Wir hatten einander im An-
fang des Septembris Losung gegeben/ den-

selben

dorffte ſehen laſſen/ und alle andere trutzte;
und neben mir wohnete ein alter Mechabe-
ris
oder Suſannen Mann/ welcher ein
Weib hatte/ die viel aͤlter war als er ſelb-
ſten/ dieſe wurde zeitlich innen/ von was
vor einer Gattung ich war/ und ich ſchlug
auch nicht ab in Nothfall mich ſeiner Huͤlff
zu bedienen/ weſſentwegen wir dann offt
in beſagtem Garten zuſammen kamen und
gleichſam im Raub und hoͤchſter Eil Blu-
men brachen/ darmit es ſein eiferſuͤchtige Al-
te nit gewahr wuͤrde/ wie wir dann auch
nirgends ſo ſicher als in dieſem Garten zu-
ſammen kommen konten/ als da das gruͤne
Laub und die verdeckte Gaͤng/ unſerer Mei-
nung nach vor dem Menſchen aber nicht
vor den Augen GOttes unſere Schand
und Laſter bedeckten; gewiſſenhaffte Leut
werden darvor halten/ unſer Suͤn-
denmaß ſeye damal entweder voll und uͤ-
berhaͤufft geweſen/ oder die Guͤte GOttes
haͤtte uns zur Beſſerung und Buſſe beruf-
fen wollen; Wir hatten einander im An-
fang des Septembris Loſung gegeben/ den-

ſelben
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0235" n="239"/>
dorffte &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en/ und alle andere trutzte;<lb/>
und neben mir wohnete ein alter <hi rendition="#aq">Mechabe-<lb/>
ris</hi> oder Su&#x017F;annen Mann/ welcher ein<lb/>
Weib hatte/ die viel a&#x0364;lter war als er &#x017F;elb-<lb/>
&#x017F;ten/ die&#x017F;e wurde zeitlich innen/ von was<lb/>
vor einer Gattung ich war/ und ich &#x017F;chlug<lb/>
auch nicht ab in Nothfall mich &#x017F;einer Hu&#x0364;lff<lb/>
zu bedienen/ we&#x017F;&#x017F;entwegen wir dann offt<lb/>
in be&#x017F;agtem Garten zu&#x017F;ammen kamen und<lb/>
gleich&#x017F;am im Raub und ho&#x0364;ch&#x017F;ter Eil Blu-<lb/>
men brachen/ darmit es &#x017F;ein eifer&#x017F;u&#x0364;chtige Al-<lb/>
te nit gewahr wu&#x0364;rde/ wie wir dann auch<lb/>
nirgends &#x017F;o &#x017F;icher als in die&#x017F;em Garten zu-<lb/>
&#x017F;ammen kommen konten/ als da das gru&#x0364;ne<lb/>
Laub und die verdeckte Ga&#x0364;ng/ un&#x017F;erer Mei-<lb/>
nung nach vor dem Men&#x017F;chen aber nicht<lb/>
vor den Augen GOttes un&#x017F;ere Schand<lb/>
und La&#x017F;ter bedeckten; gewi&#x017F;&#x017F;enhaffte Leut<lb/>
werden darvor halten/ un&#x017F;er Su&#x0364;n-<lb/>
denmaß &#x017F;eye damal entweder voll und u&#x0364;-<lb/>
berha&#x0364;ufft gewe&#x017F;en/ oder die Gu&#x0364;te GOttes<lb/>
ha&#x0364;tte uns zur Be&#x017F;&#x017F;erung und Bu&#x017F;&#x017F;e beruf-<lb/>
fen wollen; Wir hatten einander im An-<lb/>
fang des <hi rendition="#aq">Septembris</hi> Lo&#x017F;ung gegeben/ den-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;elben</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[239/0235] dorffte ſehen laſſen/ und alle andere trutzte; und neben mir wohnete ein alter Mechabe- ris oder Suſannen Mann/ welcher ein Weib hatte/ die viel aͤlter war als er ſelb- ſten/ dieſe wurde zeitlich innen/ von was vor einer Gattung ich war/ und ich ſchlug auch nicht ab in Nothfall mich ſeiner Huͤlff zu bedienen/ weſſentwegen wir dann offt in beſagtem Garten zuſammen kamen und gleichſam im Raub und hoͤchſter Eil Blu- men brachen/ darmit es ſein eiferſuͤchtige Al- te nit gewahr wuͤrde/ wie wir dann auch nirgends ſo ſicher als in dieſem Garten zu- ſammen kommen konten/ als da das gruͤne Laub und die verdeckte Gaͤng/ unſerer Mei- nung nach vor dem Menſchen aber nicht vor den Augen GOttes unſere Schand und Laſter bedeckten; gewiſſenhaffte Leut werden darvor halten/ unſer Suͤn- denmaß ſeye damal entweder voll und uͤ- berhaͤufft geweſen/ oder die Guͤte GOttes haͤtte uns zur Beſſerung und Buſſe beruf- fen wollen; Wir hatten einander im An- fang des Septembris Loſung gegeben/ den- ſelben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_trutzsimplex_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_trutzsimplex_1670/235
Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Trutz Simplex. Utopia [i. e. Nürnberg], 1670, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_trutzsimplex_1670/235>, abgerufen am 26.04.2024.