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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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Von der Regierungsfolge.
e] Eins der merkwürdigsten Beispiele hiervon sind die wegen
der spanischen Erbfolge errichteten Partage-Tractaten,
Allianzen und Friedensschlüsse, wovon ich bereits bey
der Materie von dem Gleichgewichte und den abgeleite-
ten Erwerbsarten gehandelt habe. Auch die bekante
pragmatische Sanction im Hause Oesterreich erhielt,
nach Absterben Kaiser Karls VI. durch andere Mächte
manche Abänderung. Frankreich und Oesterreich mach-
ten sich in der Allianz vom 30. December 1758.
Art. 16. verbindlich, gemeinschaftlich mit dem Herzog
von Parma bey dem König beider Sicilien es dahin zu
bringen, die Thronfolge im Königreiche beider Sicilien
festzusetzen.
§. 4.
Erbfähigkeit der einzelnen Personen von
der regierenden Familie und deren Aus-
schliessung von der Regierungsfolge
.

Erbfolgsfähig sind an sich alle dieienigen, die zur
Familie, der die Regierung aufgetragen ist, gehören
und auf welche die vorgeschriebene Ordnung sich er-
streckt a]; denn es steht denen, welche ein Recht die
Erbfolge zu bestimmen haben, ohnstreitig bey Festse-
tzung derselben frey, gewisse Personen der regierenden
Familie z. B. die aus ungleicher Ehe erzeugten, legi-
timirten Kinder, oder das weibliche Geschlecht b] ent-
weder ganz oder unter gewissen Bedingungen c] davon
auszuschliessen. Dieienigen, welche ein Recht dazu
haben, können auch selbst sich dessen begeben d]. Wenn
die Regierungsfolge aber einmal gehörig angeordnet
ist, und die Ordnung eine Person trift, auf welche
iene Ausschliessung sich nicht erstreckt, so kann ihnen
solche nicht, am wenigsten von fremden Nazionen ent-

zogen
Von der Regierungsfolge.
e] Eins der merkwuͤrdigſten Beiſpiele hiervon ſind die wegen
der ſpaniſchen Erbfolge errichteten Partage-Tractaten,
Allianzen und Friedensſchluͤſſe, wovon ich bereits bey
der Materie von dem Gleichgewichte und den abgeleite-
ten Erwerbsarten gehandelt habe. Auch die bekante
pragmatiſche Sanction im Hauſe Oeſterreich erhielt,
nach Abſterben Kaiſer Karls VI. durch andere Maͤchte
manche Abaͤnderung. Frankreich und Oeſterreich mach-
ten ſich in der Allianz vom 30. December 1758.
Art. 16. verbindlich, gemeinſchaftlich mit dem Herzog
von Parma bey dem Koͤnig beider Sicilien es dahin zu
bringen, die Thronfolge im Koͤnigreiche beider Sicilien
feſtzuſetzen.
§. 4.
Erbfaͤhigkeit der einzelnen Perſonen von
der regierenden Familie und deren Aus-
ſchlieſſung von der Regierungsfolge
.

Erbfolgsfaͤhig ſind an ſich alle dieienigen, die zur
Familie, der die Regierung aufgetragen iſt, gehoͤren
und auf welche die vorgeſchriebene Ordnung ſich er-
ſtreckt a]; denn es ſteht denen, welche ein Recht die
Erbfolge zu beſtimmen haben, ohnſtreitig bey Feſtſe-
tzung derſelben frey, gewiſſe Perſonen der regierenden
Familie z. B. die aus ungleicher Ehe erzeugten, legi-
timirten Kinder, oder das weibliche Geſchlecht b] ent-
weder ganz oder unter gewiſſen Bedingungen c] davon
auszuſchlieſſen. Dieienigen, welche ein Recht dazu
haben, koͤnnen auch ſelbſt ſich deſſen begeben d]. Wenn
die Regierungsfolge aber einmal gehoͤrig angeordnet
iſt, und die Ordnung eine Perſon trift, auf welche
iene Ausſchlieſſung ſich nicht erſtreckt, ſo kann ihnen
ſolche nicht, am wenigſten von fremden Nazionen ent-

zogen
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[397/0411] Von der Regierungsfolge. e] Eins der merkwuͤrdigſten Beiſpiele hiervon ſind die wegen der ſpaniſchen Erbfolge errichteten Partage-Tractaten, Allianzen und Friedensſchluͤſſe, wovon ich bereits bey der Materie von dem Gleichgewichte und den abgeleite- ten Erwerbsarten gehandelt habe. Auch die bekante pragmatiſche Sanction im Hauſe Oeſterreich erhielt, nach Abſterben Kaiſer Karls VI. durch andere Maͤchte manche Abaͤnderung. Frankreich und Oeſterreich mach- ten ſich in der Allianz vom 30. December 1758. Art. 16. verbindlich, gemeinſchaftlich mit dem Herzog von Parma bey dem Koͤnig beider Sicilien es dahin zu bringen, die Thronfolge im Koͤnigreiche beider Sicilien feſtzuſetzen. §. 4. Erbfaͤhigkeit der einzelnen Perſonen von der regierenden Familie und deren Aus- ſchlieſſung von der Regierungsfolge. Erbfolgsfaͤhig ſind an ſich alle dieienigen, die zur Familie, der die Regierung aufgetragen iſt, gehoͤren und auf welche die vorgeſchriebene Ordnung ſich er- ſtreckt a]; denn es ſteht denen, welche ein Recht die Erbfolge zu beſtimmen haben, ohnſtreitig bey Feſtſe- tzung derſelben frey, gewiſſe Perſonen der regierenden Familie z. B. die aus ungleicher Ehe erzeugten, legi- timirten Kinder, oder das weibliche Geſchlecht b] ent- weder ganz oder unter gewiſſen Bedingungen c] davon auszuſchlieſſen. Dieienigen, welche ein Recht dazu haben, koͤnnen auch ſelbſt ſich deſſen begeben d]. Wenn die Regierungsfolge aber einmal gehoͤrig angeordnet iſt, und die Ordnung eine Perſon trift, auf welche iene Ausſchlieſſung ſich nicht erſtreckt, ſo kann ihnen ſolche nicht, am wenigſten von fremden Nazionen ent- zogen

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/411>, abgerufen am 26.04.2024.