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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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Von der Regierungsfolge.
neuen Regenten und seiner Nachkommen erfoderlich.
Sie findet auch in den sogenanten Patrimonial- und
vermischten Reichen, wo dem vorigen Regenten einiges
Wahlrecht zusteht, Statt. Hauptsächlich aber komt
die Wahlfolge in den eigentlichen Wahlreichen vor,
wo iedesmal, nach Absterben eines Regenten, ein
neuer durch die Wahl zu ernennen ist. Die Grundver-
fassung des Staats muß das Recht der Wahl in allen
diesen Fällen bestimmen.

*] Matth. Bernegger diss. de iure eligendi reges atque
imperatores. Argent.
1624.
§. 8.
Wahlrecht und Freiheit.

Das Wahlrecht kann denen, welchen es nach der
Verfassung zukomt, auf keine Weise, zumal durch an-
dere Nazionen entzogen oder ihnen die verfassungsmäs-
sige Freiheit hierunter benommen werden a], wenn sie
nicht durch besondere Verträge sich dieser Freiheit bege-
ben b] und etwa zu Gunsten einer Person bereits er-
klärt haben c]. In manchen Reichen sind hierüber be-
sondere Vorschriften und Wahlgesetze vorhanden d],
deren Errichtung zwar allein von der Nazion abhangt,
die aber doch, auf Ersuchen, von andern Nazionen
garantirt werden können e].

a] Das Recht einen Römischen König und Kaiser zu erwäh-
len, gehört bekantlich den Kurfürsten des teutschen Reichs.
Bey Ferdinand I. Wahl wolte der Papst den Kurfürsten
von Sachsen, als einen Ketzer, von der Wahl aus-
schliessen. Als bey der Wahl Kaiser Karls VII. der
spanische Gesandte wegen der Stimmführung der Gros-
herzogin von Toscana allerhand Einwendungen machte,
und sich dabey auf die Goldene Bulle bezog, entgegnete
C c 3

Von der Regierungsfolge.
neuen Regenten und ſeiner Nachkommen erfoderlich.
Sie findet auch in den ſogenanten Patrimonial- und
vermiſchten Reichen, wo dem vorigen Regenten einiges
Wahlrecht zuſteht, Statt. Hauptſaͤchlich aber komt
die Wahlfolge in den eigentlichen Wahlreichen vor,
wo iedesmal, nach Abſterben eines Regenten, ein
neuer durch die Wahl zu ernennen iſt. Die Grundver-
faſſung des Staats muß das Recht der Wahl in allen
dieſen Faͤllen beſtimmen.

*] Matth. Bernegger diſſ. de iure eligendi reges atque
imperatores. Argent.
1624.
§. 8.
Wahlrecht und Freiheit.

Das Wahlrecht kann denen, welchen es nach der
Verfaſſung zukomt, auf keine Weiſe, zumal durch an-
dere Nazionen entzogen oder ihnen die verfaſſungsmaͤſ-
ſige Freiheit hierunter benommen werden a], wenn ſie
nicht durch beſondere Vertraͤge ſich dieſer Freiheit bege-
ben b] und etwa zu Gunſten einer Perſon bereits er-
klaͤrt haben c]. In manchen Reichen ſind hieruͤber be-
ſondere Vorſchriften und Wahlgeſetze vorhanden d],
deren Errichtung zwar allein von der Nazion abhangt,
die aber doch, auf Erſuchen, von andern Nazionen
garantirt werden koͤnnen e].

a] Das Recht einen Roͤmiſchen Koͤnig und Kaiſer zu erwaͤh-
len, gehoͤrt bekantlich den Kurfuͤrſten des teutſchen Reichs.
Bey Ferdinand I. Wahl wolte der Papſt den Kurfuͤrſten
von Sachſen, als einen Ketzer, von der Wahl aus-
ſchlieſſen. Als bey der Wahl Kaiſer Karls VII. der
ſpaniſche Geſandte wegen der Stimmfuͤhrung der Gros-
herzogin von Toſcana allerhand Einwendungen machte,
und ſich dabey auf die Goldene Bulle bezog, entgegnete
C c 3
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[405/0419] Von der Regierungsfolge. neuen Regenten und ſeiner Nachkommen erfoderlich. Sie findet auch in den ſogenanten Patrimonial- und vermiſchten Reichen, wo dem vorigen Regenten einiges Wahlrecht zuſteht, Statt. Hauptſaͤchlich aber komt die Wahlfolge in den eigentlichen Wahlreichen vor, wo iedesmal, nach Abſterben eines Regenten, ein neuer durch die Wahl zu ernennen iſt. Die Grundver- faſſung des Staats muß das Recht der Wahl in allen dieſen Faͤllen beſtimmen. *] Matth. Bernegger diſſ. de iure eligendi reges atque imperatores. Argent. 1624. §. 8. Wahlrecht und Freiheit. Das Wahlrecht kann denen, welchen es nach der Verfaſſung zukomt, auf keine Weiſe, zumal durch an- dere Nazionen entzogen oder ihnen die verfaſſungsmaͤſ- ſige Freiheit hierunter benommen werden a], wenn ſie nicht durch beſondere Vertraͤge ſich dieſer Freiheit bege- ben b] und etwa zu Gunſten einer Perſon bereits er- klaͤrt haben c]. In manchen Reichen ſind hieruͤber be- ſondere Vorſchriften und Wahlgeſetze vorhanden d], deren Errichtung zwar allein von der Nazion abhangt, die aber doch, auf Erſuchen, von andern Nazionen garantirt werden koͤnnen e]. a] Das Recht einen Roͤmiſchen Koͤnig und Kaiſer zu erwaͤh- len, gehoͤrt bekantlich den Kurfuͤrſten des teutſchen Reichs. Bey Ferdinand I. Wahl wolte der Papſt den Kurfuͤrſten von Sachſen, als einen Ketzer, von der Wahl aus- ſchlieſſen. Als bey der Wahl Kaiſer Karls VII. der ſpaniſche Geſandte wegen der Stimmfuͤhrung der Gros- herzogin von Toſcana allerhand Einwendungen machte, und ſich dabey auf die Goldene Bulle bezog, entgegnete ein C c 3

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/419>, abgerufen am 26.04.2024.