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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796.

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verbissenes Gelächter, eine Bewegung oder eine
falsche Stellung bemerkt wird, und die Verbes-
serung besteht in einem mehr oder minder fühl-
baren Hiebe, je nachdem die Bildsäule aus feste-
rem oder weicherem Steine gemacht ist. Endlich
ruft der Meister, des Verbesserns müde: der Bild-
hauer ist fort
! und plötzlich werden die Statüen
lebendig, springen von ihren Plätzen, hüpfen,
tanzen, springen, lermen, singen nach Herzens
Lust durch einander. Der Bildhauer sieht das
eine Zeitlang mit an und ruft dann eben so un-
verhofft: Der Bildhauer ist da! Nun fliegen alle
wieder an ihre vorigen Plätze in eben die Stel-
lungen. Der Letzte, welcher am spätesten an
seinem Platze anlangt, giebt ein Pfand, oder
fühlt, wenn man keine Pfänder sammeln will,
den Schlägel des Meisters. Hierauf geht er
wieder aufs Verbessern aus wie oben, auch rückt
er die Personen wieder in die Stellungen, wel-
che sie haben sollen. Allein seine Rolle ist auch
nicht ohne Gefahr; er muss jedesmal Einen als
den letzten angeben und bestrafen, kann er diess
aus Unachtsamkeit nicht, oder bestraft er, nach
dem Zeugnisse der Uebrigen, einen Unschuldigen,
so muss er selbst ein Pfand geben und ist abge-
setzt, oder wird, wenn man nicht um Pfänder
spielt, von den Statüen in Corpore mit Taschen-
tüchern bis zu einem etwas entlegenen, vor-

verbiſſenes Gelächter, eine Bewegung oder eine
falſche Stellung bemerkt wird, und die Verbeſ-
ſerung beſteht in einem mehr oder minder fühl-
baren Hiebe, je nachdem die Bildſäule aus feſte-
rem oder weicherem Steine gemacht iſt. Endlich
ruft der Meiſter, des Verbeſſerns müde: der Bild-
hauer iſt fort
! und plötzlich werden die Statüen
lebendig, ſpringen von ihren Plätzen, hüpfen,
tanzen, ſpringen, lermen, ſingen nach Herzens
Luſt durch einander. Der Bildhauer ſieht das
eine Zeitlang mit an und ruft dann eben ſo un-
verhofft: Der Bildhauer iſt da! Nun fliegen alle
wieder an ihre vorigen Plätze in eben die Stel-
lungen. Der Letzte, welcher am ſpäteſten an
ſeinem Platze anlangt, giebt ein Pfand, oder
fühlt, wenn man keine Pfänder ſammeln will,
den Schlägel des Meiſters. Hierauf geht er
wieder aufs Verbeſſern aus wie oben, auch rückt
er die Perſonen wieder in die Stellungen, wel-
che ſie haben ſollen. Allein ſeine Rolle iſt auch
nicht ohne Gefahr; er muſs jedesmal Einen als
den letzten angeben und beſtrafen, kann er dieſs
aus Unachtſamkeit nicht, oder beſtraft er, nach
dem Zeugniſſe der Uebrigen, einen Unſchuldigen,
ſo muſs er ſelbſt ein Pfand geben und iſt abge-
ſetzt, oder wird, wenn man nicht um Pfänder
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[271/0303] verbiſſenes Gelächter, eine Bewegung oder eine falſche Stellung bemerkt wird, und die Verbeſ- ſerung beſteht in einem mehr oder minder fühl- baren Hiebe, je nachdem die Bildſäule aus feſte- rem oder weicherem Steine gemacht iſt. Endlich ruft der Meiſter, des Verbeſſerns müde: der Bild- hauer iſt fort! und plötzlich werden die Statüen lebendig, ſpringen von ihren Plätzen, hüpfen, tanzen, ſpringen, lermen, ſingen nach Herzens Luſt durch einander. Der Bildhauer ſieht das eine Zeitlang mit an und ruft dann eben ſo un- verhofft: Der Bildhauer iſt da! Nun fliegen alle wieder an ihre vorigen Plätze in eben die Stel- lungen. Der Letzte, welcher am ſpäteſten an ſeinem Platze anlangt, giebt ein Pfand, oder fühlt, wenn man keine Pfänder ſammeln will, den Schlägel des Meiſters. Hierauf geht er wieder aufs Verbeſſern aus wie oben, auch rückt er die Perſonen wieder in die Stellungen, wel- che ſie haben ſollen. Allein ſeine Rolle iſt auch nicht ohne Gefahr; er muſs jedesmal Einen als den letzten angeben und beſtrafen, kann er dieſs aus Unachtſamkeit nicht, oder beſtraft er, nach dem Zeugniſſe der Uebrigen, einen Unſchuldigen, ſo muſs er ſelbſt ein Pfand geben und iſt abge- ſetzt, oder wird, wenn man nicht um Pfänder ſpielt, von den Statüen in Corpore mit Taſchen- tüchern bis zu einem etwas entlegenen, vor-

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Zitationshilfe: Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/303>, abgerufen am 26.04.2024.