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Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.

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Das Leben bei der Ugarti! Die mögliche Bestimmung, die man ihr hatte geben wollen, sie einem vornehmen Türken zu verkaufen! Allem dachte er nach, sprach auch gelegentlich mit dem Fürsten Rauden darüber, selbst mit Merkus auf Anlaß der Nachricht, daß der Verlobte, Raimund Ehlerdt, sich im Krankenhause nicht erholt zu haben scheine, sondern unter der Obhut seiner verheiratheten Schwester dumpf fortvegetire.

Die Zeit der Abreise des Grafen auf seinen wieder einzunehmenden Posten rückte näher. Von allen Seiten kamen Kunden, die nur von Glück erschollen. Er allein war ausgeschlossen. Sein Gemüth konnte es nicht ertragen. Nicht vor Neid, sondern vor Schmerz. Sogar Fürst Rauden hatte endlich einen wirksamen Operntext gefunden, den er ihm selbst gegeben hatte, den dramatisirten Anfang der Iliade: Der Königsstreit. Im Geist sah Prinz Narziß den Theaterzettel mit Riesenlettern schon an allen Straßenecken. Nur zwei Menschen sind entschieden unglücklich, sagte sich Graf Udo, zwei - er meinte sich und nach einer Ahnung - ganz gewiß auch Edwina! Er schickte La Rose aus, sich nach ihrer Wohnung zu erkundigen.

La Rose berichtete d'un quartier tres-vilain.


Das Leben bei der Ugarti! Die mögliche Bestimmung, die man ihr hatte geben wollen, sie einem vornehmen Türken zu verkaufen! Allem dachte er nach, sprach auch gelegentlich mit dem Fürsten Rauden darüber, selbst mit Merkus auf Anlaß der Nachricht, daß der Verlobte, Raimund Ehlerdt, sich im Krankenhause nicht erholt zu haben scheine, sondern unter der Obhut seiner verheiratheten Schwester dumpf fortvegetire.

Die Zeit der Abreise des Grafen auf seinen wieder einzunehmenden Posten rückte näher. Von allen Seiten kamen Kunden, die nur von Glück erschollen. Er allein war ausgeschlossen. Sein Gemüth konnte es nicht ertragen. Nicht vor Neid, sondern vor Schmerz. Sogar Fürst Rauden hatte endlich einen wirksamen Operntext gefunden, den er ihm selbst gegeben hatte, den dramatisirten Anfang der Iliade: Der Königsstreit. Im Geist sah Prinz Narziß den Theaterzettel mit Riesenlettern schon an allen Straßenecken. Nur zwei Menschen sind entschieden unglücklich, sagte sich Graf Udo, zwei – er meinte sich und nach einer Ahnung – ganz gewiß auch Edwina! Er schickte La Rose aus, sich nach ihrer Wohnung zu erkundigen.

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[278/0284] Das Leben bei der Ugarti! Die mögliche Bestimmung, die man ihr hatte geben wollen, sie einem vornehmen Türken zu verkaufen! Allem dachte er nach, sprach auch gelegentlich mit dem Fürsten Rauden darüber, selbst mit Merkus auf Anlaß der Nachricht, daß der Verlobte, Raimund Ehlerdt, sich im Krankenhause nicht erholt zu haben scheine, sondern unter der Obhut seiner verheiratheten Schwester dumpf fortvegetire. Die Zeit der Abreise des Grafen auf seinen wieder einzunehmenden Posten rückte näher. Von allen Seiten kamen Kunden, die nur von Glück erschollen. Er allein war ausgeschlossen. Sein Gemüth konnte es nicht ertragen. Nicht vor Neid, sondern vor Schmerz. Sogar Fürst Rauden hatte endlich einen wirksamen Operntext gefunden, den er ihm selbst gegeben hatte, den dramatisirten Anfang der Iliade: Der Königsstreit. Im Geist sah Prinz Narziß den Theaterzettel mit Riesenlettern schon an allen Straßenecken. Nur zwei Menschen sind entschieden unglücklich, sagte sich Graf Udo, zwei – er meinte sich und nach einer Ahnung – ganz gewiß auch Edwina! Er schickte La Rose aus, sich nach ihrer Wohnung zu erkundigen. La Rose berichtete d’un quartier très-vilain.

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/284>, abgerufen am 26.04.2024.