Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite
Ursachen des Herzschlages.

Joseph Lieutaud (n) erkläret dieses auf folgende
Art, daß nämlich das Blut, welches die Hölen des Her-
zens ausdehnet, die Fasern dieses Muskels zusammendrük-
ke: solchergestalt springet die in denen Herzfasern ver-
borgene Materie der Bewegung, indem sie durch die em-
pfundene Schwierigkeit erreget wird, wieder zurükke, und
veranlasset das Herz, daß es sich usammenziehen muß;
gleich darnach ruhet dieselbe wieder, wenn das aus denen
Hölen des Herzens herausgetriebene Blut die Fasern des-
selben nicht mehr drükket.

Der berühmte J. Rudolph Stähelin (o) hat eine
andere Meinung, die nach denen neuern Hipothesen ein-
gerichtet war, vorgetragen. Er nimmt nämlich an, der
Nervensaft sey electrisch, und das Herz ziehe sich zusam-
men, so oft demselben von den Nerven die Electricität
mitgetheilet würde, da es sonsten vorher nicht electrisch
gewesen sey. Es verschwinde aber diese electrische Kraft,
und die davon herrührende Zusammenziehung, bald dar-
auf wieder, weil das Herz, indem es sich verengert, ein
Blut berühret, das nicht electrisch ist, und folglich nach
dem allgemeinen Gesezze seine eigene Electricität verlieret,
welche nunmehro in das Blut übergegangen ist. Es
werde aber dem Herzen, das nun nicht mehr electrisch ist,
durch die Nerven von neuen eine electrische Kraft beyge-
bracht, welche es aber kurz darauf, aus eben der Ursa-
che, wieder verlieren müsse.

§. 19.
Das mangelhafte bei diesen Hipothesen.

Es ist demnach noch übrig, daß wir untersuchen,
was an diesen Hipothesen eigentlich gut oder schlecht ge-

grün-
(n) [Spaltenumbruch] Premiere Dissertation, S.
703.
(o) Disp. de pulsibus, Basel
[Spaltenumbruch] 1749. welche in unsrer Sammlung
T. VII. S. 14. wieder ist abge-
drukt worden.
P p p
Urſachen des Herzſchlages.

Joſeph Lieutaud (n) erklaͤret dieſes auf folgende
Art, daß naͤmlich das Blut, welches die Hoͤlen des Her-
zens ausdehnet, die Faſern dieſes Muskels zuſammendruͤk-
ke: ſolchergeſtalt ſpringet die in denen Herzfaſern ver-
borgene Materie der Bewegung, indem ſie durch die em-
pfundene Schwierigkeit erreget wird, wieder zuruͤkke, und
veranlaſſet das Herz, daß es ſich uſammenziehen muß;
gleich darnach ruhet dieſelbe wieder, wenn das aus denen
Hoͤlen des Herzens herausgetriebene Blut die Faſern deſ-
ſelben nicht mehr druͤkket.

Der beruͤhmte J. Rudolph Staͤhelin (o) hat eine
andere Meinung, die nach denen neuern Hipotheſen ein-
gerichtet war, vorgetragen. Er nimmt naͤmlich an, der
Nervenſaft ſey electriſch, und das Herz ziehe ſich zuſam-
men, ſo oft demſelben von den Nerven die Electricitaͤt
mitgetheilet wuͤrde, da es ſonſten vorher nicht electriſch
geweſen ſey. Es verſchwinde aber dieſe electriſche Kraft,
und die davon herruͤhrende Zuſammenziehung, bald dar-
auf wieder, weil das Herz, indem es ſich verengert, ein
Blut beruͤhret, das nicht electriſch iſt, und folglich nach
dem allgemeinen Geſezze ſeine eigene Electricitaͤt verlieret,
welche nunmehro in das Blut uͤbergegangen iſt. Es
werde aber dem Herzen, das nun nicht mehr electriſch iſt,
durch die Nerven von neuen eine electriſche Kraft beyge-
bracht, welche es aber kurz darauf, aus eben der Urſa-
che, wieder verlieren muͤſſe.

§. 19.
Das mangelhafte bei dieſen Hipotheſen.

Es iſt demnach noch uͤbrig, daß wir unterſuchen,
was an dieſen Hipotheſen eigentlich gut oder ſchlecht ge-

gruͤn-
(n) [Spaltenumbruch] Premiere Diſſertation, S.
703.
(o) Diſp. de pulſibus, Baſel
[Spaltenumbruch] 1749. welche in unſrer Sammlung
T. VII. S. 14. wieder iſt abge-
drukt worden.
P p p
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f1017" n="961"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Ur&#x017F;achen des Herz&#x017F;chlages.</hi> </fw><lb/>
            <p>Jo&#x017F;eph <hi rendition="#fr">Lieutaud</hi> <note place="foot" n="(n)"><cb/><hi rendition="#aq">Premiere Di&#x017F;&#x017F;ertation,</hi> S.<lb/>
703.</note> erkla&#x0364;ret die&#x017F;es auf folgende<lb/>
Art, daß na&#x0364;mlich das Blut, welches die Ho&#x0364;len des Her-<lb/>
zens ausdehnet, die Fa&#x017F;ern die&#x017F;es Muskels zu&#x017F;ammendru&#x0364;k-<lb/>
ke: &#x017F;olcherge&#x017F;talt &#x017F;pringet die in denen Herzfa&#x017F;ern ver-<lb/>
borgene Materie der Bewegung, indem &#x017F;ie durch die em-<lb/>
pfundene Schwierigkeit erreget wird, wieder zuru&#x0364;kke, und<lb/>
veranla&#x017F;&#x017F;et das Herz, daß es &#x017F;ich u&#x017F;ammenziehen muß;<lb/>
gleich darnach ruhet die&#x017F;elbe wieder, wenn das aus denen<lb/>
Ho&#x0364;len des Herzens herausgetriebene Blut die Fa&#x017F;ern de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben nicht mehr dru&#x0364;kket.</p><lb/>
            <p>Der beru&#x0364;hmte J. Rudolph <hi rendition="#fr">Sta&#x0364;helin</hi> <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#aq">Di&#x017F;p. de pul&#x017F;ibus,</hi> Ba&#x017F;el<lb/><cb/>
1749. welche in un&#x017F;rer Sammlung<lb/><hi rendition="#aq">T. VII.</hi> S. 14. wieder i&#x017F;t abge-<lb/>
drukt worden.</note> hat eine<lb/>
andere Meinung, die nach denen neuern Hipothe&#x017F;en ein-<lb/>
gerichtet war, vorgetragen. Er nimmt na&#x0364;mlich an, der<lb/>
Nerven&#x017F;aft &#x017F;ey electri&#x017F;ch, und das Herz ziehe &#x017F;ich zu&#x017F;am-<lb/>
men, &#x017F;o oft dem&#x017F;elben von den Nerven die Electricita&#x0364;t<lb/>
mitgetheilet wu&#x0364;rde, da es &#x017F;on&#x017F;ten vorher nicht electri&#x017F;ch<lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;ey. Es ver&#x017F;chwinde aber die&#x017F;e electri&#x017F;che Kraft,<lb/>
und die davon herru&#x0364;hrende Zu&#x017F;ammenziehung, bald dar-<lb/>
auf wieder, weil das Herz, indem es &#x017F;ich verengert, ein<lb/>
Blut beru&#x0364;hret, das nicht electri&#x017F;ch i&#x017F;t, und folglich nach<lb/>
dem allgemeinen Ge&#x017F;ezze &#x017F;eine eigene Electricita&#x0364;t verlieret,<lb/>
welche nunmehro in das Blut u&#x0364;bergegangen i&#x017F;t. Es<lb/>
werde aber dem Herzen, das nun nicht mehr electri&#x017F;ch i&#x017F;t,<lb/>
durch die Nerven von neuen eine electri&#x017F;che Kraft beyge-<lb/>
bracht, welche es aber kurz darauf, aus eben der Ur&#x017F;a-<lb/>
che, wieder verlieren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 19.<lb/>
Das mangelhafte bei die&#x017F;en Hipothe&#x017F;en.</head><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t demnach noch u&#x0364;brig, daß wir unter&#x017F;uchen,<lb/>
was an die&#x017F;en Hipothe&#x017F;en eigentlich gut oder &#x017F;chlecht ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P p p</fw><fw place="bottom" type="catch">gru&#x0364;n-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[961/1017] Urſachen des Herzſchlages. Joſeph Lieutaud (n) erklaͤret dieſes auf folgende Art, daß naͤmlich das Blut, welches die Hoͤlen des Her- zens ausdehnet, die Faſern dieſes Muskels zuſammendruͤk- ke: ſolchergeſtalt ſpringet die in denen Herzfaſern ver- borgene Materie der Bewegung, indem ſie durch die em- pfundene Schwierigkeit erreget wird, wieder zuruͤkke, und veranlaſſet das Herz, daß es ſich uſammenziehen muß; gleich darnach ruhet dieſelbe wieder, wenn das aus denen Hoͤlen des Herzens herausgetriebene Blut die Faſern deſ- ſelben nicht mehr druͤkket. Der beruͤhmte J. Rudolph Staͤhelin (o) hat eine andere Meinung, die nach denen neuern Hipotheſen ein- gerichtet war, vorgetragen. Er nimmt naͤmlich an, der Nervenſaft ſey electriſch, und das Herz ziehe ſich zuſam- men, ſo oft demſelben von den Nerven die Electricitaͤt mitgetheilet wuͤrde, da es ſonſten vorher nicht electriſch geweſen ſey. Es verſchwinde aber dieſe electriſche Kraft, und die davon herruͤhrende Zuſammenziehung, bald dar- auf wieder, weil das Herz, indem es ſich verengert, ein Blut beruͤhret, das nicht electriſch iſt, und folglich nach dem allgemeinen Geſezze ſeine eigene Electricitaͤt verlieret, welche nunmehro in das Blut uͤbergegangen iſt. Es werde aber dem Herzen, das nun nicht mehr electriſch iſt, durch die Nerven von neuen eine electriſche Kraft beyge- bracht, welche es aber kurz darauf, aus eben der Urſa- che, wieder verlieren muͤſſe. §. 19. Das mangelhafte bei dieſen Hipotheſen. Es iſt demnach noch uͤbrig, daß wir unterſuchen, was an dieſen Hipotheſen eigentlich gut oder ſchlecht ge- gruͤn- (n) Premiere Diſſertation, S. 703. (o) Diſp. de pulſibus, Baſel 1749. welche in unſrer Sammlung T. VII. S. 14. wieder iſt abge- drukt worden. P p p

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/1017
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 961. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/1017>, abgerufen am 29.04.2024.