Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweites Buch. Gefässe.
§. 23.
Ob sich das Flieswasser in diese Drüsen
ergiesse.

Es ist aber schwer zu bestimmen, ob das in denen
herbeiführenden Gefässen befindliche Flieswasser ganz al-
lein von den zurükführenden aufgenommen werde und in
dieselben übergehe? oder ob es sich vielmehr in einige
Drüsenhölen vorher ergiesse, aus denen es von den zu-
rükführenden Gängen wieder eingesogen wird, und so-
dann wieder heraustritt. Man findet auf beiden Sei-
ten Ansehn und Gründe. Und zwar behauptet Mal-
pighius
(t), daß sich das Flieswasser in der That in
seine hole Bläschen ausleere, er fügt auch den Versuch
hinzu, da die eingesprizte Tinte in denen Säkchen einer
von einem kränklichen Zustand verdobenen Leberdrüse,
stehen geblieben. Ein vormals berühmter Leibarzt (u)
hat noch einen andern Versuch hinzugefügt, da das in
einige einfache Drüsen gebrachte Queksilber in die klein-
ste Tropfen zerstäubt worden. Dagegen erinnerte der
vortrefliche Albinus, (denn den Mylius (x) überge-
hen wir jezo,) wie ich aus dessen Vorlesungen, die ich
vor dreyßig Jahren besucht habe, mich noch entsinne,
daß das Queksilber ganz und gar nicht in einige Räume
einer Drüse eindringe. Er glaubte ferner, man würde
es bei dieser Höle, wenn ja einige Ergiessung dieser flüs-
sigen Materie in Tropfen oder kleinen Massen statt fän-
de, durch keine Gewalt so weit bringen können, daß die-
selbe von den wegführenden Gefässen aufgenommen wür-
de (y). Sie würde sich auch ferner ungleich leichter in die
erreichte Räume ausbreiten, als daß sie von den kleinen

Mündun-
(t) [Spaltenumbruch] Angef. Ort. S. 3.
(u) I. Conrad brvnner de
glandul. duodeni, c.
2.
(x) Angef. Ort. S. 7. daß das
[Spaltenumbruch] Flieswasser durchgehe, und nicht
in den einfachen Drüsen gefamlet
werde.
(y) Jm 12 B. 1 Absch. N. 30.
Zweites Buch. Gefaͤſſe.
§. 23.
Ob ſich das Flieswaſſer in dieſe Druͤſen
ergieſſe.

Es iſt aber ſchwer zu beſtimmen, ob das in denen
herbeifuͤhrenden Gefaͤſſen befindliche Flieswaſſer ganz al-
lein von den zuruͤkfuͤhrenden aufgenommen werde und in
dieſelben uͤbergehe? oder ob es ſich vielmehr in einige
Druͤſenhoͤlen vorher ergieſſe, aus denen es von den zu-
ruͤkfuͤhrenden Gaͤngen wieder eingeſogen wird, und ſo-
dann wieder heraustritt. Man findet auf beiden Sei-
ten Anſehn und Gruͤnde. Und zwar behauptet Mal-
pighius
(t), daß ſich das Flieswaſſer in der That in
ſeine hole Blaͤschen ausleere, er fuͤgt auch den Verſuch
hinzu, da die eingeſprizte Tinte in denen Saͤkchen einer
von einem kraͤnklichen Zuſtand verdobenen Leberdruͤſe,
ſtehen geblieben. Ein vormals beruͤhmter Leibarzt (u)
hat noch einen andern Verſuch hinzugefuͤgt, da das in
einige einfache Druͤſen gebrachte Quekſilber in die klein-
ſte Tropfen zerſtaͤubt worden. Dagegen erinnerte der
vortrefliche Albinus, (denn den Mylius (x) uͤberge-
hen wir jezo,) wie ich aus deſſen Vorleſungen, die ich
vor dreyßig Jahren beſucht habe, mich noch entſinne,
daß das Quekſilber ganz und gar nicht in einige Raͤume
einer Druͤſe eindringe. Er glaubte ferner, man wuͤrde
es bei dieſer Hoͤle, wenn ja einige Ergieſſung dieſer fluͤſ-
ſigen Materie in Tropfen oder kleinen Maſſen ſtatt faͤn-
de, durch keine Gewalt ſo weit bringen koͤnnen, daß die-
ſelbe von den wegfuͤhrenden Gefaͤſſen aufgenommen wuͤr-
de (y). Sie wuͤrde ſich auch ferner ungleich leichter in die
erreichte Raͤume ausbreiten, als daß ſie von den kleinen

Muͤndun-
(t) [Spaltenumbruch] Angef. Ort. S. 3.
(u) I. Conrad brvnner de
glandul. duodeni, c.
2.
(x) Angef. Ort. S. 7. daß das
[Spaltenumbruch] Flieswaſſer durchgehe, und nicht
in den einfachen Druͤſen gefamlet
werde.
(y) Jm 12 B. 1 Abſch. N. 30.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0406" n="350"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweites Buch. Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 23.<lb/>
Ob &#x017F;ich das Flieswa&#x017F;&#x017F;er in die&#x017F;e Dru&#x0364;&#x017F;en<lb/>
ergie&#x017F;&#x017F;e.</head><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t aber &#x017F;chwer zu be&#x017F;timmen, ob das in denen<lb/>
herbeifu&#x0364;hrenden Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en befindliche Flieswa&#x017F;&#x017F;er ganz al-<lb/>
lein von den zuru&#x0364;kfu&#x0364;hrenden aufgenommen werde und in<lb/>
die&#x017F;elben u&#x0364;bergehe? oder ob es &#x017F;ich vielmehr in einige<lb/>
Dru&#x0364;&#x017F;enho&#x0364;len vorher ergie&#x017F;&#x017F;e, aus denen es von den zu-<lb/>
ru&#x0364;kfu&#x0364;hrenden Ga&#x0364;ngen wieder einge&#x017F;ogen wird, und &#x017F;o-<lb/>
dann wieder heraustritt. Man findet auf beiden Sei-<lb/>
ten An&#x017F;ehn und Gru&#x0364;nde. Und zwar behauptet <hi rendition="#fr">Mal-<lb/>
pighius</hi> <note place="foot" n="(t)"><cb/>
Angef. Ort. S. 3.</note>, daß &#x017F;ich das Flieswa&#x017F;&#x017F;er in der That in<lb/>
&#x017F;eine hole Bla&#x0364;schen ausleere, er fu&#x0364;gt auch den Ver&#x017F;uch<lb/>
hinzu, da die einge&#x017F;prizte Tinte in denen Sa&#x0364;kchen einer<lb/>
von einem kra&#x0364;nklichen Zu&#x017F;tand verdobenen Leberdru&#x0364;&#x017F;e,<lb/>
&#x017F;tehen geblieben. Ein vormals beru&#x0364;hmter Leibarzt <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq">I. Conrad <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">brvnner</hi></hi> de<lb/>
glandul. duodeni, c.</hi> 2.</note><lb/>
hat noch einen andern Ver&#x017F;uch hinzugefu&#x0364;gt, da das in<lb/>
einige einfache Dru&#x0364;&#x017F;en gebrachte Quek&#x017F;ilber in die klein-<lb/>
&#x017F;te Tropfen zer&#x017F;ta&#x0364;ubt worden. Dagegen erinnerte der<lb/>
vortrefliche <hi rendition="#fr">Albinus,</hi> (denn den <hi rendition="#fr">Mylius</hi> <note place="foot" n="(x)">Angef. Ort. S. 7. daß das<lb/><cb/>
Flieswa&#x017F;&#x017F;er durchgehe, und nicht<lb/>
in den einfachen Dru&#x0364;&#x017F;en gefamlet<lb/>
werde.</note> u&#x0364;berge-<lb/>
hen wir jezo,) wie ich aus de&#x017F;&#x017F;en Vorle&#x017F;ungen, die ich<lb/>
vor dreyßig Jahren be&#x017F;ucht habe, mich noch ent&#x017F;inne,<lb/>
daß das Quek&#x017F;ilber ganz und gar nicht in einige Ra&#x0364;ume<lb/>
einer Dru&#x0364;&#x017F;e eindringe. Er glaubte ferner, man wu&#x0364;rde<lb/>
es bei die&#x017F;er Ho&#x0364;le, wenn ja einige Ergie&#x017F;&#x017F;ung die&#x017F;er flu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;igen Materie in Tropfen oder kleinen Ma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tatt fa&#x0364;n-<lb/>
de, durch keine Gewalt &#x017F;o weit bringen ko&#x0364;nnen, daß die-<lb/>
&#x017F;elbe von den wegfu&#x0364;hrenden Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en aufgenommen wu&#x0364;r-<lb/>
de <note place="foot" n="(y)">Jm 12 B. 1 Ab&#x017F;ch. N. 30.</note>. Sie wu&#x0364;rde &#x017F;ich auch ferner ungleich leichter in die<lb/>
erreichte Ra&#x0364;ume ausbreiten, als daß &#x017F;ie von den kleinen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Mu&#x0364;ndun-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[350/0406] Zweites Buch. Gefaͤſſe. §. 23. Ob ſich das Flieswaſſer in dieſe Druͤſen ergieſſe. Es iſt aber ſchwer zu beſtimmen, ob das in denen herbeifuͤhrenden Gefaͤſſen befindliche Flieswaſſer ganz al- lein von den zuruͤkfuͤhrenden aufgenommen werde und in dieſelben uͤbergehe? oder ob es ſich vielmehr in einige Druͤſenhoͤlen vorher ergieſſe, aus denen es von den zu- ruͤkfuͤhrenden Gaͤngen wieder eingeſogen wird, und ſo- dann wieder heraustritt. Man findet auf beiden Sei- ten Anſehn und Gruͤnde. Und zwar behauptet Mal- pighius (t), daß ſich das Flieswaſſer in der That in ſeine hole Blaͤschen ausleere, er fuͤgt auch den Verſuch hinzu, da die eingeſprizte Tinte in denen Saͤkchen einer von einem kraͤnklichen Zuſtand verdobenen Leberdruͤſe, ſtehen geblieben. Ein vormals beruͤhmter Leibarzt (u) hat noch einen andern Verſuch hinzugefuͤgt, da das in einige einfache Druͤſen gebrachte Quekſilber in die klein- ſte Tropfen zerſtaͤubt worden. Dagegen erinnerte der vortrefliche Albinus, (denn den Mylius (x) uͤberge- hen wir jezo,) wie ich aus deſſen Vorleſungen, die ich vor dreyßig Jahren beſucht habe, mich noch entſinne, daß das Quekſilber ganz und gar nicht in einige Raͤume einer Druͤſe eindringe. Er glaubte ferner, man wuͤrde es bei dieſer Hoͤle, wenn ja einige Ergieſſung dieſer fluͤſ- ſigen Materie in Tropfen oder kleinen Maſſen ſtatt faͤn- de, durch keine Gewalt ſo weit bringen koͤnnen, daß die- ſelbe von den wegfuͤhrenden Gefaͤſſen aufgenommen wuͤr- de (y). Sie wuͤrde ſich auch ferner ungleich leichter in die erreichte Raͤume ausbreiten, als daß ſie von den kleinen Muͤndun- (t) Angef. Ort. S. 3. (u) I. Conrad brvnner de glandul. duodeni, c. 2. (x) Angef. Ort. S. 7. daß das Flieswaſſer durchgehe, und nicht in den einfachen Druͤſen gefamlet werde. (y) Jm 12 B. 1 Abſch. N. 30.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/406
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/406>, abgerufen am 29.04.2024.