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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

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Zweites Buch. Gefässe.
§. 26.
Ob diese Drüsen den Lauf des Flieswassers
befördern helfen.

Die meisten Zergliederer und phisiologische Schrift-
steller, vor allen aber Malpighius (e), haben die-
sen Drüsen Muskelfasern zugeschrieben, benebst einer
Kraft, die da geschikt ist, den Lauf des Flieswassers zu be-
fördern, daß sie also gleichsam eben so viel kleine Her-
zen für die durchsichtigen Gefässe wären (f): solchemnach
befänden sich an den Leisten des Menschen deren viel meh-
rere, als bei den unvernünftigen Thieren (g), weil das
menschliche Flieswasser viel mehr in die Höhe stiege, als
bei den übrigen Thieren.

Wenn sie aber weder Muskelfasern, noch eine Reiz-
barkeit besizzen, so läst sich diese Kraft wohl in Zweifel
ziehen. Ferner läst es sich durch die Gründe und Erschei-
nungen erweislich machen, daß nirgends die Säfte im
Menschen so oft stokken oder stehen bleiben, als in diesen
Drüsen. Am meisten aber stehet der Umstand dieser
Meinung entgegen, daß an dem Orte die Bewegung des
Flieswassers gemeiniglich gehemmet wird, wo eine neue
Muskelkraft hinzukommt. Jn den einfachen Drüsen ist
hingegen der gewöhnlichste Siz derer Verhärtungen.
Man findet die Drüsen des Gekröses zum öftern (h) ver-
härtet und sehr ausgedehnet, sowol nach meinen, als
anderer Schriftsteller Beobachtungen, daß sie mit ihrem
Geschwulst vielmals eine falsche Wassersucht vorgestellet

haben
(e) [Spaltenumbruch] De gland. conglobat. Lan-
cifius
in Epist. S. 14. Mylius
n. 7. 12.
(f) J. Godfr. v. Berger de
Succi nutritii per nervos transitu,

S. 26. de nat. humana S. 167.
(g) [Spaltenumbruch] Morgagni Advers. anat.
II.
S. 88.
(h) Iul. Caes. arantivs de tu-
morib.
S. 44. blasivs P. I. Obs.
anat. 13. Ido wolf Obs. n.
22.
Zweites Buch. Gefaͤſſe.
§. 26.
Ob dieſe Druͤſen den Lauf des Flieswaſſers
befoͤrdern helfen.

Die meiſten Zergliederer und phiſiologiſche Schrift-
ſteller, vor allen aber Malpighius (e), haben die-
ſen Druͤſen Muskelfaſern zugeſchrieben, benebſt einer
Kraft, die da geſchikt iſt, den Lauf des Flieswaſſers zu be-
foͤrdern, daß ſie alſo gleichſam eben ſo viel kleine Her-
zen fuͤr die durchſichtigen Gefaͤſſe waͤren (f): ſolchemnach
befaͤnden ſich an den Leiſten des Menſchen deren viel meh-
rere, als bei den unvernuͤnftigen Thieren (g), weil das
menſchliche Flieswaſſer viel mehr in die Hoͤhe ſtiege, als
bei den uͤbrigen Thieren.

Wenn ſie aber weder Muskelfaſern, noch eine Reiz-
barkeit beſizzen, ſo laͤſt ſich dieſe Kraft wohl in Zweifel
ziehen. Ferner laͤſt es ſich durch die Gruͤnde und Erſchei-
nungen erweislich machen, daß nirgends die Saͤfte im
Menſchen ſo oft ſtokken oder ſtehen bleiben, als in dieſen
Druͤſen. Am meiſten aber ſtehet der Umſtand dieſer
Meinung entgegen, daß an dem Orte die Bewegung des
Flieswaſſers gemeiniglich gehemmet wird, wo eine neue
Muskelkraft hinzukommt. Jn den einfachen Druͤſen iſt
hingegen der gewoͤhnlichſte Siz derer Verhaͤrtungen.
Man findet die Druͤſen des Gekroͤſes zum oͤftern (h) ver-
haͤrtet und ſehr ausgedehnet, ſowol nach meinen, als
anderer Schriftſteller Beobachtungen, daß ſie mit ihrem
Geſchwulſt vielmals eine falſche Waſſerſucht vorgeſtellet

haben
(e) [Spaltenumbruch] De gland. conglobat. Lan-
cifius
in Epiſt. S. 14. Mylius
n. 7. 12.
(f) J. Godfr. v. Berger de
Succi nutritii per nervos tranſitu,

S. 26. de nat. humana S. 167.
(g) [Spaltenumbruch] Morgagni Adverſ. anat.
II.
S. 88.
(h) Iul. Cæſ. arantivs de tu-
morib.
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22.
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[362/0418] Zweites Buch. Gefaͤſſe. §. 26. Ob dieſe Druͤſen den Lauf des Flieswaſſers befoͤrdern helfen. Die meiſten Zergliederer und phiſiologiſche Schrift- ſteller, vor allen aber Malpighius (e), haben die- ſen Druͤſen Muskelfaſern zugeſchrieben, benebſt einer Kraft, die da geſchikt iſt, den Lauf des Flieswaſſers zu be- foͤrdern, daß ſie alſo gleichſam eben ſo viel kleine Her- zen fuͤr die durchſichtigen Gefaͤſſe waͤren (f): ſolchemnach befaͤnden ſich an den Leiſten des Menſchen deren viel meh- rere, als bei den unvernuͤnftigen Thieren (g), weil das menſchliche Flieswaſſer viel mehr in die Hoͤhe ſtiege, als bei den uͤbrigen Thieren. Wenn ſie aber weder Muskelfaſern, noch eine Reiz- barkeit beſizzen, ſo laͤſt ſich dieſe Kraft wohl in Zweifel ziehen. Ferner laͤſt es ſich durch die Gruͤnde und Erſchei- nungen erweislich machen, daß nirgends die Saͤfte im Menſchen ſo oft ſtokken oder ſtehen bleiben, als in dieſen Druͤſen. Am meiſten aber ſtehet der Umſtand dieſer Meinung entgegen, daß an dem Orte die Bewegung des Flieswaſſers gemeiniglich gehemmet wird, wo eine neue Muskelkraft hinzukommt. Jn den einfachen Druͤſen iſt hingegen der gewoͤhnlichſte Siz derer Verhaͤrtungen. Man findet die Druͤſen des Gekroͤſes zum oͤftern (h) ver- haͤrtet und ſehr ausgedehnet, ſowol nach meinen, als anderer Schriftſteller Beobachtungen, daß ſie mit ihrem Geſchwulſt vielmals eine falſche Waſſerſucht vorgeſtellet haben (e) De gland. conglobat. Lan- cifius in Epiſt. S. 14. Mylius n. 7. 12. (f) J. Godfr. v. Berger de Succi nutritii per nervos tranſitu, S. 26. de nat. humana S. 167. (g) Morgagni Adverſ. anat. II. S. 88. (h) Iul. Cæſ. arantivs de tu- morib. S. 44. blasivs P. I. Obſ. anat. 13. Ido wolf Obſ. n. 22.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/418>, abgerufen am 28.04.2024.