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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

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Viertes Buch. Das Herz.
schläge bei jungen Thieren viel schneller. Daher gehet
in der Frucht, und in kleinen Kindern, innerhalb einer ge-
gebenen Zeit viel mehr Blut durchs Herz hindurch, als
bei einem erwachsenen Menschen (z). Uebrigens haben
die Herzen, welche aus einer Kammer bestehen, eine viel
reizbarere Natur, welche hingegen an denen Herzen derer
warmen Thiere viel sch wächer ist (a).

§. 5.
Es rühret diese Kraft nicht von den Ner-
ven her.

Wir müssen aber wieder auf die Erscheinungen zu-
rükgehen, welche uns zeigen, daß der Herzschlag eine an-
dere Ursache, als die Nerven, habe. Es ist ganz was ge-
meines, und es kömmt sehr häufig vor, daß noch das
Herz in Thieren schlägt, wenn kein einziger Sinn mehr
wirksam ist (b), oder sich das Thier bei keinen Schmer-
zen oder Reizungen mehr bewegen will: und man kann
diese Bewegung so viele Stunden oder Tage nach dem
Tode wieder in den Gang bringen, daß in der That das
ganze Nervensistem bereits trokken, verhärtet, unwegsam,
und unbrauchbar muß geworden seyn. So konnte man
an einer Schlange das Herz noch am vierten Tage schla-
gend machen (c), und es schlug dasselbe an einem jungen
Hunde noch den zweiten Tag (d), wobei ich die andern
bereits angeführten Exempel (e) jezzo nicht wiederholen
will. Es erhellet demnach hieraus, daß, weil in diesen
Erscheinungen die von denen Nerven herrührende Ursa-

che
(z) [Spaltenumbruch] Robinson on food and
discharges
S. 13.
(a) An den Nattern ist das Herz
sehr reizbar, Morgagni Ep. XV.
n.
54.
(b) [Spaltenumbruch] Exp. 472. 473. 498.
(c) Muralt Colleg. anat. S. 321.
(d) Hooke beim Birch Hist. of
the royal societ. T. II.
S. 184.
(e) N. 18.

Viertes Buch. Das Herz.
ſchlaͤge bei jungen Thieren viel ſchneller. Daher gehet
in der Frucht, und in kleinen Kindern, innerhalb einer ge-
gebenen Zeit viel mehr Blut durchs Herz hindurch, als
bei einem erwachſenen Menſchen (z). Uebrigens haben
die Herzen, welche aus einer Kammer beſtehen, eine viel
reizbarere Natur, welche hingegen an denen Herzen derer
warmen Thiere viel ſch waͤcher iſt (a).

§. 5.
Es ruͤhret dieſe Kraft nicht von den Ner-
ven her.

Wir muͤſſen aber wieder auf die Erſcheinungen zu-
ruͤkgehen, welche uns zeigen, daß der Herzſchlag eine an-
dere Urſache, als die Nerven, habe. Es iſt ganz was ge-
meines, und es koͤmmt ſehr haͤufig vor, daß noch das
Herz in Thieren ſchlaͤgt, wenn kein einziger Sinn mehr
wirkſam iſt (b), oder ſich das Thier bei keinen Schmer-
zen oder Reizungen mehr bewegen will: und man kann
dieſe Bewegung ſo viele Stunden oder Tage nach dem
Tode wieder in den Gang bringen, daß in der That das
ganze Nervenſiſtem bereits trokken, verhaͤrtet, unwegſam,
und unbrauchbar muß geworden ſeyn. So konnte man
an einer Schlange das Herz noch am vierten Tage ſchla-
gend machen (c), und es ſchlug daſſelbe an einem jungen
Hunde noch den zweiten Tag (d), wobei ich die andern
bereits angefuͤhrten Exempel (e) jezzo nicht wiederholen
will. Es erhellet demnach hieraus, daß, weil in dieſen
Erſcheinungen die von denen Nerven herruͤhrende Urſa-

che
(z) [Spaltenumbruch] Robinſon on food and
diſcharges
S. 13.
(a) An den Nattern iſt das Herz
ſehr reizbar, Morgagni Ep. XV.
n.
54.
(b) [Spaltenumbruch] Exp. 472. 473. 498.
(c) Muralt Colleg. anat. S. 321.
(d) Hooke beim Birch Hiſt. of
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S. 184.
(e) N. 18.
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[898/0954] Viertes Buch. Das Herz. ſchlaͤge bei jungen Thieren viel ſchneller. Daher gehet in der Frucht, und in kleinen Kindern, innerhalb einer ge- gebenen Zeit viel mehr Blut durchs Herz hindurch, als bei einem erwachſenen Menſchen (z). Uebrigens haben die Herzen, welche aus einer Kammer beſtehen, eine viel reizbarere Natur, welche hingegen an denen Herzen derer warmen Thiere viel ſch waͤcher iſt (a). §. 5. Es ruͤhret dieſe Kraft nicht von den Ner- ven her. Wir muͤſſen aber wieder auf die Erſcheinungen zu- ruͤkgehen, welche uns zeigen, daß der Herzſchlag eine an- dere Urſache, als die Nerven, habe. Es iſt ganz was ge- meines, und es koͤmmt ſehr haͤufig vor, daß noch das Herz in Thieren ſchlaͤgt, wenn kein einziger Sinn mehr wirkſam iſt (b), oder ſich das Thier bei keinen Schmer- zen oder Reizungen mehr bewegen will: und man kann dieſe Bewegung ſo viele Stunden oder Tage nach dem Tode wieder in den Gang bringen, daß in der That das ganze Nervenſiſtem bereits trokken, verhaͤrtet, unwegſam, und unbrauchbar muß geworden ſeyn. So konnte man an einer Schlange das Herz noch am vierten Tage ſchla- gend machen (c), und es ſchlug daſſelbe an einem jungen Hunde noch den zweiten Tag (d), wobei ich die andern bereits angefuͤhrten Exempel (e) jezzo nicht wiederholen will. Es erhellet demnach hieraus, daß, weil in dieſen Erſcheinungen die von denen Nerven herruͤhrende Urſa- che (z) Robinſon on food and diſcharges S. 13. (a) An den Nattern iſt das Herz ſehr reizbar, Morgagni Ep. XV. n. 54. (b) Exp. 472. 473. 498. (c) Muralt Colleg. anat. S. 321. (d) Hooke beim Birch Hiſt. of the royal ſociet. T. II. S. 184. (e) N. 18.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 898. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/954>, abgerufen am 29.04.2024.