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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Sechstes Buch. Der Lauf des Blutes
schwach übrig bleibt. Um wie viel sich aber diese Ge-
schwindigkeit vermindere, werden wir erst alsdenn ein-
sehen können, wenn wir das dauerhafte Gesezz verstehen,
nach dem die Astmündungen die Stammmündung über-
treffen, und wenn der Mitteldurchmesser der kleinsten
Schlagadern mit bessrer Gewisheit bestimmt seyn wird:
und man folglich die Anzal der Zerästlungen vom Aor-
tenstamme an, bis zur kleinsten Schlagader in Zalen
ausdrükken und bekant machen kann.

§. 16.
Wie die Kraft des Reibens das Blut aufhält.
1. Dieses geschicht von der Länge eines
Gefässes.

Jn der That ist das Reiben die mächtigste Ursache,
diejenige Geschwindigkeit zu verzögren, mit welcher das
Blut aus dem Herzen getrieben wird, das ist, da sich die
Theilchen eines Flüßigen an der innern rauhen Fläche
der Kanäle, durch welche dieses Flüßige strömt, anreiben;
und auf diese Rechnung schreiben wir ausserdem vollens
allen Verlust der mitgeteilten Geschwindigkeit, da doch
dieser durch die Veränderung der Kanälenfigur, und
durch die so geringe Entfernung der Theilchen, die diese
Kanäle ausmachen, schon sehr ansenlich geworden. Es
wendet dieses Reiben in den Röhren der Pumpenborer,
es sei, daß sie von Holze, von Metall, oder von Erde
gemacht sind, die stärkste Gewalt an; und es verur-
sacht, daß in einer gegebnen Zeit, aus den lezten Mün-
dungen der Röhrchen eine viel kleinere Menge heraus-
fliesset, als man von der Weite des Wasserbehälters,
und von der Schnelligkeit des Wassers, die es durch den
Fall erlangt, hätte erwarten sollen.

Damit ich mich deutlicher erklären möge, so hemmt
das Reiben die Schnelligkeit fliessender Wasser wenig-

stens

Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes
ſchwach uͤbrig bleibt. Um wie viel ſich aber dieſe Ge-
ſchwindigkeit vermindere, werden wir erſt alsdenn ein-
ſehen koͤnnen, wenn wir das dauerhafte Geſezz verſtehen,
nach dem die Aſtmuͤndungen die Stammmuͤndung uͤber-
treffen, und wenn der Mitteldurchmeſſer der kleinſten
Schlagadern mit beſſrer Gewisheit beſtimmt ſeyn wird:
und man folglich die Anzal der Zeraͤſtlungen vom Aor-
tenſtamme an, bis zur kleinſten Schlagader in Zalen
ausdruͤkken und bekant machen kann.

§. 16.
Wie die Kraft des Reibens das Blut aufhaͤlt.
1. Dieſes geſchicht von der Laͤnge eines
Gefaͤſſes.

Jn der That iſt das Reiben die maͤchtigſte Urſache,
diejenige Geſchwindigkeit zu verzoͤgren, mit welcher das
Blut aus dem Herzen getrieben wird, das iſt, da ſich die
Theilchen eines Fluͤßigen an der innern rauhen Flaͤche
der Kanaͤle, durch welche dieſes Fluͤßige ſtroͤmt, anreiben;
und auf dieſe Rechnung ſchreiben wir auſſerdem vollens
allen Verluſt der mitgeteilten Geſchwindigkeit, da doch
dieſer durch die Veraͤnderung der Kanaͤlenfigur, und
durch die ſo geringe Entfernung der Theilchen, die dieſe
Kanaͤle ausmachen, ſchon ſehr anſenlich geworden. Es
wendet dieſes Reiben in den Roͤhren der Pumpenborer,
es ſei, daß ſie von Holze, von Metall, oder von Erde
gemacht ſind, die ſtaͤrkſte Gewalt an; und es verur-
ſacht, daß in einer gegebnen Zeit, aus den lezten Muͤn-
dungen der Roͤhrchen eine viel kleinere Menge heraus-
flieſſet, als man von der Weite des Waſſerbehaͤlters,
und von der Schnelligkeit des Waſſers, die es durch den
Fall erlangt, haͤtte erwarten ſollen.

Damit ich mich deutlicher erklaͤren moͤge, ſo hemmt
das Reiben die Schnelligkeit flieſſender Waſſer wenig-

ſtens
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[282/0302] Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes ſchwach uͤbrig bleibt. Um wie viel ſich aber dieſe Ge- ſchwindigkeit vermindere, werden wir erſt alsdenn ein- ſehen koͤnnen, wenn wir das dauerhafte Geſezz verſtehen, nach dem die Aſtmuͤndungen die Stammmuͤndung uͤber- treffen, und wenn der Mitteldurchmeſſer der kleinſten Schlagadern mit beſſrer Gewisheit beſtimmt ſeyn wird: und man folglich die Anzal der Zeraͤſtlungen vom Aor- tenſtamme an, bis zur kleinſten Schlagader in Zalen ausdruͤkken und bekant machen kann. §. 16. Wie die Kraft des Reibens das Blut aufhaͤlt. 1. Dieſes geſchicht von der Laͤnge eines Gefaͤſſes. Jn der That iſt das Reiben die maͤchtigſte Urſache, diejenige Geſchwindigkeit zu verzoͤgren, mit welcher das Blut aus dem Herzen getrieben wird, das iſt, da ſich die Theilchen eines Fluͤßigen an der innern rauhen Flaͤche der Kanaͤle, durch welche dieſes Fluͤßige ſtroͤmt, anreiben; und auf dieſe Rechnung ſchreiben wir auſſerdem vollens allen Verluſt der mitgeteilten Geſchwindigkeit, da doch dieſer durch die Veraͤnderung der Kanaͤlenfigur, und durch die ſo geringe Entfernung der Theilchen, die dieſe Kanaͤle ausmachen, ſchon ſehr anſenlich geworden. Es wendet dieſes Reiben in den Roͤhren der Pumpenborer, es ſei, daß ſie von Holze, von Metall, oder von Erde gemacht ſind, die ſtaͤrkſte Gewalt an; und es verur- ſacht, daß in einer gegebnen Zeit, aus den lezten Muͤn- dungen der Roͤhrchen eine viel kleinere Menge heraus- flieſſet, als man von der Weite des Waſſerbehaͤlters, und von der Schnelligkeit des Waſſers, die es durch den Fall erlangt, haͤtte erwarten ſollen. Damit ich mich deutlicher erklaͤren moͤge, ſo hemmt das Reiben die Schnelligkeit flieſſender Waſſer wenig- ſtens

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/302>, abgerufen am 26.04.2024.