Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite
Sechstes Buch. Das Fortrükken
§. 4.
Die Beschleunigung des Blutes in den
Blutadern.

So wie der Lauf des Blutes in den Schlagadern
immer eine kleine Einbusse nach der andern leidet, so
wird dadurch beständig die Rükkehr des Blutaderblutes
beschleunigt. Es hat aber diese Beschleunigung viele
Ursachen zum Grunde, wovon man diejenigen absondern
mus, die nicht wirklich vorhanden, sondern nur Gebur-
ten der Hipotesen sind.

Die erste, welche wir abfertigen müssen, ist das Herz.
Denn ob sich wohl der allergröste Theil von einer jeden
thierischen Bewegung, aus dem Herzen einzig und allein
herschreibt (n), und ich glaube, daß sonst keine Ursache
das Blutaderblut nachdrükklicher in Bewegung sezze (o);
so glaube ich dennoch nicht, daß es von dem zusammen-
gezognen Herzen in seinem Laufe angespornt werde. Es
glaubte Anton von Leeuwenhoek (p), und der vortref-
liche Verfasser vieler phisischen Erfarungen, Stephan
Hales (q), dieses wirklich gesehen zu haben. Doch ich
habe (r), in so vielen Versuchen, nichts von dergleichen,
weder an den kleinen, noch grossen Blutadern gesehen,
und ich zäle die Berichte berümter Männer zu den feler-
haften und unruhigen Bewegungen des Blutes, welches
bisweilen, nach einer trägen oder gar gehemmten Bewe-
gung, wenn das Thier seine Kräfte wiederbekömmt, mit
einem neuen Anfalle wieder in den Gang zu kommen

sucht
(n) [Spaltenumbruch] 4. Buch.
(o) Hieher gehört noch ein sehr
einfältiger Versuch. Nämlich in
der Ohnmacht, oder wenn das
Herze stille steht, hört auch das
Blut auf aus einer geöffenten
Blutader zu laufen. G. watts de
revulsione
S. 21.
(p) Philosoph. Transacti. n. 319.
Uffenbachs Reisen. T. III. S. 350.
(q) [Spaltenumbruch] Hämastatiks S. 69.
(r) Second Memoi. Exp. 122.
130. 132. ferner Ant. de heyde
exp.
6. George Adams angef. Ort.
S. 45. J. Alph. borelli de motu
animali L. II. prop
31. Der berüm-
te Delius in den Fränkischen An-
merkungen. T. I. S. 21.
Sechſtes Buch. Das Fortruͤkken
§. 4.
Die Beſchleunigung des Blutes in den
Blutadern.

So wie der Lauf des Blutes in den Schlagadern
immer eine kleine Einbuſſe nach der andern leidet, ſo
wird dadurch beſtaͤndig die Ruͤkkehr des Blutaderblutes
beſchleunigt. Es hat aber dieſe Beſchleunigung viele
Urſachen zum Grunde, wovon man diejenigen abſondern
mus, die nicht wirklich vorhanden, ſondern nur Gebur-
ten der Hipoteſen ſind.

Die erſte, welche wir abfertigen muͤſſen, iſt das Herz.
Denn ob ſich wohl der allergroͤſte Theil von einer jeden
thieriſchen Bewegung, aus dem Herzen einzig und allein
herſchreibt (n), und ich glaube, daß ſonſt keine Urſache
das Blutaderblut nachdruͤkklicher in Bewegung ſezze (o);
ſo glaube ich dennoch nicht, daß es von dem zuſammen-
gezognen Herzen in ſeinem Laufe angeſpornt werde. Es
glaubte Anton von Leeuwenhoek (p), und der vortref-
liche Verfaſſer vieler phiſiſchen Erfarungen, Stephan
Hales (q), dieſes wirklich geſehen zu haben. Doch ich
habe (r), in ſo vielen Verſuchen, nichts von dergleichen,
weder an den kleinen, noch groſſen Blutadern geſehen,
und ich zaͤle die Berichte beruͤmter Maͤnner zu den feler-
haften und unruhigen Bewegungen des Blutes, welches
bisweilen, nach einer traͤgen oder gar gehemmten Bewe-
gung, wenn das Thier ſeine Kraͤfte wiederbekoͤmmt, mit
einem neuen Anfalle wieder in den Gang zu kommen

ſucht
(n) [Spaltenumbruch] 4. Buch.
(o) Hieher gehoͤrt noch ein ſehr
einfaͤltiger Verſuch. Naͤmlich in
der Ohnmacht, oder wenn das
Herze ſtille ſteht, hoͤrt auch das
Blut auf aus einer geoͤffenten
Blutader zu laufen. G. wattſ de
revulſione
S. 21.
(p) Philoſoph. Transacti. n. 319.
Uffenbachs Reiſen. T. III. S. 350.
(q) [Spaltenumbruch] Hämaſtatiks S. 69.
(r) Second Memoi. Exp. 122.
130. 132. ferner Ant. de heyde
exp.
6. George Adams angef. Ort.
S. 45. J. Alph. borelli de motu
animali L. II. prop
31. Der beruͤm-
te Delius in den Fraͤnkiſchen An-
merkungen. T. I. S. 21.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0544" n="524"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch. Das Fortru&#x0364;kken</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 4.<lb/>
Die Be&#x017F;chleunigung des Blutes in den<lb/>
Blutadern.</head><lb/>
            <p>So wie der Lauf des Blutes in den Schlagadern<lb/>
immer eine kleine Einbu&#x017F;&#x017F;e nach der andern leidet, &#x017F;o<lb/>
wird dadurch be&#x017F;ta&#x0364;ndig die Ru&#x0364;kkehr des Blutaderblutes<lb/>
be&#x017F;chleunigt. Es hat aber die&#x017F;e Be&#x017F;chleunigung viele<lb/>
Ur&#x017F;achen zum Grunde, wovon man diejenigen ab&#x017F;ondern<lb/>
mus, die nicht wirklich vorhanden, &#x017F;ondern nur Gebur-<lb/>
ten der Hipote&#x017F;en &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p>Die er&#x017F;te, welche wir abfertigen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, i&#x017F;t das Herz.<lb/>
Denn ob &#x017F;ich wohl der allergro&#x0364;&#x017F;te Theil von einer jeden<lb/>
thieri&#x017F;chen Bewegung, aus dem Herzen einzig und allein<lb/>
her&#x017F;chreibt <note place="foot" n="(n)"><cb/>
4. Buch.</note>, und ich glaube, daß &#x017F;on&#x017F;t keine Ur&#x017F;ache<lb/>
das Blutaderblut nachdru&#x0364;kklicher in Bewegung &#x017F;ezze <note place="foot" n="(o)">Hieher geho&#x0364;rt noch ein &#x017F;ehr<lb/>
einfa&#x0364;ltiger Ver&#x017F;uch. Na&#x0364;mlich in<lb/>
der Ohnmacht, oder wenn das<lb/>
Herze &#x017F;tille &#x017F;teht, ho&#x0364;rt auch das<lb/>
Blut auf aus einer geo&#x0364;ffenten<lb/>
Blutader zu laufen. <hi rendition="#aq">G. <hi rendition="#k">watt&#x017F;</hi> de<lb/>
revul&#x017F;ione</hi> S. 21.</note>;<lb/>
&#x017F;o glaube ich dennoch nicht, daß es von dem zu&#x017F;ammen-<lb/>
gezognen Herzen in &#x017F;einem Laufe ange&#x017F;pornt werde. Es<lb/>
glaubte Anton von <hi rendition="#fr">Leeuwenhoek</hi> <note place="foot" n="(p)"><hi rendition="#aq">Philo&#x017F;oph. Transacti. n.</hi> 319.<lb/><hi rendition="#fr">Uffenbachs</hi> Rei&#x017F;en. <hi rendition="#aq">T. III.</hi> S. 350.</note>, und der vortref-<lb/>
liche Verfa&#x017F;&#x017F;er vieler phi&#x017F;i&#x017F;chen Erfarungen, Stephan<lb/><hi rendition="#fr">Hales</hi> <note place="foot" n="(q)"><cb/><hi rendition="#fr">Häma&#x017F;tatiks</hi> S. 69.</note>, die&#x017F;es wirklich ge&#x017F;ehen zu haben. Doch ich<lb/>
habe <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq">Second Memoi. Exp.</hi> 122.<lb/>
130. 132. ferner <hi rendition="#aq">Ant. de <hi rendition="#k">heyde</hi><lb/>
exp.</hi> 6. George <hi rendition="#fr">Adams</hi> angef. Ort.<lb/>
S. 45. <hi rendition="#aq">J. Alph. <hi rendition="#k">borelli</hi> de motu<lb/>
animali L. II. prop</hi> 31. Der beru&#x0364;m-<lb/>
te <hi rendition="#fr">Delius</hi> in den Fra&#x0364;nki&#x017F;chen An-<lb/>
merkungen. <hi rendition="#aq">T. I.</hi> S. 21.</note>, in &#x017F;o vielen Ver&#x017F;uchen, nichts von dergleichen,<lb/>
weder an den kleinen, noch gro&#x017F;&#x017F;en Blutadern ge&#x017F;ehen,<lb/>
und ich za&#x0364;le die Berichte beru&#x0364;mter Ma&#x0364;nner zu den feler-<lb/>
haften und unruhigen Bewegungen des Blutes, welches<lb/>
bisweilen, nach einer tra&#x0364;gen oder gar gehemmten Bewe-<lb/>
gung, wenn das Thier &#x017F;eine Kra&#x0364;fte wiederbeko&#x0364;mmt, mit<lb/>
einem neuen Anfalle wieder in den Gang zu kommen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ucht</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[524/0544] Sechſtes Buch. Das Fortruͤkken §. 4. Die Beſchleunigung des Blutes in den Blutadern. So wie der Lauf des Blutes in den Schlagadern immer eine kleine Einbuſſe nach der andern leidet, ſo wird dadurch beſtaͤndig die Ruͤkkehr des Blutaderblutes beſchleunigt. Es hat aber dieſe Beſchleunigung viele Urſachen zum Grunde, wovon man diejenigen abſondern mus, die nicht wirklich vorhanden, ſondern nur Gebur- ten der Hipoteſen ſind. Die erſte, welche wir abfertigen muͤſſen, iſt das Herz. Denn ob ſich wohl der allergroͤſte Theil von einer jeden thieriſchen Bewegung, aus dem Herzen einzig und allein herſchreibt (n), und ich glaube, daß ſonſt keine Urſache das Blutaderblut nachdruͤkklicher in Bewegung ſezze (o); ſo glaube ich dennoch nicht, daß es von dem zuſammen- gezognen Herzen in ſeinem Laufe angeſpornt werde. Es glaubte Anton von Leeuwenhoek (p), und der vortref- liche Verfaſſer vieler phiſiſchen Erfarungen, Stephan Hales (q), dieſes wirklich geſehen zu haben. Doch ich habe (r), in ſo vielen Verſuchen, nichts von dergleichen, weder an den kleinen, noch groſſen Blutadern geſehen, und ich zaͤle die Berichte beruͤmter Maͤnner zu den feler- haften und unruhigen Bewegungen des Blutes, welches bisweilen, nach einer traͤgen oder gar gehemmten Bewe- gung, wenn das Thier ſeine Kraͤfte wiederbekoͤmmt, mit einem neuen Anfalle wieder in den Gang zu kommen ſucht (n) 4. Buch. (o) Hieher gehoͤrt noch ein ſehr einfaͤltiger Verſuch. Naͤmlich in der Ohnmacht, oder wenn das Herze ſtille ſteht, hoͤrt auch das Blut auf aus einer geoͤffenten Blutader zu laufen. G. wattſ de revulſione S. 21. (p) Philoſoph. Transacti. n. 319. Uffenbachs Reiſen. T. III. S. 350. (q) Hämaſtatiks S. 69. (r) Second Memoi. Exp. 122. 130. 132. ferner Ant. de heyde exp. 6. George Adams angef. Ort. S. 45. J. Alph. borelli de motu animali L. II. prop 31. Der beruͤm- te Delius in den Fraͤnkiſchen An- merkungen. T. I. S. 21.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/544
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/544>, abgerufen am 26.04.2024.