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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

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VI. Abschn. Die Nerven.

Es mag indessen mit dieser alten Meynung be-
schaffen seyn, wie es will, und ob sie gleich einigen
Schein der Wahrheit für sich hat: so streitet sie dennoch
mit der Wahrheit selbst. Es hätte nämlich schon der
Ribbennerve sie eines Bessern belehren können, indem
dieser ganz offenbar ohne harte Gehirnhaut, sehr weich
ist, und durch das für die innere Carotis bestimmte Loch
geht, so, daß diese Scheide der harten Gehirnhaut auf
das allerdeutlichste die gedachte Carotis, und nicht den
so vielmal kleineren Nerven umgiebt. Es behält nicht
nur dieser [Spaltenumbruch] (k), sondern auch die übrigen in Knochenka-
nälen gelagerte Nerven offenbar ihre Weiche (l), so,
daß also die harte Gehirnhaut nur eine entfernte, und
nicht dem Nerven anerschaffene Bekleidung ist.

Es ist ferner an allen Löchern der Hirnschaale deut-
lich zu sehen, daß zwar die harte Gehirnhaut das Loch
zu einer Schlagader oder Nerven bekleidet, und, daß
sie den Nerven, die Schlagader, oder Blutader nach
Art einer Scheide umfaßt, so oft die gedachten Theile
durch dieses Loch hervorkommen. So bald aber eben
diese harte Gehirnhaut die Fläche der Hirnschaale von
außen berührt, so biegt sie sich gewöhnlicher Weise gänz-
lich in das Periostium um (m). Doch giebt es Stellen,
wo sie sich in zwei Blätter absondert, und alsdenn ist
das äußere Blatt überhaupt nur von dem äußern Kno-
chenhäutchen der Hirnschaale eine Fortsezzung [Spaltenumbruch] (n), und
es läßt den Nerven blos liegen. Das Jnnere hingegen
verlängert sich ein wenig mit dem Nerven, und ver-
schwindet endlich im Zellgewebe (o). Endlich so hängt
sich im Rükkenmarke die harte Gehirnhaut an den Ner-
venknoten an, sie verwandelt sich ins Zellgewebe (p),

beglei-
(k) ZINN S. 136.
(l) Eben der.
(m) Eben der, S. 132. Am
siebenten| Paare und Ribbennerven.
(n) Eben der, eben da.
(o) Eben der, eben da.
(p) ZINN S. 133.
VI. Abſchn. Die Nerven.

Es mag indeſſen mit dieſer alten Meynung be-
ſchaffen ſeyn, wie es will, und ob ſie gleich einigen
Schein der Wahrheit fuͤr ſich hat: ſo ſtreitet ſie dennoch
mit der Wahrheit ſelbſt. Es haͤtte naͤmlich ſchon der
Ribbennerve ſie eines Beſſern belehren koͤnnen, indem
dieſer ganz offenbar ohne harte Gehirnhaut, ſehr weich
iſt, und durch das fuͤr die innere Carotis beſtimmte Loch
geht, ſo, daß dieſe Scheide der harten Gehirnhaut auf
das allerdeutlichſte die gedachte Carotis, und nicht den
ſo vielmal kleineren Nerven umgiebt. Es behaͤlt nicht
nur dieſer [Spaltenumbruch] (k), ſondern auch die uͤbrigen in Knochenka-
naͤlen gelagerte Nerven offenbar ihre Weiche (l), ſo,
daß alſo die harte Gehirnhaut nur eine entfernte, und
nicht dem Nerven anerſchaffene Bekleidung iſt.

Es iſt ferner an allen Loͤchern der Hirnſchaale deut-
lich zu ſehen, daß zwar die harte Gehirnhaut das Loch
zu einer Schlagader oder Nerven bekleidet, und, daß
ſie den Nerven, die Schlagader, oder Blutader nach
Art einer Scheide umfaßt, ſo oft die gedachten Theile
durch dieſes Loch hervorkommen. So bald aber eben
dieſe harte Gehirnhaut die Flaͤche der Hirnſchaale von
außen beruͤhrt, ſo biegt ſie ſich gewoͤhnlicher Weiſe gaͤnz-
lich in das Perioſtium um (m). Doch giebt es Stellen,
wo ſie ſich in zwei Blaͤtter abſondert, und alsdenn iſt
das aͤußere Blatt uͤberhaupt nur von dem aͤußern Kno-
chenhaͤutchen der Hirnſchaale eine Fortſezzung [Spaltenumbruch] (n), und
es laͤßt den Nerven blos liegen. Das Jnnere hingegen
verlaͤngert ſich ein wenig mit dem Nerven, und ver-
ſchwindet endlich im Zellgewebe (o). Endlich ſo haͤngt
ſich im Ruͤkkenmarke die harte Gehirnhaut an den Ner-
venknoten an, ſie verwandelt ſich ins Zellgewebe (p),

beglei-
(k) ZINN S. 136.
(l) Eben der.
(m) Eben der, S. 132. Am
ſiebenten| Paare und Ribbennerven.
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(o) Eben der, eben da.
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[299/0335] VI. Abſchn. Die Nerven. Es mag indeſſen mit dieſer alten Meynung be- ſchaffen ſeyn, wie es will, und ob ſie gleich einigen Schein der Wahrheit fuͤr ſich hat: ſo ſtreitet ſie dennoch mit der Wahrheit ſelbſt. Es haͤtte naͤmlich ſchon der Ribbennerve ſie eines Beſſern belehren koͤnnen, indem dieſer ganz offenbar ohne harte Gehirnhaut, ſehr weich iſt, und durch das fuͤr die innere Carotis beſtimmte Loch geht, ſo, daß dieſe Scheide der harten Gehirnhaut auf das allerdeutlichſte die gedachte Carotis, und nicht den ſo vielmal kleineren Nerven umgiebt. Es behaͤlt nicht nur dieſer (k), ſondern auch die uͤbrigen in Knochenka- naͤlen gelagerte Nerven offenbar ihre Weiche (l), ſo, daß alſo die harte Gehirnhaut nur eine entfernte, und nicht dem Nerven anerſchaffene Bekleidung iſt. Es iſt ferner an allen Loͤchern der Hirnſchaale deut- lich zu ſehen, daß zwar die harte Gehirnhaut das Loch zu einer Schlagader oder Nerven bekleidet, und, daß ſie den Nerven, die Schlagader, oder Blutader nach Art einer Scheide umfaßt, ſo oft die gedachten Theile durch dieſes Loch hervorkommen. So bald aber eben dieſe harte Gehirnhaut die Flaͤche der Hirnſchaale von außen beruͤhrt, ſo biegt ſie ſich gewoͤhnlicher Weiſe gaͤnz- lich in das Perioſtium um (m). Doch giebt es Stellen, wo ſie ſich in zwei Blaͤtter abſondert, und alsdenn iſt das aͤußere Blatt uͤberhaupt nur von dem aͤußern Kno- chenhaͤutchen der Hirnſchaale eine Fortſezzung (n), und es laͤßt den Nerven blos liegen. Das Jnnere hingegen verlaͤngert ſich ein wenig mit dem Nerven, und ver- ſchwindet endlich im Zellgewebe (o). Endlich ſo haͤngt ſich im Ruͤkkenmarke die harte Gehirnhaut an den Ner- venknoten an, ſie verwandelt ſich ins Zellgewebe (p), beglei- (k) ZINN S. 136. (l) Eben der. (m) Eben der, S. 132. Am ſiebenten| Paare und Ribbennerven. (n) Eben der, eben da. (o) Eben der, eben da. (p) ZINN S. 133.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/335>, abgerufen am 27.04.2024.