Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Gefühl. XII. Buch.

Man könnte noch, nach der Hipotese der Schwin-
gungen, hinzusezzen, ob dieses gleich eine Sache von Sub-
tilität ist, daß an einem einzigen Wärzchen immer kleinere
Sektionen auf einander folgen, und daß das Wesen der
Nerven zu grössern oder kleinern Schwingungen dadurch
geschikkt gemacht wird (r*).

Daß die kleinen Gefässe der Wärzchen einen zarten
Dampf ausdünsten (s), widerspricht der Analogie nicht,
indem sie Theile der Haut sind, welche ganz und gar zum
Ausdünsten aufgelegt ist.

§. 8.
Das Oberhäutchen.

Die Trokkenheit, oder die Schärfe der Luft ist von
der Beschaffenheit, daß die entblöste Haut das Gefül
derselben nicht ertragen kann. Sie vertrokknet, wenn
man sie der Luft aussezzt, und wird zu einer Art von har-
tem Leder. Eben dieses Element verwandelt auch an
todten Körpern die Nerven in sehr harte, durchsichtige,
bernsteinartige und zerbrechliche Strikke, und fast eben
so arten auch die Sehnen aus. So gar sterben Knochen,
die man an die Luft legt, bald ab, und es gehen die ent-
blöste Schuppen von einem belebten Knochen bald ab.
Ja ich kenne keinen einzigen Theil des menschlichen Kör-
pers, den man, ohne Schaden, der Luft ausstellen könnte,
es müste denn der mit einer Glasrinde bedekkte Theil der
Zähne, und das Oberhäutchen sein.

Man pflegt nämlich Oberhäutchen (epidermis, cuti-
cula
) überhaupt diejenige Bekleidung von sonderbarer
(t)

Art
(r*) [Spaltenumbruch] Beim BONNET finde
ich jezzo diese Vermutung anal.
pag
53.
(s) KAAUW n. 80.
(t) SANTORINUSL. I. c. 1.
[Spaltenumbruch] MEKEL mem. de l'academ. de
Berlin T. 13. p. 65. tom. 9. p.
89.
So habe ichs oft gesehen, allein
endlich löst es sich doch zu Schleim
auf, MEKEL mem. T. 13. p. 62.
Das Gefuͤhl. XII. Buch.

Man koͤnnte noch, nach der Hipoteſe der Schwin-
gungen, hinzuſezzen, ob dieſes gleich eine Sache von Sub-
tilitaͤt iſt, daß an einem einzigen Waͤrzchen immer kleinere
Sektionen auf einander folgen, und daß das Weſen der
Nerven zu groͤſſern oder kleinern Schwingungen dadurch
geſchikkt gemacht wird (r*).

Daß die kleinen Gefaͤſſe der Waͤrzchen einen zarten
Dampf ausduͤnſten (s), widerſpricht der Analogie nicht,
indem ſie Theile der Haut ſind, welche ganz und gar zum
Ausduͤnſten aufgelegt iſt.

§. 8.
Das Oberhaͤutchen.

Die Trokkenheit, oder die Schaͤrfe der Luft iſt von
der Beſchaffenheit, daß die entbloͤſte Haut das Gefuͤl
derſelben nicht ertragen kann. Sie vertrokknet, wenn
man ſie der Luft ausſezzt, und wird zu einer Art von har-
tem Leder. Eben dieſes Element verwandelt auch an
todten Koͤrpern die Nerven in ſehr harte, durchſichtige,
bernſteinartige und zerbrechliche Strikke, und faſt eben
ſo arten auch die Sehnen aus. So gar ſterben Knochen,
die man an die Luft legt, bald ab, und es gehen die ent-
bloͤſte Schuppen von einem belebten Knochen bald ab.
Ja ich kenne keinen einzigen Theil des menſchlichen Koͤr-
pers, den man, ohne Schaden, der Luft ausſtellen koͤnnte,
es muͤſte denn der mit einer Glasrinde bedekkte Theil der
Zaͤhne, und das Oberhaͤutchen ſein.

Man pflegt naͤmlich Oberhaͤutchen (epidermis, cuti-
cula
) uͤberhaupt diejenige Bekleidung von ſonderbarer
(t)

Art
(r*) [Spaltenumbruch] Beim BONNET finde
ich jezzo dieſe Vermutung anal.
pag
53.
(s) KAAUW n. 80.
(t) SANTORINUSL. I. c. 1.
[Spaltenumbruch] MEKEL mem. de l’academ. de
Berlin T. 13. p. 65. tom. 9. p.
89.
So habe ichs oft geſehen, allein
endlich loͤſt es ſich doch zu Schleim
auf, MEKEL mem. T. 13. p. 62.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0266" n="248"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das Gefu&#x0364;hl. <hi rendition="#aq">XII.</hi> Buch.</hi> </fw><lb/>
            <p>Man ko&#x0364;nnte noch, nach der Hipote&#x017F;e der Schwin-<lb/>
gungen, hinzu&#x017F;ezzen, ob die&#x017F;es gleich eine Sache von Sub-<lb/>
tilita&#x0364;t i&#x017F;t, daß an einem einzigen Wa&#x0364;rzchen immer kleinere<lb/>
Sektionen auf einander folgen, und daß das We&#x017F;en der<lb/>
Nerven zu gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern oder kleinern Schwingungen dadurch<lb/>
ge&#x017F;chikkt gemacht wird <note place="foot" n="(r*)"><cb/>
Beim <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BONNET</hi></hi> finde<lb/>
ich jezzo die&#x017F;e Vermutung <hi rendition="#aq">anal.<lb/>
pag</hi> 53.</note>.</p><lb/>
            <p>Daß die kleinen Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der Wa&#x0364;rzchen einen zarten<lb/>
Dampf ausdu&#x0364;n&#x017F;ten <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">KAAUW</hi> n.</hi> 80.</note>, wider&#x017F;pricht der Analogie nicht,<lb/>
indem &#x017F;ie Theile der Haut &#x017F;ind, welche ganz und gar zum<lb/>
Ausdu&#x0364;n&#x017F;ten aufgelegt i&#x017F;t.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 8.<lb/><hi rendition="#b">Das Oberha&#x0364;utchen.</hi></head><lb/>
            <p>Die Trokkenheit, oder die Scha&#x0364;rfe der Luft i&#x017F;t von<lb/>
der Be&#x017F;chaffenheit, daß die entblo&#x0364;&#x017F;te Haut das Gefu&#x0364;l<lb/>
der&#x017F;elben nicht ertragen kann. Sie vertrokknet, wenn<lb/>
man &#x017F;ie der Luft aus&#x017F;ezzt, und wird zu einer Art von har-<lb/>
tem Leder. Eben die&#x017F;es Element verwandelt auch an<lb/>
todten Ko&#x0364;rpern die Nerven in &#x017F;ehr harte, durch&#x017F;ichtige,<lb/>
bern&#x017F;teinartige und zerbrechliche Strikke, und fa&#x017F;t eben<lb/>
&#x017F;o arten auch die Sehnen aus. So gar &#x017F;terben Knochen,<lb/>
die man an die Luft legt, bald ab, und es gehen die ent-<lb/>
blo&#x0364;&#x017F;te Schuppen von einem belebten Knochen bald ab.<lb/>
Ja ich kenne keinen einzigen Theil des men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;r-<lb/>
pers, den man, ohne Schaden, der Luft aus&#x017F;tellen ko&#x0364;nnte,<lb/>
es mu&#x0364;&#x017F;te denn der mit einer Glasrinde bedekkte Theil der<lb/>
Za&#x0364;hne, und das Oberha&#x0364;utchen &#x017F;ein.</p><lb/>
            <p>Man pflegt na&#x0364;mlich Oberha&#x0364;utchen (<hi rendition="#aq">epidermis, cuti-<lb/>
cula</hi>) u&#x0364;berhaupt diejenige Bekleidung von &#x017F;onderbarer<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Art</fw><lb/><note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SANTORINUSL.</hi> I. c. 1.<lb/><cb/> <hi rendition="#g">MEKEL</hi> mem. de l&#x2019;academ. de<lb/>
Berlin T. 13. p. 65. tom. 9. p.</hi> 89.<lb/>
So habe ichs oft ge&#x017F;ehen, allein<lb/>
endlich lo&#x0364;&#x017F;t es &#x017F;ich doch zu Schleim<lb/>
auf, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">MEKEL</hi> mem. T. 13. p.</hi> 62.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0266] Das Gefuͤhl. XII. Buch. Man koͤnnte noch, nach der Hipoteſe der Schwin- gungen, hinzuſezzen, ob dieſes gleich eine Sache von Sub- tilitaͤt iſt, daß an einem einzigen Waͤrzchen immer kleinere Sektionen auf einander folgen, und daß das Weſen der Nerven zu groͤſſern oder kleinern Schwingungen dadurch geſchikkt gemacht wird (r*). Daß die kleinen Gefaͤſſe der Waͤrzchen einen zarten Dampf ausduͤnſten (s), widerſpricht der Analogie nicht, indem ſie Theile der Haut ſind, welche ganz und gar zum Ausduͤnſten aufgelegt iſt. §. 8. Das Oberhaͤutchen. Die Trokkenheit, oder die Schaͤrfe der Luft iſt von der Beſchaffenheit, daß die entbloͤſte Haut das Gefuͤl derſelben nicht ertragen kann. Sie vertrokknet, wenn man ſie der Luft ausſezzt, und wird zu einer Art von har- tem Leder. Eben dieſes Element verwandelt auch an todten Koͤrpern die Nerven in ſehr harte, durchſichtige, bernſteinartige und zerbrechliche Strikke, und faſt eben ſo arten auch die Sehnen aus. So gar ſterben Knochen, die man an die Luft legt, bald ab, und es gehen die ent- bloͤſte Schuppen von einem belebten Knochen bald ab. Ja ich kenne keinen einzigen Theil des menſchlichen Koͤr- pers, den man, ohne Schaden, der Luft ausſtellen koͤnnte, es muͤſte denn der mit einer Glasrinde bedekkte Theil der Zaͤhne, und das Oberhaͤutchen ſein. Man pflegt naͤmlich Oberhaͤutchen (epidermis, cuti- cula) uͤberhaupt diejenige Bekleidung von ſonderbarer Art (t) (r*) Beim BONNET finde ich jezzo dieſe Vermutung anal. pag 53. (s) KAAUW n. 80. (t) SANTORINUSL. I. c. 1. MEKEL mem. de l’academ. de Berlin T. 13. p. 65. tom. 9. p. 89. So habe ichs oft geſehen, allein endlich loͤſt es ſich doch zu Schleim auf, MEKEL mem. T. 13. p. 62.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/266
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/266>, abgerufen am 26.04.2024.