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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Das Licht. XVI. Buch.

Diese Strahlen haben auch, durch Nachsicht der
Mathematikker diese Eigenschaft, daß man sie für paralel
hält, wenn sie von weiten herkommen (g). Man weiß
nehmlich, daß man etwas vor paralel Linien ohne merk-
lichen Jrrthum halten könne, was von einer unendlichen
Distanze herkommt. Und man hält noch wiederholter
Vergleichung eine Distanze, von den Strahlen herkom-
mend, für unendlich. Da ausserdem unsere Augen sehr
klein sind, und dennoch die Basis zu Licht oder Farbe-
strahlen ausmachen, so geschiehet es, daß man Strahlen
die von einer mäßigen Distanze herkommen, dennoch
ohne grossen Jrrthum für paralel hält, wenn sie von 200
(h) oder von 104 (i) oder auch nur 6 Fuß weit herkom-
men (k).

Endlich gestatten es auch die Matthematikker, daß
Strahlen, welche in der That, durch verschiedene sphä-
rische Flächen, der bald so bald anders dichten Athmo-
spherä gebogen durchlaufen, und sich in eine eigene hole Li-
nie bügen, dennoch für grade Strahlen angesehen werden.

§. 5.
Die Bewegung des Lichts.

Man hat über diese Bewegung viel gestritten, indem
einige berühmte Männer vom ersten Range, das Licht für
einen Strohm hielten, welcher aus der Sonne und den
Fixsternen beständig ausfliessen soll (l). Sie massen auch an
diesem Strohm die Geschwindigkeit nach einem Maßstabe,
wie ihn die Majestät der Sache erforderte (m). Man beobach-

tet
(g) [Spaltenumbruch] KEPLER dioptr. postul. 23.
(h) BATLE p. 447. Am künst-
lichen Auge soll es keine Verschie-
denheit verursachen.
(i) WOLF &c.
(k) La HIRE accidens p. 616.
(l) NEWTONUS Quer. 29.
MUSSCHENBROECK n.
1076.
[Spaltenumbruch] 1077. S'GRAVEZANDE p. 704.
seqq.
(m) Jn kleinen, auf eine einzi-
ge Meile angestellten Versuchen,
kann man keine Verspätung hof-
fen, dergleichen doch gesehen zu
haben, sich einbilden. BARTO-
LUS de sono p. 47. & HARSOE-
KERUS
ebenfalls dioptr. p. 16.
Das Licht. XVI. Buch.

Dieſe Strahlen haben auch, durch Nachſicht der
Mathematikker dieſe Eigenſchaft, daß man ſie fuͤr paralel
haͤlt, wenn ſie von weiten herkommen (g). Man weiß
nehmlich, daß man etwas vor paralel Linien ohne merk-
lichen Jrrthum halten koͤnne, was von einer unendlichen
Diſtanze herkommt. Und man haͤlt noch wiederholter
Vergleichung eine Diſtanze, von den Strahlen herkom-
mend, fuͤr unendlich. Da auſſerdem unſere Augen ſehr
klein ſind, und dennoch die Baſis zu Licht oder Farbe-
ſtrahlen ausmachen, ſo geſchiehet es, daß man Strahlen
die von einer maͤßigen Diſtanze herkommen, dennoch
ohne groſſen Jrrthum fuͤr paralel haͤlt, wenn ſie von 200
(h) oder von 104 (i) oder auch nur 6 Fuß weit herkom-
men (k).

Endlich geſtatten es auch die Matthematikker, daß
Strahlen, welche in der That, durch verſchiedene ſphaͤ-
riſche Flaͤchen, der bald ſo bald anders dichten Athmo-
ſpheraͤ gebogen durchlaufen, und ſich in eine eigene hole Li-
nie buͤgen, dennoch fuͤr grade Strahlen angeſehen werden.

§. 5.
Die Bewegung des Lichts.

Man hat uͤber dieſe Bewegung viel geſtritten, indem
einige beruͤhmte Maͤnner vom erſten Range, das Licht fuͤr
einen Strohm hielten, welcher aus der Sonne und den
Fixſternen beſtaͤndig ausflieſſen ſoll (l). Sie maſſen auch an
dieſem Strohm die Geſchwindigkeit nach einem Maßſtabe,
wie ihn die Majeſtaͤt der Sache erforderte (m). Man beobach-

tet
(g) [Spaltenumbruch] KEPLER dioptr. poſtul. 23.
(h) BATLE p. 447. Am kuͤnſt-
lichen Auge ſoll es keine Verſchie-
denheit verurſachen.
(i) WOLF &c.
(k) La HIRE accidens p. 616.
(l) NEWTONUS Quer. 29.
MUSSCHENBROECK n.
1076.
[Spaltenumbruch] 1077. S’GRAVEZANDE p. 704.
ſeqq.
(m) Jn kleinen, auf eine einzi-
ge Meile angeſtellten Verſuchen,
kann man keine Verſpaͤtung hof-
fen, dergleichen doch geſehen zu
haben, ſich einbilden. BARTO-
LUS de ſono p. 47. & HARSOE-
KERUS
ebenfalls dioptr. p. 16.
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[924/0942] Das Licht. XVI. Buch. Dieſe Strahlen haben auch, durch Nachſicht der Mathematikker dieſe Eigenſchaft, daß man ſie fuͤr paralel haͤlt, wenn ſie von weiten herkommen (g). Man weiß nehmlich, daß man etwas vor paralel Linien ohne merk- lichen Jrrthum halten koͤnne, was von einer unendlichen Diſtanze herkommt. Und man haͤlt noch wiederholter Vergleichung eine Diſtanze, von den Strahlen herkom- mend, fuͤr unendlich. Da auſſerdem unſere Augen ſehr klein ſind, und dennoch die Baſis zu Licht oder Farbe- ſtrahlen ausmachen, ſo geſchiehet es, daß man Strahlen die von einer maͤßigen Diſtanze herkommen, dennoch ohne groſſen Jrrthum fuͤr paralel haͤlt, wenn ſie von 200 (h) oder von 104 (i) oder auch nur 6 Fuß weit herkom- men (k). Endlich geſtatten es auch die Matthematikker, daß Strahlen, welche in der That, durch verſchiedene ſphaͤ- riſche Flaͤchen, der bald ſo bald anders dichten Athmo- ſpheraͤ gebogen durchlaufen, und ſich in eine eigene hole Li- nie buͤgen, dennoch fuͤr grade Strahlen angeſehen werden. §. 5. Die Bewegung des Lichts. Man hat uͤber dieſe Bewegung viel geſtritten, indem einige beruͤhmte Maͤnner vom erſten Range, das Licht fuͤr einen Strohm hielten, welcher aus der Sonne und den Fixſternen beſtaͤndig ausflieſſen ſoll (l). Sie maſſen auch an dieſem Strohm die Geſchwindigkeit nach einem Maßſtabe, wie ihn die Majeſtaͤt der Sache erforderte (m). Man beobach- tet (g) KEPLER dioptr. poſtul. 23. (h) BATLE p. 447. Am kuͤnſt- lichen Auge ſoll es keine Verſchie- denheit verurſachen. (i) WOLF &c. (k) La HIRE accidens p. 616. (l) NEWTONUS Quer. 29. MUSSCHENBROECK n. 1076. 1077. S’GRAVEZANDE p. 704. ſeqq. (m) Jn kleinen, auf eine einzi- ge Meile angeſtellten Verſuchen, kann man keine Verſpaͤtung hof- fen, dergleichen doch geſehen zu haben, ſich einbilden. BARTO- LUS de ſono p. 47. & HARSOE- KERUS ebenfalls dioptr. p. 16.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 924. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/942>, abgerufen am 26.04.2024.