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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

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Die Harnwege. XXVI. Buch.
schreibt, er habe keinen Biertrinker, aber wohl viele
Weintrinker des Steins wegen, geöffnet, und dieses
scheint zwar zu viel gesagt zu seyn, es ist aber doch auch
in so fern wahr, daß ich ebenfalls unter den Biertrin-
kern sehr selten Leute angetroffen, die mit dem Steine
behaftet gewesen.

§. 25.
Wenn ein Stein entsteht.

Ob ich gleich dieses alles nicht für völlig ausgemacht
halte, so scheinet es doch sonderlich zween Fälle zu geben,
da sich Steine ansezzen. Der erste Fall ist die Ruhe. Es
pflegt nämlich die Natur so bald irgend ein Theil des mensch-
lichen Körpers sich ausserhalb der Strasse derer umlau-
fenden Säfte befindet, ohne indessen eben faul zu werden,
so pflegt die Natur, sage ich, in diesem Theile ihre stein-
artige Säfte niederzulegen. Selbst die Frucht in der
Gebärmutter(a) ist nach sehr bekannten Exempeln zu
Stein geworden. Jn den Kröpfen (b) als scirrhösen
Drüsen, deren Säfte sich ausserhalb dem Umlaufe be-
finden, sammlet sich Sand, und endlich werden alle ihre
Bekleidungen in Knochen verwandelt (c). Wir treffen
in den Gelenken, die man wenig zur Arbeit anwendet,
Steine an, die sich an die Knorpelschaale, oder Kapsel
anlegen(d), sonderlich an den unbewegten Handgelenken
der Podagristen (e) an. Eben so sammelt sich an den
Zähnen selbst, wofern man sie nicht säubert, ein steini-
ges Wesen (f).

Es
(a) [Spaltenumbruch] Lithopaidion Senonensc.
(b) Obs. Pathol. 6. Jm Nakken-
zopf ein Stein Zood. Med. Gall.
IV. Febr.
(c) An den Wasserblasen BIER-
LING. adv. n.
27.
(d) [Spaltenumbruch] MORGAGN. sed. et caus.
T. II. p.
364.
(e) BLAIR misc. p. 44.
(f) Act. Lit. Suecic. pag. 183.
184. &c.

Die Harnwege. XXVI. Buch.
ſchreibt, er habe keinen Biertrinker, aber wohl viele
Weintrinker des Steins wegen, geoͤffnet, und dieſes
ſcheint zwar zu viel geſagt zu ſeyn, es iſt aber doch auch
in ſo fern wahr, daß ich ebenfalls unter den Biertrin-
kern ſehr ſelten Leute angetroffen, die mit dem Steine
behaftet geweſen.

§. 25.
Wenn ein Stein entſteht.

Ob ich gleich dieſes alles nicht fuͤr voͤllig ausgemacht
halte, ſo ſcheinet es doch ſonderlich zween Faͤlle zu geben,
da ſich Steine anſezzen. Der erſte Fall iſt die Ruhe. Es
pflegt naͤmlich die Natur ſo bald irgend ein Theil des menſch-
lichen Koͤrpers ſich auſſerhalb der Straſſe derer umlau-
fenden Saͤfte befindet, ohne indeſſen eben faul zu werden,
ſo pflegt die Natur, ſage ich, in dieſem Theile ihre ſtein-
artige Saͤfte niederzulegen. Selbſt die Frucht in der
Gebaͤrmutter(a) iſt nach ſehr bekannten Exempeln zu
Stein geworden. Jn den Kroͤpfen (b) als ſcirrhoͤſen
Druͤſen, deren Saͤfte ſich auſſerhalb dem Umlaufe be-
finden, ſammlet ſich Sand, und endlich werden alle ihre
Bekleidungen in Knochen verwandelt (c). Wir treffen
in den Gelenken, die man wenig zur Arbeit anwendet,
Steine an, die ſich an die Knorpelſchaale, oder Kapſel
anlegen(d), ſonderlich an den unbewegten Handgelenken
der Podagriſten (e) an. Eben ſo ſammelt ſich an den
Zaͤhnen ſelbſt, wofern man ſie nicht ſaͤubert, ein ſteini-
ges Weſen (f).

Es
(a) [Spaltenumbruch] Lithopaidion Senonenſc.
(b) Obſ. Pathol. 6. Jm Nakken-
zopf ein Stein Zood. Med. Gall.
IV. Febr.
(c) An den Waſſerblaſen BIER-
LING. adv. n.
27.
(d) [Spaltenumbruch] MORGAGN. ſed. et cauſ.
T. II. p.
364.
(e) BLAIR miſc. p. 44.
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184. &c.
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[538/0574] Die Harnwege. XXVI. Buch. ſchreibt, er habe keinen Biertrinker, aber wohl viele Weintrinker des Steins wegen, geoͤffnet, und dieſes ſcheint zwar zu viel geſagt zu ſeyn, es iſt aber doch auch in ſo fern wahr, daß ich ebenfalls unter den Biertrin- kern ſehr ſelten Leute angetroffen, die mit dem Steine behaftet geweſen. §. 25. Wenn ein Stein entſteht. Ob ich gleich dieſes alles nicht fuͤr voͤllig ausgemacht halte, ſo ſcheinet es doch ſonderlich zween Faͤlle zu geben, da ſich Steine anſezzen. Der erſte Fall iſt die Ruhe. Es pflegt naͤmlich die Natur ſo bald irgend ein Theil des menſch- lichen Koͤrpers ſich auſſerhalb der Straſſe derer umlau- fenden Saͤfte befindet, ohne indeſſen eben faul zu werden, ſo pflegt die Natur, ſage ich, in dieſem Theile ihre ſtein- artige Saͤfte niederzulegen. Selbſt die Frucht in der Gebaͤrmutter (a) iſt nach ſehr bekannten Exempeln zu Stein geworden. Jn den Kroͤpfen (b) als ſcirrhoͤſen Druͤſen, deren Saͤfte ſich auſſerhalb dem Umlaufe be- finden, ſammlet ſich Sand, und endlich werden alle ihre Bekleidungen in Knochen verwandelt (c). Wir treffen in den Gelenken, die man wenig zur Arbeit anwendet, Steine an, die ſich an die Knorpelſchaale, oder Kapſel anlegen (d), ſonderlich an den unbewegten Handgelenken der Podagriſten (e) an. Eben ſo ſammelt ſich an den Zaͤhnen ſelbſt, wofern man ſie nicht ſaͤubert, ein ſteini- ges Weſen (f). Es (a) Lithopaidion Senonenſc. (b) Obſ. Pathol. 6. Jm Nakken- zopf ein Stein Zood. Med. Gall. IV. Febr. (c) An den Waſſerblaſen BIER- LING. adv. n. 27. (d) MORGAGN. ſed. et cauſ. T. II. p. 364. (e) BLAIR miſc. p. 44. (f) Act. Lit. Suecic. pag. 183. 184. &c.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/574>, abgerufen am 26.04.2024.