Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

Bild:
<< vorherige Seite

Die fünffte Stund.
So leichtlich kan zerstieben
das/ was ein Weib geschrieben
in weichentwichten Sand.

|13. Jn etlichen Gedichten werden in dem
Gegensatz die Reimwort behalten/ wie zu sehen
bey der zweyten Stunde/ und ist solche Art zu den
Pindarischen Oden gar füglich; doch müssen in
dem Nachsatz alle Reimwörter eingebracht wer-
den. Ein Exempel ist zu lesen in dem letzten An-
dachtsgemähl deß VI. Theils der Gesprächspiele.
Eine Art von einem Gegenhall ist folgende:

Was kan unsern Sinn betrüben? Lieben.
Was wird unsre Ruh verstören? Ehren.
Was pflegt die Begierd zu reitzen? Geitzen.
Das heist mit den Eulen beitzen/
lauffen nach der Eitelkeit/
und ereilen eitel Leid.
Wann wir lieben/ ehren/ geitzen etc.
Besihe hiervon das CLXI. Gesprächspiel am 17. §.

14. Die Spanier haben eine Art Sonne-
ten/
in welchen die Reimart unverändert bleibet/
und doch iedesmals eine andere Meinung schlies-
set. Derselben sind zwey geteutschet in dem drit-
ten Theil der Diana am 137 und 138. Blat/
allda sie aufzusuchen: Es ist aber mehr Kunst
als Lieblichkeit darinnen. Hieher gehören auch
die zweyreimigen Klingreimen/ die zu finden in

dem
F iij

Die fuͤnffte Stund.
So leichtlich kan zerſtieben
das/ was ein Weib geſchrieben
in weichentwichten Sand.

|13. Jn etlichen Gedichten werden in dem
Gegenſatz die Reimwort behalten/ wie zu ſehen
bey der zweyten Stunde/ und iſt ſolche Art zu den
Pindariſchen Oden gar fuͤglich; doch muͤſſen in
dem Nachſatz alle Reimwoͤrter eingebracht wer-
den. Ein Exempel iſt zu leſen in dem letzten An-
dachtsgemaͤhl deß VI. Theils der Geſpraͤchſpiele.
Eine Art von einem Gegenhall iſt folgende:

Was kan unſern Sinn betruͤben? Lieben.
Was wird unſre Ruh verſtoͤren? Ehren.
Was pflegt die Begierd zu reitzen? Geitzen.
Das heiſt mit den Eulen beitzen/
lauffen nach der Eitelkeit/
und ereilen eitel Leid.
Wann wir lieben/ ehren/ geitzen ꝛc.
Beſihe hiervon das CLXI. Geſpraͤchſpiel am 17. §.

14. Die Spanier haben eine Art Sonne-
ten/
in welchen die Reimart unveraͤndert bleibet/
und doch iedesmals eine andere Meinung ſchlieſ-
ſet. Derſelben ſind zwey geteutſchet in dem drit-
ten Theil der Diana am 137 und 138. Blat/
allda ſie aufzuſuchen: Es iſt aber mehr Kunſt
als Lieblichkeit darinnen. Hieher gehoͤren auch
die zweyreimigen Klingreimen/ die zu finden in

dem
F iij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="6">
              <pb facs="#f0103" n="89[85]"/>
              <fw place="top" type="header">Die fu&#x0364;nffte Stund.</fw><lb/>
              <l>So leichtlich kan zer&#x017F;tieben<lb/>
das/ was ein Weib ge&#x017F;chrieben<lb/>
in weichentwichten <hi rendition="#fr">Sand.</hi></l>
            </lg>
          </lg><lb/>
          <p>|13. Jn etlichen Gedichten werden in dem<lb/>
Gegen&#x017F;atz die Reimwort behalten/ wie zu &#x017F;ehen<lb/>
bey der zweyten Stunde/ und i&#x017F;t &#x017F;olche Art zu den<lb/>
Pindari&#x017F;chen Oden gar fu&#x0364;glich; doch mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en in<lb/>
dem Nach&#x017F;atz alle Reimwo&#x0364;rter eingebracht wer-<lb/>
den. Ein Exempel i&#x017F;t zu le&#x017F;en in dem letzten An-<lb/>
dachtsgema&#x0364;hl deß <hi rendition="#aq">VI.</hi> Theils der Ge&#x017F;pra&#x0364;ch&#x017F;piele.<lb/>
Eine Art von einem Gegenhall i&#x017F;t folgende:</p><lb/>
          <cit>
            <quote><lg type="poem"><l><hi rendition="#fr">Was kan un&#x017F;ern Sinn betru&#x0364;ben?</hi> Lieben.</l><lb/><l><hi rendition="#fr"><hi rendition="#fr">Was wird un&#x017F;re Ruh ver&#x017F;to&#x0364;ren?</hi> Ehren.</hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr"><hi rendition="#fr">Was pflegt die Begierd zu reitzen?</hi> Geitzen.</hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr"><hi rendition="#fr">Das hei&#x017F;t mit den Eulen beitzen/</hi></hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr"><hi rendition="#fr">lauffen nach der Eitelkeit/</hi></hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr"><hi rendition="#fr">und ereilen eitel Leid.</hi></hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Wann wir</hi> lieben/ ehren/ geitzen &#xA75B;c.</l></lg><lb/>
Be&#x017F;ihe hiervon das <hi rendition="#aq">CLXI.</hi> Ge&#x017F;pra&#x0364;ch&#x017F;piel am 17. §.</quote>
          </cit><lb/>
          <p>14. Die Spanier haben eine Art <hi rendition="#fr">Sonne-<lb/>
ten/</hi> in welchen die Reimart unvera&#x0364;ndert bleibet/<lb/>
und doch iedesmals eine andere Meinung &#x017F;chlie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et. Der&#x017F;elben &#x017F;ind zwey geteut&#x017F;chet in dem drit-<lb/>
ten Theil der Diana am 137 und 138. Blat/<lb/>
allda &#x017F;ie aufzu&#x017F;uchen: Es i&#x017F;t aber mehr Kun&#x017F;t<lb/>
als Lieblichkeit darinnen. Hieher geho&#x0364;ren au<hi rendition="#fr">ch</hi><lb/>
die zweyreimigen Klingreimen/ die zu finden in<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F iij</fw><fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89[85]/0103] Die fuͤnffte Stund. So leichtlich kan zerſtieben das/ was ein Weib geſchrieben in weichentwichten Sand. |13. Jn etlichen Gedichten werden in dem Gegenſatz die Reimwort behalten/ wie zu ſehen bey der zweyten Stunde/ und iſt ſolche Art zu den Pindariſchen Oden gar fuͤglich; doch muͤſſen in dem Nachſatz alle Reimwoͤrter eingebracht wer- den. Ein Exempel iſt zu leſen in dem letzten An- dachtsgemaͤhl deß VI. Theils der Geſpraͤchſpiele. Eine Art von einem Gegenhall iſt folgende: Was kan unſern Sinn betruͤben? Lieben. Was wird unſre Ruh verſtoͤren? Ehren. Was pflegt die Begierd zu reitzen? Geitzen. Das heiſt mit den Eulen beitzen/ lauffen nach der Eitelkeit/ und ereilen eitel Leid. Wann wir lieben/ ehren/ geitzen ꝛc. Beſihe hiervon das CLXI. Geſpraͤchſpiel am 17. §. 14. Die Spanier haben eine Art Sonne- ten/ in welchen die Reimart unveraͤndert bleibet/ und doch iedesmals eine andere Meinung ſchlieſ- ſet. Derſelben ſind zwey geteutſchet in dem drit- ten Theil der Diana am 137 und 138. Blat/ allda ſie aufzuſuchen: Es iſt aber mehr Kunſt als Lieblichkeit darinnen. Hieher gehoͤren auch die zweyreimigen Klingreimen/ die zu finden in dem F iij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/103
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 89[85]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/103>, abgerufen am 26.04.2024.