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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Gewalt.
liche/ treibende und andringliche Gewalt/ darmit
andre überringen/ bezwingen/ und beherrschen
überwältigen.

164. Gewissen.

Die Vollkommenheit/ welche unsrer. Schwach-
heit überig geblieben. Der Richter und der Klä-
ger/ der sich nicht trügen lässt/ und mehr als tau-
send Zeugenrechtfertigt und verstösst. Es schläf-
fet solcher Knecht er wacht auch endlich auf/
hält uns im Sünden Lauff. Wann uns das
Hertz verdammt/ so tröstet uns die Buß. Die
Geisel deß Gemüts/ die schlägt uns fort und fort/
es ist kein sichrer Ort für solches Frevels Stras.
Es naget das Gewissen gleich vieler Würmer
Bissen. Ein weitschichtisches Gewissen haben.
Gleich wie die Lust zu essen und zu trinken nicht
bey allen gleich ist/ also hat es auch eine Beschaf-
fenheit mit dem Gewissen und wann es in dem
Menschen reden will/ sagenetliche wie Festus zu
Paulo: Bald ich Zeit habe/ will ich dich weiter
hören.

Das Gewissen wird gemahlet in einem
Spiegel auf der Brust.

Gewonheit.

Such Gebrauch.

165. Gewinnen.

Erarnen/ für sich bringen/ einsamlen/ an
sich ziehen. Zu besitzen/ erhalten/ erlangen/ zu han

den

Gewalt.
liche/ treibende und andringliche Gewalt/ darmit
andre uͤberringen/ bezwingen/ und beherrſchen
uͤberwaͤltigen.

164. Gewiſſen.

Die Vollkommenheit/ welche unſrer. Schwach-
heit uͤberig geblieben. Der Richter und der Klaͤ-
ger/ der ſich nicht truͤgen laͤſſt/ und mehr als tau-
ſend Zeugenrechtfertigt und verſtoͤſſt. Es ſchlaͤf-
fet ſolcher Knecht er wacht auch endlich auf/
haͤlt uns im Suͤnden Lauff. Wann uns das
Hertz verdammt/ ſo troͤſtet uns die Buß. Die
Geiſel deß Gemuͤts/ die ſchlaͤgt uns fort und fort/
es iſt kein ſichrer Ort fuͤr ſolches Frevels Straſ.
Es naget das Gewiſſen gleich vieler Wuͤrmer
Biſſen. Ein weitſchichtiſches Gewiſſen haben.
Gleich wie die Luſt zu eſſen und zu trinken nicht
bey allen gleich iſt/ alſo hat es auch eine Beſchaf-
fenheit mit dem Gewiſſen und wann es in dem
Menſchen reden will/ ſagenetliche wie Feſtus zu
Paulo: Bald ich Zeit habe/ will ich dich weiter
hoͤren.

Das Gewiſſen wird gemahlet in einem
Spiegel auf der Bruſt.

Gewonheit.

Such Gebrauch.

165. Gewinnen.

Erarnen/ fuͤr ſich bringen/ einſamlen/ an
ſich ziehen. Zu beſitzen/ erhalten/ erlangen/ zu han

den
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[234[232]/0264] Gewalt. liche/ treibende und andringliche Gewalt/ darmit andre uͤberringen/ bezwingen/ und beherrſchen uͤberwaͤltigen. 164. Gewiſſen. Die Vollkommenheit/ welche unſrer. Schwach- heit uͤberig geblieben. Der Richter und der Klaͤ- ger/ der ſich nicht truͤgen laͤſſt/ und mehr als tau- ſend Zeugenrechtfertigt und verſtoͤſſt. Es ſchlaͤf- fet ſolcher Knecht er wacht auch endlich auf/ haͤlt uns im Suͤnden Lauff. Wann uns das Hertz verdammt/ ſo troͤſtet uns die Buß. Die Geiſel deß Gemuͤts/ die ſchlaͤgt uns fort und fort/ es iſt kein ſichrer Ort fuͤr ſolches Frevels Straſ. Es naget das Gewiſſen gleich vieler Wuͤrmer Biſſen. Ein weitſchichtiſches Gewiſſen haben. Gleich wie die Luſt zu eſſen und zu trinken nicht bey allen gleich iſt/ alſo hat es auch eine Beſchaf- fenheit mit dem Gewiſſen und wann es in dem Menſchen reden will/ ſagenetliche wie Feſtus zu Paulo: Bald ich Zeit habe/ will ich dich weiter hoͤren. Das Gewiſſen wird gemahlet in einem Spiegel auf der Bruſt. Gewonheit. Such Gebrauch. 165. Gewinnen. Erarnen/ fuͤr ſich bringen/ einſamlen/ an ſich ziehen. Zu beſitzen/ erhalten/ erlangen/ zu han den

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 234[232]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/264>, abgerufen am 26.04.2024.