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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847.

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"durch allgemein grundsätzliche Abschaffung des Schulgeldes
und Substituirung fixirter Beiträge in Form einer directen
Auflage"

recurrirt werden muß. Wer aber hiernach als zum Schulverbande
gehörig mit Beiträgen anzuziehen, und nach welchem Maaßstabe die
Repartition vorzunehmen sei? darüber entscheiden auch zunächst wieder
provinzielle Verfassung und Local-Verhältnisse, wobei die Districte,
welche einer fremden Zwischenherrschaft unterworfen gewesen, sich aller-
dings von den Provinzen, welche immer preußisch geblieben sind, unter-
scheiden, obschon im Allgemeinen die westphälische Herrschaft die
Kirchen- und Schul-Verhältnisse unberührt belassen hat.

In den Districten auf dem diesseitigen Elbufer werden zu den
Hausvätern des Orts, denen im §. 29. Tit. 11. Th. II. die Unter-
haltung der Schullehrer zur Last gelegt ist, in der Regel nur die im
gleichen Jurisdictions-Verbande stehenden Einsassen gerechnet, die so-
genannten Eximirten aber, und namentlich auch Domainenpächter und
Domainenkäufer etc., nicht darunter verstanden werden können; ins-
besondere ist danach die Gutsherrschaft selbst als Patron der Schule
zu speciellen Leistungen nur für die Beschaffenheit des Locals ange-
zogen, sonst aber als unbetheiligt bei der Sustentation der Anstalt
angesehen. Anders verhält es sich in den Districten, in welchen die
französische Verfassung eine Zeitlang bestanden hat, indem während
dieser Zwischenregierung alle Vorrechte des Standes und des Grund-
besitzes, welche die sogenannten Eximirten und den Grundbesitzer außer-
halb des Gemeineverbandes stellte, vertilgt sind. Diese vorgefundenen
Verhältnisse hat die Preußische Regierung bis jetzt im Allgemeinen
conservirt, bloß einzelne Prärogative hergestellt, und den Gutsbesitzer
namentlich nur von Beiträgen zu solchen Gemeinbedürfnissen freige-
sprochen, von denen er keinen Nutzen zieht, wohin Schulanstalten aber
offenbar nicht gerechnet werden können.

In diesen Theilen der dortigen Provinz wird sich daher die An-
sicht: daß Eximirte, in specie Domainenpächter, Domainenkäufer und
Gutsherren außerhalb der Schulsocietät stehen und zur Unterhaltung
der Schullehrer keine Beiträge zu leisten haben, nicht wohl recht-
fertigen lassen, zumal schon in den Städten überall die Anwen-
dung eines ähnlichen allgemeinen Grundsatzes unabweislich sein dürfte.

Ueber den bei der Repartition der Schulbeiträge anzuwendenden

„durch allgemein grundſätzliche Abſchaffung des Schulgeldes
und Subſtituirung fixirter Beiträge in Form einer directen
Auflage“

recurrirt werden muß. Wer aber hiernach als zum Schulverbande
gehörig mit Beiträgen anzuziehen, und nach welchem Maaßſtabe die
Repartition vorzunehmen ſei? darüber entſcheiden auch zunächſt wieder
provinzielle Verfaſſung und Local-Verhältniſſe, wobei die Diſtricte,
welche einer fremden Zwiſchenherrſchaft unterworfen geweſen, ſich aller-
dings von den Provinzen, welche immer preußiſch geblieben ſind, unter-
ſcheiden, obſchon im Allgemeinen die weſtphäliſche Herrſchaft die
Kirchen- und Schul-Verhältniſſe unberührt belaſſen hat.

In den Diſtricten auf dem dieſſeitigen Elbufer werden zu den
Hausvätern des Orts, denen im §. 29. Tit. 11. Th. II. die Unter-
haltung der Schullehrer zur Laſt gelegt iſt, in der Regel nur die im
gleichen Jurisdictions-Verbande ſtehenden Einſaſſen gerechnet, die ſo-
genannten Eximirten aber, und namentlich auch Domainenpächter und
Domainenkäufer ꝛc., nicht darunter verſtanden werden können; ins-
beſondere iſt danach die Gutsherrſchaft ſelbſt als Patron der Schule
zu ſpeciellen Leiſtungen nur für die Beſchaffenheit des Locals ange-
zogen, ſonſt aber als unbetheiligt bei der Suſtentation der Anſtalt
angeſehen. Anders verhält es ſich in den Diſtricten, in welchen die
franzöſiſche Verfaſſung eine Zeitlang beſtanden hat, indem während
dieſer Zwiſchenregierung alle Vorrechte des Standes und des Grund-
beſitzes, welche die ſogenannten Eximirten und den Grundbeſitzer außer-
halb des Gemeineverbandes ſtellte, vertilgt ſind. Dieſe vorgefundenen
Verhältniſſe hat die Preußiſche Regierung bis jetzt im Allgemeinen
conſervirt, bloß einzelne Prärogative hergeſtellt, und den Gutsbeſitzer
namentlich nur von Beiträgen zu ſolchen Gemeinbedürfniſſen freige-
ſprochen, von denen er keinen Nutzen zieht, wohin Schulanſtalten aber
offenbar nicht gerechnet werden können.

In dieſen Theilen der dortigen Provinz wird ſich daher die An-
ſicht: daß Eximirte, in specie Domainenpächter, Domainenkäufer und
Gutsherren außerhalb der Schulſocietät ſtehen und zur Unterhaltung
der Schullehrer keine Beiträge zu leiſten haben, nicht wohl recht-
fertigen laſſen, zumal ſchon in den Städten überall die Anwen-
dung eines ähnlichen allgemeinen Grundſatzes unabweislich ſein dürfte.

Ueber den bei der Repartition der Schulbeiträge anzuwendenden

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[475/0489] „durch allgemein grundſätzliche Abſchaffung des Schulgeldes und Subſtituirung fixirter Beiträge in Form einer directen Auflage“ recurrirt werden muß. Wer aber hiernach als zum Schulverbande gehörig mit Beiträgen anzuziehen, und nach welchem Maaßſtabe die Repartition vorzunehmen ſei? darüber entſcheiden auch zunächſt wieder provinzielle Verfaſſung und Local-Verhältniſſe, wobei die Diſtricte, welche einer fremden Zwiſchenherrſchaft unterworfen geweſen, ſich aller- dings von den Provinzen, welche immer preußiſch geblieben ſind, unter- ſcheiden, obſchon im Allgemeinen die weſtphäliſche Herrſchaft die Kirchen- und Schul-Verhältniſſe unberührt belaſſen hat. In den Diſtricten auf dem dieſſeitigen Elbufer werden zu den Hausvätern des Orts, denen im §. 29. Tit. 11. Th. II. die Unter- haltung der Schullehrer zur Laſt gelegt iſt, in der Regel nur die im gleichen Jurisdictions-Verbande ſtehenden Einſaſſen gerechnet, die ſo- genannten Eximirten aber, und namentlich auch Domainenpächter und Domainenkäufer ꝛc., nicht darunter verſtanden werden können; ins- beſondere iſt danach die Gutsherrſchaft ſelbſt als Patron der Schule zu ſpeciellen Leiſtungen nur für die Beſchaffenheit des Locals ange- zogen, ſonſt aber als unbetheiligt bei der Suſtentation der Anſtalt angeſehen. Anders verhält es ſich in den Diſtricten, in welchen die franzöſiſche Verfaſſung eine Zeitlang beſtanden hat, indem während dieſer Zwiſchenregierung alle Vorrechte des Standes und des Grund- beſitzes, welche die ſogenannten Eximirten und den Grundbeſitzer außer- halb des Gemeineverbandes ſtellte, vertilgt ſind. Dieſe vorgefundenen Verhältniſſe hat die Preußiſche Regierung bis jetzt im Allgemeinen conſervirt, bloß einzelne Prärogative hergeſtellt, und den Gutsbeſitzer namentlich nur von Beiträgen zu ſolchen Gemeinbedürfniſſen freige- ſprochen, von denen er keinen Nutzen zieht, wohin Schulanſtalten aber offenbar nicht gerechnet werden können. In dieſen Theilen der dortigen Provinz wird ſich daher die An- ſicht: daß Eximirte, in specie Domainenpächter, Domainenkäufer und Gutsherren außerhalb der Schulſocietät ſtehen und zur Unterhaltung der Schullehrer keine Beiträge zu leiſten haben, nicht wohl recht- fertigen laſſen, zumal ſchon in den Städten überall die Anwen- dung eines ähnlichen allgemeinen Grundſatzes unabweislich ſein dürfte. Ueber den bei der Repartition der Schulbeiträge anzuwendenden

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Zitationshilfe: Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/489>, abgerufen am 26.04.2024.