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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 202. Die Formen des völkerrechtlichen Verkehres.
b. Agenten, die zwar zu gleichem Zweck, jedoch ohne öffentlichen
amtlichen Character abgeordnet werden;
c. Commissarien, welchen blos bestimmte einzelne Geschäfte und
ohne directe Verhandlung mit den höchsten Organen der aus-
wärtigen Staatsgewalt aufgetragen werden; endlich
d. die Consuln für die Handelsinteressen.

Alle diese können entweder auf bestimmte oder unbestimmte Zeit,
definitiv oder nur einstweilen (ad interim) angestellt werden.

Dazu kommen dann noch die erforderlichen Hilfspersonen, ihre
Secretäre und sonstigen Büreauglieder, so wie die zur Correspon-
denz dienenden Couriere, Feldjäger und dgl.

Rechtsverhältnisse der diplomatischen Personen überhaupt.

202. Jede in den vorgedachten Categorien begriffene diploma-
tische Person steht zuförderst in einem staatsdienstlichen Verhältniß
zu dem von ihr vertretenen Staat, mit den nach dem inneren
Staatsrecht darauf haftenden Verpflichtungen, Rechten und Ga-
rantien; sodann in einem völkerrechtlichen Verhältniß zu demjeni-
gen Staat, mit welchem zu unterhandeln ist, oft auch zu dritten
Staaten, mit welchem sie ihre Mission nothwendig oder zufällig
in Berührung bringt, und nur diese völkerrechtlichen Beziehungen
sind hier noch näher zu erörtern, zuerst im Allgemeinen, dann we-
gen jeder Categorie noch insbesondere. Ein gemischtes Staats-
und völkerrechtliches Verhältniß tritt ein, wenn der diplomatische
Agent eines Staates bei einem Anderen Unterthan des Letzteren ist.
Denn hier bedarf es unter allen Umständen erst der Zustimmung
des Letzteren, welche natürlich auch nur eine bedingte oder be-
schränkte sein kann. Unbedingt schließt sie eine Suspension des
bisherigen Unterthansverhältnisses für die Dauer der Mission, we-
nigstens in allen denjenigen Beziehungen in sich, welche mit dem
diplomatischen Character und Amt in Collision gerathen. 1


1 Die Praxis mancher Höfe ist daher auch gegen ein solches gemischtes Ver-
hältniß ihrer Unterthanen, z. B. die französische, obschon nicht ohne alle
Ausnahme. Merlin a. a. O. S. 250. Erst seit Ludwig XVI. ist das
Princip der Nichtannahme französischer Unterthanen als diplomatischer Agen-
ten für fremde Staaten streng festgehalten worden. Eben so sind die
schwedischen Gesetze dagegen. Cod. Leg. Succ. de criminib. §. 7. Aus
besonderen Rücksichten empfängt der deutsche Bund keine frankfurter Bür-
§. 202. Die Formen des voͤlkerrechtlichen Verkehres.
b. Agenten, die zwar zu gleichem Zweck, jedoch ohne öffentlichen
amtlichen Character abgeordnet werden;
c. Commiſſarien, welchen blos beſtimmte einzelne Geſchäfte und
ohne directe Verhandlung mit den höchſten Organen der aus-
wärtigen Staatsgewalt aufgetragen werden; endlich
d. die Conſuln für die Handelsintereſſen.

Alle dieſe können entweder auf beſtimmte oder unbeſtimmte Zeit,
definitiv oder nur einſtweilen (ad interim) angeſtellt werden.

Dazu kommen dann noch die erforderlichen Hilfsperſonen, ihre
Secretäre und ſonſtigen Büreauglieder, ſo wie die zur Correſpon-
denz dienenden Couriere, Feldjäger und dgl.

Rechtsverhältniſſe der diplomatiſchen Perſonen überhaupt.

202. Jede in den vorgedachten Categorien begriffene diploma-
tiſche Perſon ſteht zuförderſt in einem ſtaatsdienſtlichen Verhältniß
zu dem von ihr vertretenen Staat, mit den nach dem inneren
Staatsrecht darauf haftenden Verpflichtungen, Rechten und Ga-
rantien; ſodann in einem völkerrechtlichen Verhältniß zu demjeni-
gen Staat, mit welchem zu unterhandeln iſt, oft auch zu dritten
Staaten, mit welchem ſie ihre Miſſion nothwendig oder zufällig
in Berührung bringt, und nur dieſe völkerrechtlichen Beziehungen
ſind hier noch näher zu erörtern, zuerſt im Allgemeinen, dann we-
gen jeder Categorie noch insbeſondere. Ein gemiſchtes Staats-
und völkerrechtliches Verhältniß tritt ein, wenn der diplomatiſche
Agent eines Staates bei einem Anderen Unterthan des Letzteren iſt.
Denn hier bedarf es unter allen Umſtänden erſt der Zuſtimmung
des Letzteren, welche natürlich auch nur eine bedingte oder be-
ſchränkte ſein kann. Unbedingt ſchließt ſie eine Suspenſion des
bisherigen Unterthansverhältniſſes für die Dauer der Miſſion, we-
nigſtens in allen denjenigen Beziehungen in ſich, welche mit dem
diplomatiſchen Character und Amt in Colliſion gerathen. 1


1 Die Praxis mancher Höfe iſt daher auch gegen ein ſolches gemiſchtes Ver-
hältniß ihrer Unterthanen, z. B. die franzöſiſche, obſchon nicht ohne alle
Ausnahme. Merlin a. a. O. S. 250. Erſt ſeit Ludwig XVI. iſt das
Princip der Nichtannahme franzöſiſcher Unterthanen als diplomatiſcher Agen-
ten für fremde Staaten ſtreng feſtgehalten worden. Eben ſo ſind die
ſchwediſchen Geſetze dagegen. Cod. Leg. Succ. de criminib. §. 7. Aus
beſonderen Rückſichten empfängt der deutſche Bund keine frankfurter Bür-
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[335/0359] §. 202. Die Formen des voͤlkerrechtlichen Verkehres. b. Agenten, die zwar zu gleichem Zweck, jedoch ohne öffentlichen amtlichen Character abgeordnet werden; c. Commiſſarien, welchen blos beſtimmte einzelne Geſchäfte und ohne directe Verhandlung mit den höchſten Organen der aus- wärtigen Staatsgewalt aufgetragen werden; endlich d. die Conſuln für die Handelsintereſſen. Alle dieſe können entweder auf beſtimmte oder unbeſtimmte Zeit, definitiv oder nur einſtweilen (ad interim) angeſtellt werden. Dazu kommen dann noch die erforderlichen Hilfsperſonen, ihre Secretäre und ſonſtigen Büreauglieder, ſo wie die zur Correſpon- denz dienenden Couriere, Feldjäger und dgl. Rechtsverhältniſſe der diplomatiſchen Perſonen überhaupt. 202. Jede in den vorgedachten Categorien begriffene diploma- tiſche Perſon ſteht zuförderſt in einem ſtaatsdienſtlichen Verhältniß zu dem von ihr vertretenen Staat, mit den nach dem inneren Staatsrecht darauf haftenden Verpflichtungen, Rechten und Ga- rantien; ſodann in einem völkerrechtlichen Verhältniß zu demjeni- gen Staat, mit welchem zu unterhandeln iſt, oft auch zu dritten Staaten, mit welchem ſie ihre Miſſion nothwendig oder zufällig in Berührung bringt, und nur dieſe völkerrechtlichen Beziehungen ſind hier noch näher zu erörtern, zuerſt im Allgemeinen, dann we- gen jeder Categorie noch insbeſondere. Ein gemiſchtes Staats- und völkerrechtliches Verhältniß tritt ein, wenn der diplomatiſche Agent eines Staates bei einem Anderen Unterthan des Letzteren iſt. Denn hier bedarf es unter allen Umſtänden erſt der Zuſtimmung des Letzteren, welche natürlich auch nur eine bedingte oder be- ſchränkte ſein kann. Unbedingt ſchließt ſie eine Suspenſion des bisherigen Unterthansverhältniſſes für die Dauer der Miſſion, we- nigſtens in allen denjenigen Beziehungen in ſich, welche mit dem diplomatiſchen Character und Amt in Colliſion gerathen. 1 1 Die Praxis mancher Höfe iſt daher auch gegen ein ſolches gemiſchtes Ver- hältniß ihrer Unterthanen, z. B. die franzöſiſche, obſchon nicht ohne alle Ausnahme. Merlin a. a. O. S. 250. Erſt ſeit Ludwig XVI. iſt das Princip der Nichtannahme franzöſiſcher Unterthanen als diplomatiſcher Agen- ten für fremde Staaten ſtreng feſtgehalten worden. Eben ſo ſind die ſchwediſchen Geſetze dagegen. Cod. Leg. Succ. de criminib. §. 7. Aus beſonderen Rückſichten empfängt der deutſche Bund keine frankfurter Bür-

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/359>, abgerufen am 26.04.2024.