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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

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Erstes Buch. III. Abschnitt.
-- zuerst der noch bedingten --, des Falls, Zeit- und
Raum-Quantität, jene als Wurzel, diese als Quadrat, --
oder in der absolutfreyen Bewegung der Himmelskörper
die Umlaufszeit und die Entfernung, jene um eine Po-
tenz tiefer als diese, -- jene als Quadrat, diese als
Kubus gegen einander bestimmt seyen. Dergleichen
Grundverhältnisse beruhen auf der Natur der im Ver-
hältniß stehenden Qualitäten des Raums und der Zeit,
und der Art der Beziehung, in welcher sie stehen, entwe-
der als mechanische Bewegung, oder als Fall oder als
freye himmlische Bewegung; -- insofern nemlich über-
haupt das Qualitative, zwar nicht als solches, sondern
als bestimmter Begriff, der sowohl die Raum- und Zeit-
bestimmung nach ihrer qualitativen als quantitativen Na-
tur enthält, zu Grunde zu legen ist. --

In Rücksicht auf die absoluten Maaßverhältnisse ist
überhaupt zu erinnern, daß die Mathematik der Natur,
wenn sie des Namens von Wissenschaft würdig seyn
will, wesentlich die Wissenschaft der Maaße seyn müsse,
-- eine Wissenschaft für welche empirisch wohl viel, aber
wissenschaftlich wenig gethan ist. Mathematische Princi-
pien der Naturphilosophie, -- wie Newton sein Werk
genannt hat, -- wenn sie diese Bestimmung in einem
tiefern Sinn erfüllen sollten, als er und das ganze Ba-
conische Geschlecht von der Philosophie und Wissenschaft
hatte, müßten noch ganz andere Dinge enthalten, um
ein Licht in diese noch dunkeln aber höchst betrachtungs-
würdige Regionen zu bringen. -- Es ist ein großes Ver-
dienst, die empirischen Zahlen der Natur kennen zu ler-
nen, z. B. Entfernungen der Planeten von einander;
aber ein unendlich größeres, die empirischen Quanta ver-
schwinden zu machen, und sie in eine allgemeine
Form
von Quantitätsbestimmungen zu erheben, so daß
sie Momente eines Gesetzes oder Maaßes werden; --

unsterb-

Erſtes Buch. III. Abſchnitt.
— zuerſt der noch bedingten —, des Falls, Zeit- und
Raum-Quantitaͤt, jene als Wurzel, dieſe als Quadrat, —
oder in der abſolutfreyen Bewegung der Himmelskoͤrper
die Umlaufszeit und die Entfernung, jene um eine Po-
tenz tiefer als dieſe, — jene als Quadrat, dieſe als
Kubus gegen einander beſtimmt ſeyen. Dergleichen
Grundverhaͤltniſſe beruhen auf der Natur der im Ver-
haͤltniß ſtehenden Qualitaͤten des Raums und der Zeit,
und der Art der Beziehung, in welcher ſie ſtehen, entwe-
der als mechaniſche Bewegung, oder als Fall oder als
freye himmliſche Bewegung; — inſofern nemlich uͤber-
haupt das Qualitative, zwar nicht als ſolches, ſondern
als beſtimmter Begriff, der ſowohl die Raum- und Zeit-
beſtimmung nach ihrer qualitativen als quantitativen Na-
tur enthaͤlt, zu Grunde zu legen iſt. —

In Ruͤckſicht auf die abſoluten Maaßverhaͤltniſſe iſt
uͤberhaupt zu erinnern, daß die Mathematik der Natur,
wenn ſie des Namens von Wiſſenſchaft wuͤrdig ſeyn
will, weſentlich die Wiſſenſchaft der Maaße ſeyn muͤſſe,
— eine Wiſſenſchaft fuͤr welche empiriſch wohl viel, aber
wiſſenſchaftlich wenig gethan iſt. Mathematiſche Princi-
pien der Naturphiloſophie, — wie Newton ſein Werk
genannt hat, — wenn ſie dieſe Beſtimmung in einem
tiefern Sinn erfuͤllen ſollten, als er und das ganze Ba-
coniſche Geſchlecht von der Philoſophie und Wiſſenſchaft
hatte, muͤßten noch ganz andere Dinge enthalten, um
ein Licht in dieſe noch dunkeln aber hoͤchſt betrachtungs-
wuͤrdige Regionen zu bringen. — Es iſt ein großes Ver-
dienſt, die empiriſchen Zahlen der Natur kennen zu ler-
nen, z. B. Entfernungen der Planeten von einander;
aber ein unendlich groͤßeres, die empiriſchen Quanta ver-
ſchwinden zu machen, und ſie in eine allgemeine
Form
von Quantitaͤtsbeſtimmungen zu erheben, ſo daß
ſie Momente eines Geſetzes oder Maaßes werden; —

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[282/0330] Erſtes Buch. III. Abſchnitt. — zuerſt der noch bedingten —, des Falls, Zeit- und Raum-Quantitaͤt, jene als Wurzel, dieſe als Quadrat, — oder in der abſolutfreyen Bewegung der Himmelskoͤrper die Umlaufszeit und die Entfernung, jene um eine Po- tenz tiefer als dieſe, — jene als Quadrat, dieſe als Kubus gegen einander beſtimmt ſeyen. Dergleichen Grundverhaͤltniſſe beruhen auf der Natur der im Ver- haͤltniß ſtehenden Qualitaͤten des Raums und der Zeit, und der Art der Beziehung, in welcher ſie ſtehen, entwe- der als mechaniſche Bewegung, oder als Fall oder als freye himmliſche Bewegung; — inſofern nemlich uͤber- haupt das Qualitative, zwar nicht als ſolches, ſondern als beſtimmter Begriff, der ſowohl die Raum- und Zeit- beſtimmung nach ihrer qualitativen als quantitativen Na- tur enthaͤlt, zu Grunde zu legen iſt. — In Ruͤckſicht auf die abſoluten Maaßverhaͤltniſſe iſt uͤberhaupt zu erinnern, daß die Mathematik der Natur, wenn ſie des Namens von Wiſſenſchaft wuͤrdig ſeyn will, weſentlich die Wiſſenſchaft der Maaße ſeyn muͤſſe, — eine Wiſſenſchaft fuͤr welche empiriſch wohl viel, aber wiſſenſchaftlich wenig gethan iſt. Mathematiſche Princi- pien der Naturphiloſophie, — wie Newton ſein Werk genannt hat, — wenn ſie dieſe Beſtimmung in einem tiefern Sinn erfuͤllen ſollten, als er und das ganze Ba- coniſche Geſchlecht von der Philoſophie und Wiſſenſchaft hatte, muͤßten noch ganz andere Dinge enthalten, um ein Licht in dieſe noch dunkeln aber hoͤchſt betrachtungs- wuͤrdige Regionen zu bringen. — Es iſt ein großes Ver- dienſt, die empiriſchen Zahlen der Natur kennen zu ler- nen, z. B. Entfernungen der Planeten von einander; aber ein unendlich groͤßeres, die empiriſchen Quanta ver- ſchwinden zu machen, und ſie in eine allgemeine Form von Quantitaͤtsbeſtimmungen zu erheben, ſo daß ſie Momente eines Geſetzes oder Maaßes werden; — unſterb-

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/330>, abgerufen am 26.04.2024.