Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Abschnitt. Subjectivität.
jects auf das Prädicat, und die allgemeine Sphäre
des letztern geblieben war. Es enthielt somit von die-
ser Seite eine von der Beschränktheit gereinigtere Allge-
meinheit, als das positive Urtheil, und ist daher um so
mehr von dem Subject als Einzelnem zu negiren. Auf
diese Weise ist der ganze Umfang des Prädicats ne-
girt, und keine positive Beziehung mehr zwischen ihm
und dem Subjecte. Diß ist das unendliche Urtheil.

c.
Unendliches Urtheil.

Das negative Urtheil ist so wenig ein wahres Ur-
theil, als das positive. Das unendliche Urtheil aber,
das seine Wahrheit seyn soll, ist nach seinem negativen
Ausdrucke, das Negativ-Unendliche; ein Urtheil,
worin auch die Form des Urtheils aufgehoben ist. --
Diß aber ist ein widersinniges Urtheil. Es
soll ein Urtheil seyn, somit eine Beziehung von
Subject und Prädicat enthalten; aber eine solche
soll zugleich nicht darin seyn. -- Der Nahmen
des unendlichen Urtheils pflegt in den gewöhnlichen Lo-
giken zwar aufgeführt zu werden, aber ohne daß
es eben deutlich würde, was es mit demselben für
eine Bewandniß habe. -- Beyspiele von negativ-
unendlichen Urtheilen sind leicht zu haben, indem Be-
stimmungen zu Subject und Prädicat negativ verbunden
werden, deren eine nicht nur die Bestimmtheit der an-
dern nicht, sondern auch ihre allgemeine Sphäre nicht
enthält; also z. B. der Geist nicht roth, gelb u. s. f.
nicht sauer, nicht kalisch u. s. f. die Rose ist kein Ele-
phant, der Verstand ist kein Tisch und dergleichen. --
Diese Urtheile sind richtig oder wahr, wie man es
nennt, aber einer solchen Wahrheit ungeachtet, wider-

sinnig

I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.
jects auf das Praͤdicat, und die allgemeine Sphaͤre
des letztern geblieben war. Es enthielt ſomit von die-
ſer Seite eine von der Beſchraͤnktheit gereinigtere Allge-
meinheit, als das poſitive Urtheil, und iſt daher um ſo
mehr von dem Subject als Einzelnem zu negiren. Auf
dieſe Weiſe iſt der ganze Umfang des Praͤdicats ne-
girt, und keine poſitive Beziehung mehr zwiſchen ihm
und dem Subjecte. Diß iſt das unendliche Urtheil.

c.
Unendliches Urtheil.

Das negative Urtheil iſt ſo wenig ein wahres Ur-
theil, als das poſitive. Das unendliche Urtheil aber,
das ſeine Wahrheit ſeyn ſoll, iſt nach ſeinem negativen
Ausdrucke, das Negativ-Unendliche; ein Urtheil,
worin auch die Form des Urtheils aufgehoben iſt. —
Diß aber iſt ein widerſinniges Urtheil. Es
ſoll ein Urtheil ſeyn, ſomit eine Beziehung von
Subject und Praͤdicat enthalten; aber eine ſolche
ſoll zugleich nicht darin ſeyn. — Der Nahmen
des unendlichen Urtheils pflegt in den gewoͤhnlichen Lo-
giken zwar aufgefuͤhrt zu werden, aber ohne daß
es eben deutlich wuͤrde, was es mit demſelben fuͤr
eine Bewandniß habe. — Beyſpiele von negativ-
unendlichen Urtheilen ſind leicht zu haben, indem Be-
ſtimmungen zu Subject und Praͤdicat negativ verbunden
werden, deren eine nicht nur die Beſtimmtheit der an-
dern nicht, ſondern auch ihre allgemeine Sphaͤre nicht
enthaͤlt; alſo z. B. der Geiſt nicht roth, gelb u. ſ. f.
nicht ſauer, nicht kaliſch u. ſ. f. die Roſe iſt kein Ele-
phant, der Verſtand iſt kein Tiſch und dergleichen. —
Dieſe Urtheile ſind richtig oder wahr, wie man es
nennt, aber einer ſolchen Wahrheit ungeachtet, wider-

ſinnig
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0116" n="98"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#g">Ab&#x017F;chnitt. Subjectivita&#x0364;t</hi>.</fw><lb/>
jects auf das Pra&#x0364;dicat, und die <hi rendition="#g">allgemeine Spha&#x0364;re</hi><lb/>
des letztern geblieben war. Es enthielt &#x017F;omit von die-<lb/>
&#x017F;er Seite eine von der Be&#x017F;chra&#x0364;nktheit gereinigtere Allge-<lb/>
meinheit, als das po&#x017F;itive Urtheil, und i&#x017F;t daher um &#x017F;o<lb/>
mehr von dem Subject als Einzelnem zu negiren. Auf<lb/>
die&#x017F;e Wei&#x017F;e i&#x017F;t der <hi rendition="#g">ganze Umfang</hi> des Pra&#x0364;dicats ne-<lb/>
girt, und keine po&#x017F;itive Beziehung mehr zwi&#x017F;chen ihm<lb/>
und dem Subjecte. Diß i&#x017F;t das <hi rendition="#g">unendliche Urtheil</hi>.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head><hi rendition="#aq">c.</hi><lb/><hi rendition="#g">Unendliches Urtheil</hi>.</head><lb/>
                <p>Das negative Urtheil i&#x017F;t &#x017F;o wenig ein wahres Ur-<lb/>
theil, als das po&#x017F;itive. Das unendliche Urtheil aber,<lb/>
das &#x017F;eine Wahrheit &#x017F;eyn &#x017F;oll, i&#x017F;t nach &#x017F;einem negativen<lb/>
Ausdrucke, das <hi rendition="#g">Negativ-Unendliche</hi>; ein Urtheil,<lb/>
worin auch die Form des Urtheils aufgehoben i&#x017F;t. &#x2014;<lb/>
Diß aber i&#x017F;t ein <hi rendition="#g">wider&#x017F;inniges Urtheil</hi>. Es<lb/>
&#x017F;oll <hi rendition="#g">ein Urtheil</hi> &#x017F;eyn, &#x017F;omit eine Beziehung von<lb/>
Subject und Pra&#x0364;dicat enthalten; aber eine &#x017F;olche<lb/>
&#x017F;oll <hi rendition="#g">zugleich nicht</hi> darin &#x017F;eyn. &#x2014; Der Nahmen<lb/>
des unendlichen Urtheils pflegt in den gewo&#x0364;hnlichen Lo-<lb/>
giken zwar aufgefu&#x0364;hrt zu werden, aber ohne daß<lb/>
es eben deutlich wu&#x0364;rde, was es mit dem&#x017F;elben fu&#x0364;r<lb/>
eine Bewandniß habe. &#x2014; Bey&#x017F;piele von negativ-<lb/>
unendlichen Urtheilen &#x017F;ind leicht zu haben, indem Be-<lb/>
&#x017F;timmungen zu Subject und Pra&#x0364;dicat negativ verbunden<lb/>
werden, deren eine nicht nur die Be&#x017F;timmtheit der an-<lb/>
dern nicht, &#x017F;ondern auch ihre allgemeine Spha&#x0364;re nicht<lb/>
entha&#x0364;lt; al&#x017F;o z. B. der Gei&#x017F;t nicht roth, gelb u. &#x017F;. f.<lb/>
nicht &#x017F;auer, nicht kali&#x017F;ch u. &#x017F;. f. die Ro&#x017F;e i&#x017F;t kein Ele-<lb/>
phant, der Ver&#x017F;tand i&#x017F;t kein Ti&#x017F;ch und dergleichen. &#x2014;<lb/>
Die&#x017F;e Urtheile &#x017F;ind <hi rendition="#g">richtig</hi> oder <hi rendition="#g">wahr</hi>, wie man es<lb/>
nennt, aber einer &#x017F;olchen Wahrheit ungeachtet, wider-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;innig</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0116] I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt. jects auf das Praͤdicat, und die allgemeine Sphaͤre des letztern geblieben war. Es enthielt ſomit von die- ſer Seite eine von der Beſchraͤnktheit gereinigtere Allge- meinheit, als das poſitive Urtheil, und iſt daher um ſo mehr von dem Subject als Einzelnem zu negiren. Auf dieſe Weiſe iſt der ganze Umfang des Praͤdicats ne- girt, und keine poſitive Beziehung mehr zwiſchen ihm und dem Subjecte. Diß iſt das unendliche Urtheil. c. Unendliches Urtheil. Das negative Urtheil iſt ſo wenig ein wahres Ur- theil, als das poſitive. Das unendliche Urtheil aber, das ſeine Wahrheit ſeyn ſoll, iſt nach ſeinem negativen Ausdrucke, das Negativ-Unendliche; ein Urtheil, worin auch die Form des Urtheils aufgehoben iſt. — Diß aber iſt ein widerſinniges Urtheil. Es ſoll ein Urtheil ſeyn, ſomit eine Beziehung von Subject und Praͤdicat enthalten; aber eine ſolche ſoll zugleich nicht darin ſeyn. — Der Nahmen des unendlichen Urtheils pflegt in den gewoͤhnlichen Lo- giken zwar aufgefuͤhrt zu werden, aber ohne daß es eben deutlich wuͤrde, was es mit demſelben fuͤr eine Bewandniß habe. — Beyſpiele von negativ- unendlichen Urtheilen ſind leicht zu haben, indem Be- ſtimmungen zu Subject und Praͤdicat negativ verbunden werden, deren eine nicht nur die Beſtimmtheit der an- dern nicht, ſondern auch ihre allgemeine Sphaͤre nicht enthaͤlt; alſo z. B. der Geiſt nicht roth, gelb u. ſ. f. nicht ſauer, nicht kaliſch u. ſ. f. die Roſe iſt kein Ele- phant, der Verſtand iſt kein Tiſch und dergleichen. — Dieſe Urtheile ſind richtig oder wahr, wie man es nennt, aber einer ſolchen Wahrheit ungeachtet, wider- ſinnig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/116
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/116>, abgerufen am 26.04.2024.