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Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773.

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den im Dom weit über den in St. Peter erhe-
ben. Addison erzählt, dieses erstaunliche Ge-
bäude sey bis auf den Giebel von Marmor, und
selbst der würde davon gemacht worden seyn,
wenn man den Stein nicht für zu schwer dazu
gehalten hätte. Freylich ist diese Nachricht mit
noch einigen andern Nebendingen ganz aus
dem Nartiniere genommen. Mit der Stelle
aus der Reise eines berühmten Schweitzers
will ich schliessen: Viele Theile, sagt er, ver-
fallen vor Alter schon wieder, da doch die an-
dern noch nicht einmal fertig sind. Man ver-
zögert auf das Portal zu denken und arbeitet
einstweilen an ungeheuren durchbrochenen Py-
ramiden, die man auf jeden Pfeiler anbringen
will, man macht Statüen und das Gebäude
hat ihrer doch schon innen und aussen viele
tausend, man macht kleine Genien und Ver-
zierungen für gewisse Oeffnungen, wodurch
sich die obern Theile kommuniciren, mit eben
der Feinheit, von welcher die auserlesene
Goldschmiedearbeit ist, welche man wider alle
Erwartung hier antrift. Bis auf u. s. w.



V. Deut-

den im Dom weit uͤber den in St. Peter erhe-
ben. Addiſon erzaͤhlt, dieſes erſtaunliche Ge-
baͤude ſey bis auf den Giebel von Marmor, und
ſelbſt der wuͤrde davon gemacht worden ſeyn,
wenn man den Stein nicht fuͤr zu ſchwer dazu
gehalten haͤtte. Freylich iſt dieſe Nachricht mit
noch einigen andern Nebendingen ganz aus
dem Nartiniere genommen. Mit der Stelle
aus der Reiſe eines beruͤhmten Schweitzers
will ich ſchlieſſen: Viele Theile, ſagt er, ver-
fallen vor Alter ſchon wieder, da doch die an-
dern noch nicht einmal fertig ſind. Man ver-
zoͤgert auf das Portal zu denken und arbeitet
einſtweilen an ungeheuren durchbrochenen Py-
ramiden, die man auf jeden Pfeiler anbringen
will, man macht Statuͤen und das Gebaͤude
hat ihrer doch ſchon innen und auſſen viele
tauſend, man macht kleine Genien und Ver-
zierungen fuͤr gewiſſe Oeffnungen, wodurch
ſich die obern Theile kommuniciren, mit eben
der Feinheit, von welcher die auserleſene
Goldſchmiedearbeit iſt, welche man wider alle
Erwartung hier antrift. Bis auf u. ſ. w.



V. Deut-
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[162/0166] den im Dom weit uͤber den in St. Peter erhe- ben. Addiſon erzaͤhlt, dieſes erſtaunliche Ge- baͤude ſey bis auf den Giebel von Marmor, und ſelbſt der wuͤrde davon gemacht worden ſeyn, wenn man den Stein nicht fuͤr zu ſchwer dazu gehalten haͤtte. Freylich iſt dieſe Nachricht mit noch einigen andern Nebendingen ganz aus dem Nartiniere genommen. Mit der Stelle aus der Reiſe eines beruͤhmten Schweitzers will ich ſchlieſſen: Viele Theile, ſagt er, ver- fallen vor Alter ſchon wieder, da doch die an- dern noch nicht einmal fertig ſind. Man ver- zoͤgert auf das Portal zu denken und arbeitet einſtweilen an ungeheuren durchbrochenen Py- ramiden, die man auf jeden Pfeiler anbringen will, man macht Statuͤen und das Gebaͤude hat ihrer doch ſchon innen und auſſen viele tauſend, man macht kleine Genien und Ver- zierungen fuͤr gewiſſe Oeffnungen, wodurch ſich die obern Theile kommuniciren, mit eben der Feinheit, von welcher die auserleſene Goldſchmiedearbeit iſt, welche man wider alle Erwartung hier antrift. Bis auf u. ſ. w. V. Deut-

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_artundkunst_1773/166>, abgerufen am 26.04.2024.