Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

drigste vertheidigt. Jeder gönnet diesem
die Schläge des Ulysses; es ist aber große
Weisheit des Homers, daß er sie dem
Thersites zukommen läßt, indeß alle Für-
sten des Heers, deren keiner Agamemnons
Betragen gegen Achill loben konnte, dazu
schwiegen. Allen bekommt dies Schwei-
gen, die ganze Iliade hindurch, sehr un-
wohl; ihren Völkern aber noch übler.

Es wird in einem andern Kapitel da-
von die Rede seyn, wie Homer, der über-
haupt keinen Groll gegen ein menschliches
Geschöpf, geschweige gegen den König sei-
ner Griechen heget, den Agamemnon al-
lenthalben nicht nur geschont, sondern, wo
er irgend konnte, königlich und festlich aus-
geschmückt habe. Zum Treffen läßt er ihn
ziehen:


drigſte vertheidigt. Jeder goͤnnet dieſem
die Schlaͤge des Ulyſſes; es iſt aber große
Weisheit des Homers, daß er ſie dem
Therſites zukommen laͤßt, indeß alle Fuͤr-
ſten des Heers, deren keiner Agamemnons
Betragen gegen Achill loben konnte, dazu
ſchwiegen. Allen bekommt dies Schwei-
gen, die ganze Iliade hindurch, ſehr un-
wohl; ihren Voͤlkern aber noch uͤbler.

Es wird in einem andern Kapitel da-
von die Rede ſeyn, wie Homer, der uͤber-
haupt keinen Groll gegen ein menſchliches
Geſchoͤpf, geſchweige gegen den Koͤnig ſei-
ner Griechen heget, den Agamemnon al-
lenthalben nicht nur geſchont, ſondern, wo
er irgend konnte, koͤniglich und feſtlich aus-
geſchmuͤckt habe. Zum Treffen laͤßt er ihn
ziehen:


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0097" n="88"/><hi rendition="#g">drig&#x017F;te</hi> vertheidigt. Jeder go&#x0364;nnet die&#x017F;em<lb/>
die Schla&#x0364;ge des Uly&#x017F;&#x017F;es; es i&#x017F;t aber große<lb/>
Weisheit des Homers, daß er &#x017F;ie dem<lb/>
Ther&#x017F;ites zukommen la&#x0364;ßt, indeß alle Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten des Heers, deren keiner Agamemnons<lb/>
Betragen gegen Achill loben konnte, dazu<lb/>
&#x017F;chwiegen. Allen bekommt dies Schwei-<lb/>
gen, die ganze Iliade hindurch, &#x017F;ehr un-<lb/>
wohl; ihren Vo&#x0364;lkern aber noch u&#x0364;bler.</p><lb/>
        <p>Es wird in einem andern Kapitel da-<lb/>
von die Rede &#x017F;eyn, wie Homer, der u&#x0364;ber-<lb/>
haupt keinen Groll gegen ein men&#x017F;chliches<lb/>
Ge&#x017F;cho&#x0364;pf, ge&#x017F;chweige gegen den Ko&#x0364;nig &#x017F;ei-<lb/>
ner Griechen heget, den Agamemnon al-<lb/>
lenthalben nicht nur ge&#x017F;chont, &#x017F;ondern, wo<lb/>
er irgend konnte, ko&#x0364;niglich und fe&#x017F;tlich aus-<lb/>
ge&#x017F;chmu&#x0364;ckt habe. Zum Treffen la&#x0364;ßt er ihn<lb/>
ziehen:</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0097] drigſte vertheidigt. Jeder goͤnnet dieſem die Schlaͤge des Ulyſſes; es iſt aber große Weisheit des Homers, daß er ſie dem Therſites zukommen laͤßt, indeß alle Fuͤr- ſten des Heers, deren keiner Agamemnons Betragen gegen Achill loben konnte, dazu ſchwiegen. Allen bekommt dies Schwei- gen, die ganze Iliade hindurch, ſehr un- wohl; ihren Voͤlkern aber noch uͤbler. Es wird in einem andern Kapitel da- von die Rede ſeyn, wie Homer, der uͤber- haupt keinen Groll gegen ein menſchliches Geſchoͤpf, geſchweige gegen den Koͤnig ſei- ner Griechen heget, den Agamemnon al- lenthalben nicht nur geſchont, ſondern, wo er irgend konnte, koͤniglich und feſtlich aus- geſchmuͤckt habe. Zum Treffen laͤßt er ihn ziehen:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/97
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/97>, abgerufen am 26.04.2024.