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Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878.

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haben, so künstliche Hilfshypothesen zu machen, wie sie jetzt
gemacht werden müssen.

§. 19.
Vom Antheile der successiven Lichtinduction an den
Erscheinungen des successiven Contrastes
.

Wer häufig Nachbilder im geschlossenen Auge beobachtet
hat, wird wissen, daß in Fällen, wo ein deutliches negatives
Nachbild eines gut fixirten, hellen Objectes auf dunklem Grunde
eigentlich gar nicht zur Entwicklung kommt, doch die Umrisse
des hellen Objectes häufig im verdunkelten Gesichtsfelde des ge-
schlossenen Auges wieder zu erkennen sind an mehr oder min-
der breiten, nach der einen Seite scharf absetzenden, nach der
andern verwaschenen Streifen, welche sich vom dunklen Grunde
durch etwas größere Helligkeit unterscheiden lassen. Hat man
z. B. die Grenzlinie eines zur linken Hälfte dunklern, zur rechten
Hälfte hellern Gesichtsfeldes wenige Secunden lang bei schwacher
Beleuchtung fixirt und schließt dann die Augen, so beschränkt
sich öfters das negative Nachbild im geschlossenen Auge ledig-
lich auf einen senkrecht durch das Gesichtsfeld gehenden Nebel-
streif, welcher nach rechts scharf abgeschnitten ist, nach links
hin verschwimmt, während der Grund allenthalben gleich dunkel
erscheint. Oft stellt sich das negative Nachbild wenigstens im
Beginne seiner Entwicklung in dieser Weise dar, und erst nach-
her bemerkt man eine stärkere Verdunklung der rechten Ge-
sichtsfeldhälfte, beginnend von dem Streifen und sich weiter
und weiter nach rechts verbreitend, während die linke Hälfte
ebenfalls vom Streifen her allmälig heller wird.

Der Leser, welcher meine früheren Mittheilungen kennt,
weiß bereits, daß dieser nebelhafte, die Grenze des negativen
Nachbildes der weißen Fläche markirende Streifen die Folge einer
unter den angeführten Bedingungen nur schwachen Lichtinduc-
tion und also die erste Andeutung jenes "Lichthofes" ist, wel-
cher immer das negative Nachbild eines hellen, auf dunklem
Grunde betrachteten Objectes im Sehfelde des geschlossenen
Auges umgibt.

Nicht die größere Dunkelheit der zuvor stärker erregten
(ermüdeten) Netzhautstellen ist es also, durch die sich das ne-

haben, so künstliche Hilfshypothesen zu machen, wie sie jetzt
gemacht werden müssen.

§. 19.
Vom Antheile der successiven Lichtinduction an den
Erscheinungen des successiven Contrastes
.

Wer häufig Nachbilder im geschlossenen Auge beobachtet
hat, wird wissen, daß in Fällen, wo ein deutliches negatives
Nachbild eines gut fixirten, hellen Objectes auf dunklem Grunde
eigentlich gar nicht zur Entwicklung kommt, doch die Umrisse
des hellen Objectes häufig im verdunkelten Gesichtsfelde des ge-
schlossenen Auges wieder zu erkennen sind an mehr oder min-
der breiten, nach der einen Seite scharf absetzenden, nach der
andern verwaschenen Streifen, welche sich vom dunklen Grunde
durch etwas größere Helligkeit unterscheiden lassen. Hat man
z. B. die Grenzlinie eines zur linken Hälfte dunklern, zur rechten
Hälfte hellern Gesichtsfeldes wenige Secunden lang bei schwacher
Beleuchtung fixirt und schließt dann die Augen, so beschränkt
sich öfters das negative Nachbild im geschlossenen Auge ledig-
lich auf einen senkrecht durch das Gesichtsfeld gehenden Nebel-
streif, welcher nach rechts scharf abgeschnitten ist, nach links
hin verschwimmt, während der Grund allenthalben gleich dunkel
erscheint. Oft stellt sich das negative Nachbild wenigstens im
Beginne seiner Entwicklung in dieser Weise dar, und erst nach-
her bemerkt man eine stärkere Verdunklung der rechten Ge-
sichtsfeldhälfte, beginnend von dem Streifen und sich weiter
und weiter nach rechts verbreitend, während die linke Hälfte
ebenfalls vom Streifen her allmälig heller wird.

Der Leser, welcher meine früheren Mittheilungen kennt,
weiß bereits, daß dieser nebelhafte, die Grenze des negativen
Nachbildes der weißen Fläche markirende Streifen die Folge einer
unter den angeführten Bedingungen nur schwachen Lichtinduc-
tion und also die erste Andeutung jenes „Lichthofes“ ist, wel-
cher immer das negative Nachbild eines hellen, auf dunklem
Grunde betrachteten Objectes im Sehfelde des geschlossenen
Auges umgibt.

Nicht die größere Dunkelheit der zuvor stärker erregten
(ermüdeten) Netzhautstellen ist es also, durch die sich das ne-

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[47/0055] haben, so künstliche Hilfshypothesen zu machen, wie sie jetzt gemacht werden müssen. §. 19. Vom Antheile der successiven Lichtinduction an den Erscheinungen des successiven Contrastes. Wer häufig Nachbilder im geschlossenen Auge beobachtet hat, wird wissen, daß in Fällen, wo ein deutliches negatives Nachbild eines gut fixirten, hellen Objectes auf dunklem Grunde eigentlich gar nicht zur Entwicklung kommt, doch die Umrisse des hellen Objectes häufig im verdunkelten Gesichtsfelde des ge- schlossenen Auges wieder zu erkennen sind an mehr oder min- der breiten, nach der einen Seite scharf absetzenden, nach der andern verwaschenen Streifen, welche sich vom dunklen Grunde durch etwas größere Helligkeit unterscheiden lassen. Hat man z. B. die Grenzlinie eines zur linken Hälfte dunklern, zur rechten Hälfte hellern Gesichtsfeldes wenige Secunden lang bei schwacher Beleuchtung fixirt und schließt dann die Augen, so beschränkt sich öfters das negative Nachbild im geschlossenen Auge ledig- lich auf einen senkrecht durch das Gesichtsfeld gehenden Nebel- streif, welcher nach rechts scharf abgeschnitten ist, nach links hin verschwimmt, während der Grund allenthalben gleich dunkel erscheint. Oft stellt sich das negative Nachbild wenigstens im Beginne seiner Entwicklung in dieser Weise dar, und erst nach- her bemerkt man eine stärkere Verdunklung der rechten Ge- sichtsfeldhälfte, beginnend von dem Streifen und sich weiter und weiter nach rechts verbreitend, während die linke Hälfte ebenfalls vom Streifen her allmälig heller wird. Der Leser, welcher meine früheren Mittheilungen kennt, weiß bereits, daß dieser nebelhafte, die Grenze des negativen Nachbildes der weißen Fläche markirende Streifen die Folge einer unter den angeführten Bedingungen nur schwachen Lichtinduc- tion und also die erste Andeutung jenes „Lichthofes“ ist, wel- cher immer das negative Nachbild eines hellen, auf dunklem Grunde betrachteten Objectes im Sehfelde des geschlossenen Auges umgibt. Nicht die größere Dunkelheit der zuvor stärker erregten (ermüdeten) Netzhautstellen ist es also, durch die sich das ne-

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Zitationshilfe: Hering, Ewald: Zur Lehre vom Lichtsinne. Zweiter, unveränderter Abdruck. Wien, 1878, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hering_lichtsinn_1878/55>, abgerufen am 19.03.2024.