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[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 2. Zürich u. a., 1843.

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Das Gestern ist wie eine welke Blume --
Man legt sie wohl als Zeichen in ein Buch --
Begrabt's mit seiner Schmach und seinem Ruhme
Und webt nicht länger an dem Leichentuch!
Dem Leben gilt's ein Lebehoch zu singen,
Und nicht ein Lied im Dienst der Schmeichelei;
Der Menschheit gilt's ein Opfer darzubringen,
Der Menschheit, auf dem Altar der Partei!
O stellt sie ein die ungerechte Klage,
Wenn ihr die Angst so mancher Seele schaut;
Es ist das Bangen vor dem Hochzeittage,
Das hoffnungsvolle Bangen einer Braut.
Schon drängen aller Orten sich die Erben
An's Krankenlager unsrer Zeit herbei;
Laßt, Dichter, laßt auch ihr den Kranken sterben,
Für eures Volkes Zukunft nehmt Partei!
Das Geſtern iſt wie eine welke Blume —
Man legt ſie wohl als Zeichen in ein Buch —
Begrabt's mit ſeiner Schmach und ſeinem Ruhme
Und webt nicht länger an dem Leichentuch!
Dem Leben gilt's ein Lebehoch zu ſingen,
Und nicht ein Lied im Dienſt der Schmeichelei;
Der Menſchheit gilt's ein Opfer darzubringen,
Der Menſchheit, auf dem Altar der Partei!
O ſtellt ſie ein die ungerechte Klage,
Wenn ihr die Angſt ſo mancher Seele ſchaut;
Es iſt das Bangen vor dem Hochzeittage,
Das hoffnungsvolle Bangen einer Braut.
Schon drängen aller Orten ſich die Erben
An's Krankenlager unſrer Zeit herbei;
Laßt, Dichter, laßt auch ihr den Kranken ſterben,
Für eures Volkes Zukunft nehmt Partei!
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[63/0073] Das Geſtern iſt wie eine welke Blume — Man legt ſie wohl als Zeichen in ein Buch — Begrabt's mit ſeiner Schmach und ſeinem Ruhme Und webt nicht länger an dem Leichentuch! Dem Leben gilt's ein Lebehoch zu ſingen, Und nicht ein Lied im Dienſt der Schmeichelei; Der Menſchheit gilt's ein Opfer darzubringen, Der Menſchheit, auf dem Altar der Partei! O ſtellt ſie ein die ungerechte Klage, Wenn ihr die Angſt ſo mancher Seele ſchaut; Es iſt das Bangen vor dem Hochzeittage, Das hoffnungsvolle Bangen einer Braut. Schon drängen aller Orten ſich die Erben An's Krankenlager unſrer Zeit herbei; Laßt, Dichter, laßt auch ihr den Kranken ſterben, Für eures Volkes Zukunft nehmt Partei!

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Zitationshilfe: [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 2. Zürich u. a., 1843, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte02_1843/73>, abgerufen am 27.04.2024.